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Ätzen



Ätzen bezeichnet die Abtragung von Material in Form von Vertiefungen auf der Oberfläche organischer oder anorganischer Materialien durch Anwendung ätzender Stoffe.

Inhaltsverzeichnis

Anwendungen

Ätzverfahren werden in der industriellen Fertigungstechnik, sowie in der Kunst und im Kunsthandwerk eingesetzt. Teile, die nicht vertieft werden sollen, werden zuvor mit einem Abdecklack vor dem Ätzmittel geschützt.

Industrielle Anwendung

Industriell geätzt werden so genannte "Formätzteile". Dabei handelt es sich meist um kleinteilige Metallteile aus dünnem Material, wie z.B. Zahnräder für Uhren. Die Präzision solcher Teile ist außergewöhnlich hoch. Der lichtempfindliche Abdecklack wird dabei entweder über fotografische Filme oder direkt per Laserstrahl belichtet, ausgewaschen und die freigelegte Metallfläche entweder vertieft oder komplett weggeätzt. In der Elektronik werden die Leiterbahnen von Platinen, die aus einer mit dünner Kupferschicht überzogenen Pertinax-Platte bestehen, durch Ätzung hergestellt. Das Ätzen mit Gasen wird in der Halbleitertechnik in Form der Plasmaätzung angewendet.

Tiefdruckzylinder werden entweder computergesteuert graviert oder mit fotochemischen Abdeckschichten versehen und geätzt.

Anwendungen in Kunst und Kunsthandwerk

Die Kunst- und Schwertschmiede verwenden zur Verzierung verschiedene Schmiede- und Ätzverfahren zum Damaszieren. Ist das zu ätzende Material nicht vollkommen homogen, werden dabei einzelne Teile stärker angegriffen als andere und es entstehen regelmäßige Muster (Moirées), welche die ursprüngliche Struktur scheinbar homogener Materialien erkennen lassen. Um Messer- und Säbelklingen sowie allerlei Galanteriewaren mit glänzenden Figuren auf mattem Grund zu verzieren (damaszieren), überzieht man die Stellen, welche ihre Politur behalten sollen, mit einem flüssigen Ätzgrund und setzt das Ganze Dämpfen von Salzsäure aus, die sich beim Mischen von Kochsalz und Schwefelsäure entwickeln.

Die Gold- und Silberschmiede verwenden die - gegenüber der manuellen Gravur zeitsparenderen - Ätzverfahren, um feine Ziselierungen und Muster auf Metallgegenständen zu erzeugen.

Auch zur Verzierung hochwertiger Gläser werden Ätzverfahren verwendet (s.u.)

In der Lithographie wird zum Ätzen des lithographischen Steins meist mit mehr oder weniger Wasser oder mit Gummi-arabikum-Lösung verdünnte Salpeter- oder Salzsäure verwendet.

Die verbreitetsten Anwendungen von Ätzverfahren im künstlerischen Bereich sind Radierung, Ätzradierung und Weichgrundätzung.

Verfahren

Ätzgrund und Abdecklack

Schützt man einzelne Teile der Oberfläche durch eine von dem Ätzmittel nicht angreifbare Masse (Ätzgrund oder Abdecklack), so kann man beliebige Zeichnungen hervorbringen. Man überzieht dazu die ganze Fläche mit Ätzgrund, entfernt diesen stellenweise wieder mit Hilfe geeigneter Nadeln, Griffel oder anderer Werkzeuge und erzeugt so eine Zeichnung.

Sollen in der Ätzung verschiedene Abstufungen oder Töne erreicht und deshalb einzelne Linien mehr oder weniger vertieft werden, so werden, nachdem die Ätzflüssigkeit (das Ätzwasser) einige Zeit gewirkt hat, die nicht weiter zu ätzenden Bildbestandteile mit Pinsel und flüssigem Ätzgrund abgedeckt (bei der Radierung ist dies meist eine Lösung von Ätzgrund in Terpentinöl). Nach dem Antrocknen erfolgt der nächste Ätzvorgang. Dies Verfahren nennt man Stufenätzung.

(Festen) Ätzgrund erhält man z. B. aus

Diese Ingredienzien werden zusammengeschmolzen, der Asphalt zuletzt fein gepulvert hinzugefügt. Die Mischung lässt man erkalten oder knetet sie in Wasser aus. Zum Auftragen des Ätzgrundes schlägt man denselben in feine Leinwand und dann noch in lockeren Taft und führt den Ballen mit leichtem Druck auf der erwärmten Fläche herum.

(Flüssigen) Ätzgrund erhält man aus einer dicken Lösung des Ätzgrundes mit Kamphin. Dieser Ätzgrund wird mit dem Pinsel aufgetragen.

Ätzvorgang

  • Historische Technik: Man umgibt die zu ätzende Fläche mit einem erhabenen, den Ätzmitteln widerstehenden Rand (in der Regel aus Wachs) und gießt dann die Ätzflüssigkeit (Ätzwasser, Säure), in diese "Wanne".
  • Man legt das zu ätzende Material (Druckplatte o.ä.) in eine mit Ätzflüssigkeit gefüllte Wanne.
  • Man verwendet Mordants
  • Man setzt das zu ätzende Material ätzenden Gasen aus

Ätzmittel

Ätzmittel werden auch als Beize oder Ätzflüssigkeit bezeichnet. Als Ätzmittel kommen chemische Stoffe zur Anwendung, die das zu ätzende Material in einer chemischen Reaktion verändern (meistens oxidieren) und so in Lösung bringen. Ätzmittel sind in der Regel Säuren oder starke Oxidanzien.

Achtung! Bei allen Verfahren werden nicht nur ätzende, sondern auch zum Teil gesundheitsschädliche oder giftige Chemikalien verwendet oder gebildet. Es entstehen teilweise giftige, und lungenschädigende Gase. Unbedingt Sicherheitsbestimmungen einhalten! Abfälle nicht im Hausmüll oder Abwasser entsorgen! Von Ätzverfahren mit Quecksilber und anderen giftigen Schwermetallen ist dringend! abzuraten.

Kupfer

Als Ätzwasser benutzt man für Kupfer-Radierungen

  • verdünnte Salpetersäure. Vorsicht! Entwicklung von nitrosen Gasen! Lungenschädigend!
  • Eisen(III)-chlorid-Lösung.
  • Zweckmäßiger ist eine Mischung von drei Volumenteilen einer gesättigten Kupfernitrat-Lösung mit einem Volumenteil einer ebenfalls gesättigten Lösung von Salmiak in Essig, welche man nach dem Aufgießen durch vorsichtiges Eintröpfeln von Salpetersäure zu der gewünschten Stärke bringt.
  • Die als Holländisches Bad bezeichnete Mischung aus 10 Teilen Salzsäure mit 70 Teilen Wasser und einer siedend heißen Lösung von Kaliumchlorat (chlorsaures Kali) in 20 Teilen Wasser, die man nach Belieben mit 100-200 Teilen Wasser verdünnt. Nach beendigter Einwirkung spült man die Platte wiederholt mit reinem Wasser ab, trocknet sie mit einem Leinen-Tuch und entfernt den Ätzgrund durch Terpentinöl. Kaliumchlorat unterliegt dem Sprengstoffgesetz.
  • eine Mischung von 30%iger Salzsäure und 10%iger Wasserstoffperoxid-Lösung verwenden.
    Vorsicht! Beim Mischen von Salzsäure und Wasserstoffperoxid findet unter Umständen eine heftige Chlorgas-Entwicklung statt. Chlorgas ist hochgiftiges Kampfgas (Lungenkampfstoff)!
  • Natriumpersulfat (auch Feinätzkristall) wird ebenfalls zum Ätzen von Leiterplatten verwendet, allerdings muss dabei das Ätzbad temperiert werden (ca. 40°C), um befriedigende Ätzergebnisse zu erhalten.

Stahl

Zum Ätzen von Stahl (Siderographie) benutzt man

  • eine Mischung aus 4 Volumen starkem Holzessig, 1 Volumen Ethanol und 1 Volumen Salpetersäure von 32° Beaumé
  • eine Lösung von fein geriebenem Ätzsublimat (= Quecksilber(II)-chlorid, sehr giftig!) in 420 Gramm Wasser, mit Zusatz von 1 Gramm Weinsteinsäure und 16-20 Tropfen Salpetersäure
  • eine saure Lösung von salpetersaurem Silberoxyd (=Silbernitrat) (Glyphogen)
  • eine Lösung von 2 Teilen Iod und 5 Teilen Iodkalium in 40 Teilen Wasser.

Glas

Als Ätzmittel auf Glas dient Flusssäure (Fluorwasserstoffsäure). (Vorsicht! Hochagressiv! Sehr giftig!)

Um auf einer matt geätzten Fläche glänzende Züge hervorzubringen, deckt man die Zeichnung mit Bernsteinfirnis oder einer Lösung von Asphalt in Terpentinöl, rührt dann Flussspatpulver mit verdünnter Schwefelsäure (1 Teil Säure und 4 Teile Wasser) zu einem dünnen Brei und lässt denselben bei 30-40° auf der Glastafel eintrocknen, wodurch die nicht durch Ätzgrund geschützten Partien matt erscheinen.

Verzierungen mit Blumen, Blättern etc. erzeugt man am leichtesten auf die Weise, dass man dieselben mit Gummi auf das Glas klebt, dann die ganze Fläche mit einer geschmolzenen Mischung aus Wachs, Talg und Öl überzieht, nach Erstarrung derselben die Pflanzenteile beseitigt und die entblößten Stellen ätzt. Dampfförmige Flusssäure gibt matte Ätzung.

In den Glashütten von Baccarat, St.-Louis und Fort zu Metz benutzt man zum Mattätzen von Glas eine Lösung von 1000 Gramm Wasser, 250 g kristallisiertem Fluorwasserstoff-Fluorkalium, 250 g Salzsäure und 140 g schwefelsaurem Kali. Die Ätzwirkung dieses Mittels ist sehr gleichmäßig.

Auch kann man das Muster, welches matt eingeätzt werden soll, mit einem Kautschukstempel und einer fettigen Farbe auf das Glas übertragen und mit Fluorwasserstoff-Fluorammonium bestreuen. Das Salz haftet nur an der Farbe und wirkt nach dem Anhauchen durch diese hindurch auf das Glas. Eine aus Fluorwasserstoff-Fluorammonium, gefälltem schwefelsauren Baryt und rauchender Fluorwasserstoffsäure hergestellte Tinte kann mit einer Feder auf das Glas aufgetragen werden und liefert in 15 Sekunden eine scharfe Ätzung.

Die von Böttger und Bromeis erfundene Hyalographie liefert geätzte Glasplatten zum Druck.

Zink

Zum Ätzen aus Zink (siehe Zinkätzung) werden Holzessig, Salpetersäure oder Salzsäure in verdünnter Lösung verwendet.

Stein

  • Bergkristall, Amethyst, Achat und andere kieselsäurereiche Steine ätzt man mit Flusssäure
  • die großenteils aus kohlensaurem Kalk bestehende Perlmutter, Bernstein und Elfenbein am besten mit konzentrierter Schwefelsäure
  • Alabaster mit destilliertem Wasser
  • Marmor mit verdünnter Salpetersäure oder Salzsäure

Gold

Silber und Messing

  • mit verdünnter Salpetersäure

Mordants

Ätzmittel, die nicht flüssig, sondern pastos aufgetragen werden, bezeichnet man als Mordant. Damit können Partien ohne den Schutz durch Abdecklack geätzt werden, weil das Mordant nur an den aufgetragenen Stellen einwirkt. Das Mordant wird entweder direkt mit dem Pinsel auf das Material aufgetragen oder auf einer Glasplatte ganz dünn und gleichmäßig verrieben und dann mittels eines Kautschukstempels auf die sehr sorgfältig gereinigte, fett- und oxydfreie Metalloberfläche übertragen. Verwendung findet z.B. eine Ätzmasse aus salpetersaurem Eisenoxyd mit etwas Platinchlorid für Eisen und Stahl und aus Antimonchlorid mit Platinchlorid für alle übrigen Metalle mit Ausnahme von Gold und Platin. Man erhält sofort entweder eine matte Ätzung oder eine fest haftende schwarze Färbung. Man lässt dann kurze Zeit liegen, wäscht mit Wasser, welches zweckmäßig wenig Soda oder Ätzammoniak enthält, trocknet und reibt die Ätzung mit etwas fettem Öl ein oder überzieht sie ganz dünn mit Spiritus- oder Öllack. Die verschiedenen Metalle bedingen unbedeutende Abweichungen des Verfahrens, auf allen aber erhält man sehr scharfe, fest haftende Zeichnungen.

Galvanokaustik

Bei der Galvanokaustik, also dem galvanischen Ätzen, wird die vorbereitete Metallplatte in der Ätzflüssigkeit mit dem positiven Pol einer Gleichspannungsquelle verbunden, wodurch sich der Ätzvorgang stark beschleunigt. Siehe dazu auch Photogalvanographie und Galvanik.

Gefahrensymbol

Literatur

  • Wolfgang Autenrieth: Techniken der Radierung und der Edeldruckverfahren - Vom "Hexenmehl und Drachenblut" zur Fotopolymerschicht - Tipps, Tricks, Rezepte und Anleitungen. Ein Werkstattbuch. Eigenverlag, ISBN 3-00-016757-9 (Online-Ausgabe)
 
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