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Hybrid-Orbital



 

Ein Hybrid-Orbital ist ein Orbital, das rechnerisch aus einer Linearkombination der Wellenfunktionen der grundlegenden Atomorbitale entsteht. Diesen Modellierungsvorgang nennt man Hybridisierung der Orbitale. Das Konzept wurde von Linus Pauling um 1931 entwickelt.

Inhaltsverzeichnis

Mechanismus

  Die durch die Berechnung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit der jeweiligen Elektronen erzeugten Orbitale stimmen nicht immer mit den aufgrund chemischer Eigenschaften zu vermutenden Formen überein. So stellt man fest, dass das Kohlenstoffatom in der äußeren Elektronenschale zwei s- und zwei p-Elektronen besitzt. Dementsprechend müssten diese Orbitale bei den C-H-Bindungen im Methan zu unterschiedlichen Bindungen führen. Tatsächlich stellt man aber fest, dass die vier Bindungen gleichartig und nicht unterscheidbar sind. Dies kann man durch sp3-Hybridisierung erklären: Das doppelt besetzte, kugelförmige s-Orbital wird mit den hantelförmigen p-Orbitalen (2 einfach besetzt, eins unbesetzt) zu vier gleichen, keulenförmigen sp3-Hybridorbitalen kombiniert, die mit je einem Elektron besetzt sind. Diese richten sich tetraedrisch im Raum aus und bilden mit den s-Elektronen des Wasserstoffs gleichartige Atombindungen. Das so entstandene Modell entspricht den beobachteten Eigenschaften des Methans.

Carbokationen (Carbeniumionen) sind grundsätzlich sp2-hybridisiert, damit das leere Orbital 100 % p-Charakter hat und somit kein s-Anteil „verschwendet“ wird (Bentsche Regel).

Physikalische Interpretation

  Orbitale ergeben sich als Lösung des Einelektronenproblems (Wasserstoffatom) in der Quantenmechanik. Dabei sind die Orbitale aus der gleichen Hauptschale bezüglich des Drehimpulses entartet. Das bedeutet, jede Überlagerung von Wellenfunktionen der gleichen Schale mit unterschiedlichem Drehimpuls ist wieder eine Lösung und beschreibt somit ein mögliches Orbital. Während die Entartung in einem freien Atom durch die Spin-Bahn-Wechselwirkung aufgehoben ist und damit Orbitale mit unterschiedlichem Gesamtdrehimpuls unterschiedliche Energieeigenwerte haben, hebt in Molekülen der Einfluss der elektrischen Felder der Nachbaratome die Entartung der Orbitale auf. In Molekülen treten somit Hybridorbitale als energetisch günstigere Überlagerungen von Orbitalen mit unterschiedlichem Bahndrehimpuls auf.

Die Hybridorbitale bilden wie alle an Atombindungen beteiligten Orbitale durch Mischung mit den Orbitalen der Nachbarmoleküle Molekülorbitale.

Mathematische Betrachtung

Zur Lösung der Einelektronen-Schrödingergleichung wird üblicherweise ein Produktansatz gemacht, ein Verfahren, das sich häufig zur Lösung von Differentialgleichungen 2. Ordnung eignet. Die Wellenfunktion Ψ, die sich zuerst beliebig aus Kugelkoordinaten (r, θ, φ) zusammensetzt wird als Produkt angeschrieben.

\Psi (r, \theta, \phi)=R(r) \cdot \Theta (\theta) \cdot \Phi (\phi)

Dadurch gehen alle Lösungen verloren, die sich nicht als derartiges Produkt schreiben lassen. Lösungen, die beim Produktansatz verloren gehen, können durch Linearkombination der erhaltenen Lösung rückgewonnen werden. Beliebige Linearkombinationen zur gleichen Energie (und damit gleichen Hauptquantenzahl) sind wegen der Linearität des Hamiltonoperators auch exakte Lösungen der Einelektronen-Schrödingergleichung. Sie werden als Hybridorbitale bezeichnet.

Seien s(\vec{r}), p(\vec{r}) und d(\vec{r}) die Wellenfunktionen eines s-, p- bzw. d-Orbitals gleicher Quantenzahl. Die Wellenfunktion eines Hybridorbitals s^x p^y d^z(\vec{r}) wird dann folgendermaßen gebildet.

s^x p^y d^z(\vec{r}) = \frac {\sqrt{x} \cdot s(\vec{r})+\sqrt{y} \cdot p(\vec{r})+\sqrt{z} \cdot d(\vec{r})}{\sqrt{x + y + z}}

Die hochgestellten Zahlen geben den quadrierten Anteil des Atomorbitals am Hybridorbital wieder.

Die Wellenfunktionen in komplexeren Systemen verhalten sich ähnlich. Dort werden jedoch auch Wellenfunktionen unterschiedlicher Hauptquantenzahl kombiniert. Ähnliche Energie ist entscheidend.

Soll ein ganzer Satz von Hybridorbitalen gebildet werden, ist zu beachten, dass die Transformationsmatrix eine unitäre Matrix (reeller Spezialfall: Orthogonalmatrix) sein muss. Das bedeutet, dass die Hybridorbitale wieder eine Orthonormalbasis bilden müssen. Das zugehörige Skalarprodukt ist:

\langle \Psi, \Phi \rangle = \int_V~\overline \Psi \cdot  \Phi ~ dV

Beispiele

sp sp2 sp3
linear trigonal-planar tetraedrisch
HgCl2, Ethin, CO2 BF3, Graphit, Ethen CH4, Diamant
     
dp sd3 dsp2
linear tetraedrisch quadratisch
, CrO42- [AuCl4]-, [NiCN4]2-
 
sp3d sp3d2 sp3d3
trigonal-bipyramidal oktaedrisch pentagonal-bipyramidal
PF5 SF6 IF7
     

Quellen

  • Riedel, E. Anorganische Chemie (2002). de Gruyter, New York.
  • Bent, H. A.: An appraisal of valence-bond structures and hybridization in compounds of the first-row elements. Chem. Rev. 61:275–311, 1961.
  • Demtröder, W.: Experimentalphysik 3 (2000). Springer Verlag Berlin, Heidelberg

Siehe auch

 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Hybrid-Orbital aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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