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Löss



  Löss (auch Löß mit langem Vokal gesprochen) ist ein äolisches Sediment, das vor allem aus Schluff besteht. Er entstand also aus Feinmaterial, welches vom Wind herbeigetragen und abgelagert wurde.

Inhaltsverzeichnis

Weitere Eigenschaften

Der Tongehalt ist bei frischem Löss gering, kann aber durch Verwitterung stark ansteigen. Löss ist immer mit wechselnden Mengen Feinsand durchmischt; dessen Anteil am Gemenge beträgt im Durchschnitt 20 %, kann aber auch höher liegen. Bei Sandgehalten über 50 %, aber noch reichlich vorhandenem Schluff spricht man von Sandlöss, der regional auch als Flottsand bezeichnet wird. Dennoch gilt Löss als gut sortiertes Sediment.

Mineralogisch besteht Löss zum größten Teil (50–80 %) aus Quarzkörnern mit 8–20 % kalkigen Bruchstücken. Beimengungen von Eisenhydroxiden färben Löss gelblich bis gelblich-rot. Andere Minerale, wie Feldspäte und Mafische Minerale, kommen in geringen Mengen vor.

Löss ist gewöhnlich ungeschichtet, unverfestigt und sehr porös, kann jedoch bei späterer Umlagerung durch Wasser eine Schichtung erhalten und wird dann Schwemmlöss genannt. Die poröse Struktur erklärt sich durch die Grasstängel, zwischen denen sich der Löss bei der Sedimentation abgesetzt hat.

Konkretionen von Kalk im Löss entstehen durch Lösung und Wiederausfällung der fein verteilten kalkigen Bruchstücke und werden als Lösskindel oder Lössmännchen bezeichnet.

Die Einzelpartikel im Löss haben eine vorherrschend eckige Form. Daher rührt seine hohe Standfestigkeit, welche die Bildung von Lösswänden an Berghängen und in Hohlwegen begünstigt.

Entstehung

Löss entsteht, wenn Schluff bei fehlender Vegetationsdecke ausgeblasen wird und sich nach einem längeren Transport (einige zehn bis mehrere hundert Kilometer) in Bereichen mit dichterer Vegetation wieder ablagert.

Gebildet wurde der Löss in Mitteleuropa vor allem in den Kaltzeiten, als aufgrund der ganzjährig niedrigen Temperaturen kaum Vegetation existierte; die Vorlandgebiete der Gletscher sowie die Flussauen waren sogar weitgehend frei von Bewuchs. Für die Entstehung des Lösses sind in Mitteleuropa sowohl die vorherrschenden Westwinde als auch die in den Kaltzeiten existierenden kalten und trockenen Fallwinde verantwortlich. Letztere wehten von den fast vollständig vergletscherten Alpen oder vom skandinavischen Inlandeis herab. Sie nahmen im Vorland feinkörniges Material auf. Während der Sand nur relativ kurze Transportstrecken zurücklegte und in Form von Binnendünen abgelagert wurde, wurde der Löss deutlich weiter verblasen und eher großflächig als Lössdecke abgelagert. Vor allem entlang der Flussgebiete, z. B. am Oberrhein, wurde der Löss von Westwinden ausgeblasen und deutlich östlich des jeweiligen Flusses wieder abgelagert (wie im Kraichgau). Im Rhein-Maas-Delta liegen die Lössflächen auf dem linken Ufer der Flüsse, also weit vom westlich gelegenen Nachbarfluss entfernt, während das Ostufer als Heideterrasse vom nur wenig weit gewehten Sand bedeckt ist.

Die Bildung von Löss vollzieht sich aber auch unter warm-trockenen Klimabedingungen, wenn aus Wüsten Staub ausgeblasen wird und sich in den Randgebieten, in denen wieder Vegetation gedeihen kann, ablagert.

Löss, Lössderivate und Lösssedimente

Bereits während, aber auch nach der Ablagerung kann Löss durch andere Prozesse als Wind umgelagert werden. Je nach Prozess unterscheidet man Kriechlöss (schwach am Hang umgelagert), Fließlöss (durch Solifluktion umgelagert, enthält meist ein Grobskelett des unter dem Löss anstehenden Materials), Schwemmlöss (durch Abspülung umgelagert), Hangrutschungslöss, Infusionslöss (Umlagerung in einen See), Kryoturbationslöss (durch Frostwechsel durchmischt).

Weiterhin greift die Verwitterung vor allem die oberen Bereiche des Lösses an. Dadurch werden der Kalk gelöst und Tonminerale gebildet. Es entsteht Lösslehm.

Alle genannten Abarten des Lösses bezeichnet man als Lössderivate.

Als übergeordnete Bezeichnung, die sowohl den „frischen“ Löss als auch die Lössderivate umfasst, wurde 2002 der Begriff Lösssedimente (engl. „loess sediments“) in die Fachliteratur eingeführt. Auf die etwas umständlichen Begriffe „Löss im engeren Sinne“ und „Löss im weiteren Sinne“, die vorher verwendet wurden, kann daher verzichtet werden.

Verbreitung

 

In Europa tritt Löss sehr verbreitet mit durchschnittlichen Mächtigkeiten zwischen 3 und 10 m auf, er kann aber in günstigen Lagen (Windschatten) bis zu 40 m mächtig werden. In der Volksrepublik China sind Lössmächtigkeiten bis 400 m bekannt.

Deutschland

Lössgebiete werden in Süddeutschland auch als Gäulandschaften, in Norddeutschland als Börden bezeichnet. Volkstümliche Bezeichnungen für Löss in Südwestdeutschland (Ortenau, Kaiserstuhl) sind u. a. auch Leimen oder Mergel. Geologisch gesehen sind Mergel jedoch tonhaltige Karbonate.

Die deutschen Lössgebiete nördlich der Mittelgebirge gehören zur mitteleuropäischen Lösszone, die sich von Belgien bis in die Westukraine erstreckt. An Abbruchkanten wie im Elbtal (der Lößnitz) ist die Mächtigkeit der Lössschicht gut erkennbar.

  • norddeutsche Mittelgebirgsschwelle
    • Jülicher Börde und Zülpicher Börde der Kölner Bucht (Nordrhein-Westfalen) und das sich im Lee der Ville anschließende Vorgebirge
    • Soester Börde und Westenhellweg (Nordrhein-Westfalen)
    • Ravensberger Hügelland (Nordrhein-Westfalen)
    • Hildesheimer Börde (Niedersachsen)
    • Calenberger Lössbörde im Calenberger Land
    • Magdeburger Börde (Sachsen-Anhalt)
    • Leipziger Tieflandsbucht (Sachsen)
    • Oberlausitz (Sachsen)
    • Lommatzscher Pflege (Sachsen)
    • Großenhainer Pflege (Sachsen)
  • Mittelgebirge und Becken
    • Goldene Mark (Eichsfeld)
    • Rheingau, das Taunus-Vorland und die Wetterau (Hessen)
    • Limburger Becken (Hessen/Rheinland-Pfalz)
    • Amöneburger Becken und Hessische Senke (Hessen)
    • Thüringer Becken (Thüringen)
  • Süddeutschland
    • Kaiserstuhl (Baden)
    • Kraichgau in Südwestdeutschland
    • Gäu (Baden-Württemberg), bestehend aus Korn-, Schlehen-, Hecken- und Strohgäu
    • Mainzer Becken bzw. Rheinhessen (Rheinland-Pfalz)
    • Gäuboden bzw. Dungau (Niederbayern)

Übriges Europa

In Polen setzt sich die aus Deutschland hinüberreichende Zone in Schlesien und Kleinpolen fort. Hier schließen sich die Schwarzerdegebiete der Ukraine an. Etwas südlicher liegt die rumänische Baragan-Steppe.

In Österreich ist die größte Verbreitung des Sediments im Weinviertel, östlich von Krems (Wagram) und im nordöstlichen Niederösterreich zu finden. In Oberösterreich wurde im letzten Glazial entlang von Donau und Inn ebenfalls Löss abgelagert. Der in der südöstlichen Steiermark abgelagerte Staublehm wird zu den lössähnlichen Sedimenten gezählt.

Übrige Welt

 

Die mächtigsten Lössdecken findet man in Ostasien, insbesondere in China. Der verfestigte Flugstaub aus innerasiatischen Steppen ist gelbbraun und äußerst nährstoffreich. Nirgendwo auf der Welt hat sich Löss in größeren Mengen abgelagert. Entlang des Huang He (chin. Gelber Fluss) steht er in Decken von bis zu 400 m an. Die Lössschichten im Bergland der Provinzen Henan, Shaanxi, Shanxi und Gansu sind bis zu 300 m mächtig.

Heutige Bedeutung

Natur

Für zahlreiche Pflanzen und Tiere ist Löss von großer Bedeutung. Beispielsweise findet sich eine enorme Anzahl von Bienen- und Wespenarten, die in Lösswänden ihre Nester anlegen. Auch Vogelarten wie Mauersegler oder Bienenfresser (letztere vereinzelt in Süddeutschland) nisten an oder in Lösswänden.

Landwirtschaft

  Lössgebiete sind sehr fruchtbar und gehören meist auch zum Altsiedelland. Die Fruchtbarkeit resultiert aus der kleinen Korngröße und dem damit verbundenen leicht zugänglichen Mineralreichtum. Die gute Durchlüftung, die guten Eigenschaften als Wasserspeicher und der Porenreichtum des Lösses erleichtern die Bodenbildung. Auf Löss entstehen tiefgründige, leicht bearbeitbare und enorm leistungsfähige Braunerden, Parabraunerden und Schwarzerden. Diese Böden und die entsprechenden Verbreitungsgebiete sind agrarwirtschaftlich besonders wichtig.

Bei der Rekultivierung des Rheinischen Braunkohlereviers wurde der separat abgeräumte Löss auf die wiedergewonnenen landwirtschaftlich genutzten Flächen aufgeschüttet oder im Polderverfahren aufgeschwemmt.

Der Löss war ebenfalls wichtig für die Entstehung der chinesischen Hochkultur. Die Landwirtschaft profitierte von seinen Eigenschaften, denn Löss ist nicht nur sehr fruchtbar, sondern auch mit einfachem Werkzeug zu bearbeiten. Andererseits waschen die wenigen, aber heftigen Regenfälle den Löss von den Hängen und erodieren das Bergland. Dieser Vorgang wird insbesondere durch die Tatsache begünstigt, dass auch in Gelände mit starkem Gefälle Ackerbau betrieben wird. Zusammen mit der durch landwirtschaftliche Nutzung verursachten Verdichtung wird die Erosion so maßgeblich verstärkt.

Die erodierten Materialien gelangen in den Gelben Fluss, der seinen Namen von den mitgeführten Sedimenten hat. Weltweit verfügt kein Fluss über eine stärkere Sedimentfracht, es sind fast 40 Kilogramm pro Kubikmeter Wasser. Der mitgeführte Schlamm lagert sich im Flussbett ab. Auf Grund dieser Sedimentation erhöht der Gelbe Fluss sein Bett und muss durch immer höhere Deiche eingedämmt werden. Bei Kaifeng und Zhengzhou liegt der Wasserspiegel schon zehn Meter über dem Umland.

Gefährdung

Bei Überanspruchung durch landwirtschaftliche Nutzung oder sonstiger Verdichtung kann es zu einer schnell fortschreitenden Verwitterung der Lössböden kommen. Der damit einhergehende Verlust an Bindungskraft kann insbesondere bei starken Niederschlägen zum Auftreten von Bodenrutschen, Grabenbildung und ähnlichen Phänomenen führen. Auch altangelegte Fahrwege schneiden sich gelegentlich tief in den Löss ein und bilden so in vielen Löss-Regionen Deutschlands Lösshohlwege.

Medizin

In der Naturmedizin wird Löss als Heilerde zur inneren und äußeren Anwendung verwendet. Gründe dafür sind die seiner geringen Korngröße zu verdankende hohe innere Oberfläche und sein hoher Gehalt an Mineralien.

Es wird empfohlen, Löss bei Sodbrennen und säurebedingten Magenbeschwerden in Wasser aufgelöst in kleinen Mengen zu schlucken. Heilerde bindet den Überschuss an Magensäure und Gallensäuren. Dies soll die Magenbeschwerden lindern und den Schutz der Schleimhaut des Magens vor aggressiven Substanzen erhöhen. Auch Durchfallerkrankungen werden mitunter mit Löss behandelt. Im Darm können außerdem schädliche Stoffe beziehungsweise Stoffwechselbakterien durch Heilerde gebunden werden, was zur allgemeinen Darmsanierung beiträgt. Heilerde bindet Skatol, das ein giftiges Abbauprodukt des Nahrungseiweißes darstellt. Auch bestimmte Eiweißkörper, die von Darmbakterien ausgeschieden werden und die normale (physiologische) Darmflora schädigen, können von Heilerde absorbiert sowie adsorbiert werden. Dadurch wird die Gesundung der Darmflora gefördert.

Äußerlich angewendet lindert Heilerde Akne, Entzündungen, Haut-, Muskel- und Gelenkbeschwerden.

In der kosmetischen Haut- und Schönheitspflege hat Heilerde einen festen Platz, da sie der Haut ein frisches und schönes Aussehen verleihen soll.

Siehe auch

Literatur

  • Ian James Smalley: Loess: Lithology and Genesis. John Wiley & Sons Inc, 1976, ISBN 0470799013
  • Ian James Smalley: Loess: A Partial Bibliography. Geo Abstracts, 1980, ISBN 0860940365
  • Cornelia Fleischer Mutel: Fragile Giants: A Natural History of the Loess Hills (A Bur Oak Original). Univ of Iowa Pr, Dezember 1989, ISBN 0877452571
  • R. Koch und H. Neumeister: Zur Klassifikation von Lößsedimenten nach genetischen Kriterien. In: Z. Geomorph. N. F. 49/2, 183–203 (2005)
  • M. Pecsi, G. Richter: Löss. Herkunft-Gliederung-Landschaften. In: Zeitschrift für Geomorphologie. Supplementband 98. Gebrüder Borntraeger, Berlin 1996
 
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