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Nachwachsender Rohstoff



  Nachwachsende Rohstoffe gehören zu den erneuerbaren Ressourcen. Es sind „Stoffe, die aus lebender Materie stammen und vom Menschen zielgerichtet für Zwecke außerhalb des Nahrungs- und Futterbereiches verwendet werden“ [1]. Genutzt werden sie als Werkstoffe für Gebrauchsgegenstände und als Verbrauchsgüter. Beispiele sind Dämmstoffe, Schmierstoffe, Hydraulikflüssigkeiten, oder Arzneimittel. Die häufigsten Anwendungen sind Biokraftstoffe und die Wärmegewinnung, um die in ihnen enthaltene erneuerbare Energie zu nutzen.

Definitionsgemäß fallen tierische Produkte wie Pelze und Leder zwar ebenfalls unter diesen Begriff, in der Praxis wird der Begriff aber meist auf pflanzliche Produkte verengt.

Bedeutung haben Nachwachsende Rohstoffe in der Diskussion um eine zunehmende weltweite Rohstoffverknappung durch den Rückgang an verfügbaren Rohstoffvorkommen von nicht-erneuerbaren Ressourcen und die wachsende Weltwirtschaft.

In Deutschland wurden im Jahr 2006 auf rund 1,562 Millionen Hektar nachwachsende Rohstoffe angebaut, was etwa 13 Prozent der dortigen Ackerfläche entspricht.[2]

Inhaltsverzeichnis

Traditionelle und neuartige Nutzungsformen

  Nachwachsende Rohstoffe werden seit Zehntausenden von Jahren zur Energiegewinnung genutzt. Bereits die Neandertaler nutzten Holz für ihre Feuer. Heute wird es in Öfen, Kaminen und im offenen Feuer verbrannt, um Wärme zu gewinnen.

Ebenso werden nachwachsende Rohstoffe seit Tausenden von Jahren verwendet, um Gebrauchsgegenstände herzustellen: Holz z.B. für Papier und Möbel; Pflanzenfasern, wie z.B. Hanf, Jute, Flachs bzw. Leinen oder Baumwolle sowie Fasern tierischen Ursprungs, wie Schafwolle oder Seide für Gewebe und Textilien; Stroh für Strohdächer, Weidenruten für Körbe und viele weitere.

Holz wurde und wird als Bauholz, z.B. für die Schalung, oder als Konstruktionsmaterial verwendet, ebenso im Bergbau. Im Bereich Verkehrswesen fertigte man bis ins 19.Jh. Schiffe aus Holz, genauso wie Kutschen oder Wagen. Eisenbahnschwellen und Telegrafenmaste waren aus Holz. Viele Brücken bestanden aus Holz. Speziellere Anwendungen sind: Kautschuk für Gummi; Färberpflanzen für Naturfarben und Lacke, Arzneipflanzen/Heilpflanzen. Öle und Schmierstoffe. Klebstoffe.

Die Situation in der EU

Der Anbau von Pflanzen, aus denen sich Kraftstoffe gewinnen lassen – etwa Raps oder Sonnenblumen – erfolgt in der Europäischen Union häufig auf subventionierten Stilllegungsflächen und stellt damit für landwirtschaftliche Betriebe einen starken finanziellen Anreiz dar. Allerdings waren die erlaubten Anbauflächen für rohstoffliefernde Pflanzen aufgrund des Blair-House-Abkommens bis einschließlich zur Ernte 2001 beschränkt.

Nutzen im Energie- und Rohstoffmarkt

Die Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen für den Energie- und Rohstoffmarkt ist umstritten. Während Befürworter insbesondere auch die Förderung von Biokraftstoffen fordern, stufen Kritiker andere existentielle Belange als vordringlich ein. Überwiegend werden hierbei die nachwachsenden Rohstoffe – neben anderen Faktoren – als überlebensnotwendig betrachtet, da die Nicht-erneuerbaren Rohstoffe den weltweiten Bedarf an Konsumgütern zukünftig nicht mehr decken können.

Vorteile

Die Befürworter begründen ihre Position vor allem mit der ausgeglichenen Kohlenstoffdioxid-Bilanz bei Verwendung von Biomasse und der geringeren Umweltbelastung bei Kontamination durch Biokraftstoffe.[3]. Zudem sehen sie in nachwachsenden Rohstoffen einen möglichen Beitrag, um die Folgen des Ölfördermaximums zu entschärfen.

Als wirtschaftliche Aspekte nennen Befürworter die breite Verfügbarkeit nachwachsender Rohstoffe – was zur Stärkung der lokalen Wirtschaft beitrage –, das Entfallen langer Transportwege und ganzjährige Verfügbarkeit. Laut Protagonisten würde verstärkte Nutzung in der Landwirtschaft weitere positive Auswirkungen nach sich ziehen: aufgelockerte Fruchtfolge, ganzjährige Arbeitsauslastung der Beschäftigten, verbesserte Bodeneigenschaften – durch Nährstoffaufschluss und Bodenauflockerung –, Inbetriebnahme brachliegender Flächen und Bereicherung des Landschaftbilds.

Technologisch gesehen enthalten nachwachsende Rohstoffe eine Synthesevorleistung der Natur, die unterschiedlich genutzt werden kann:

  • Rohstoffe können chemisch modifiziert werden oder als Synthesebausteine dienen,
  • die gesuchten Substanzen können direkt extrahiert und genutzt werden und
  • die nachwachsenden Rohstoffe können als Lebensgrundlage für Mikroorganismen dienen, deren Stoffwechselprodukte die gewünschten Substanzen bereitstellen.

In Österreich betreibt die Umweltschutzorganisation Global 2000 eine Kampagne zur Nutzung nachwachsender Rohstoffe. In Bayern ist hier unter anderen der C.A.R.M.E.N. aktiv. Auch Franz Alt gehört zu den Befürwortern der energetischen Nutzung nachwachsender Rohstoffe.

Besonders die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) unterstützt als Projektträger des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz bundesweit Forschung, Entwicklung und Markteinführung im Bereich Nachwachsende Rohstoffe. Ein weitere Schwerpunkt der FNR ist außerdem das umfassende Beratungs- und Informationsangebot in den Bereichen nachwachsende Rohstoffe und Bioenergie.

Nachteile

Kritiker sehen als Problem verstärkter Energiegewinnung durch nachwachsende Rohstoffe eine nicht hinreichende Befriedigung anderer existenziellerer Bedürfnisse, wie etwa die Versorgung mit Nahrungsmitteln. Diese Bedenken gründen sich auf folgende Auswirkungen:

  • In den Ländern der Sahelzone Burkina Faso, Mali, Niger, Senegal und Tschad wurden Rekordernten für Baumwolle erzielt, während sie gleichzeitig von extremem Hunger betroffen waren.[4]
  • Der Aralsee trocknete zu einem großen Teil aus, weil das Wasser seiner Zuflüsse zur Bewässerung von Baumwollfeldern verwendet wird.
  • Der Arten- und Regenwaldverlust infolge des Holzeinschlags nimmt zu.
  • Die letzten borealen Urwälder werden für die Papiergewinnung abgeholzt.
  • Durch die Vernichtung großer Flächen der Steppe in der Sahelzone für die Brennholzgewinnung wird die Wüste Sahara vergrößert.
  • Biomassenutzung lauge die Böden aus, da die negative Humus-Bilanz bei der Extraktion von Humuskohlenstoff aus der Biomasse außer Acht gerate. Dadurch sei die nachhaltig nutzbare Fläche für energetisch verwertbare Biomasse deutlich eingeschränkt.
  • Biomassenutzung konkurriert mit Naturflächen und naturbelassenen Flächen
  • Durch die gesteigerte Anbaufläche von Energiepflanzen (Raps, Mais) kommt es zur weiteren Intensivierung der Landwirtschaft und zur Verarmung der Landschaft.[5]
  • Die Nutzung von Tieren und tierischen Produkten als nachwachsende Ressource für Arbeitskraft und Rohstoffe ist tierschutzproblematisch.

Die Befürworter argumentieren dagegen, dass zunehmend an Konzepten gearbeitet wird, die dem Prinzip der Nachhaltigkeit genügen. Die Kritiker weisen darauf hin, dass zunächst die Nachhaltigkeit unter Beweis gestellt werden muss, bevor wirtschaftlich Fakten und Abhängigkeiten geschaffen werden.

Weiterhin wird kritisiert, dass die nachwachsenden Rohstoffe allein den weltweiten Energie- und Rohstoffbedarf nicht decken, sondern allenfalls in einem abgestimmten Gesamtkonzept zur Lösung beitragen könnten.

Für die Deckung des übrigen Rohstoff- und Energiebedarfs bieten sich, neben der teilweise problematischen Nutzung extra produzierter nachwachsender Rohstoffe, langfristig folgende Möglichkeiten an:

Siehe auch

Literatur

  • Christiane Schmitt: Die Grünen Seiten; 1997
  • Donella und Dennis Meadows: Die neuen Grenzen des Wachstums; Reinbek 1993
  • Ernst Ulrich von Weizsäcker, Amory B. Lovins, L. Hunter Lovins: FAKTOR VIER – Doppelter Wohlstand – halbierter Naturverbrauch; München 1995
  • Harenberg Lexikon der Gegenwart, Aktuell 98
  • Klaus Zuschke: Positive Gülle-und Abfallumwandlung als regenerative Energieressource; April 1990
  • Richard Gerster: Fallstricke der Verschuldung; Basel 1982

Quellen

  1. Mann, Stefan: Nachwachsende Rohstoffe, Stuttgart, 1998, ISBN 3800141264
  2. Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V., Pressemitteilung vom 5. September 2006
  3. Umweltbundesamt: Wassergefährdende Stoffe, 05.07.2006
  4. Asit Datta, Erziehungswissenschaftler an der Universität Hannover: Welthandel und Welthunger; München 1993
  5. NABU-Fachgruppe Ornithologie Großdittmannsdorf, Denkschrift Landwirtschaft und Naturschutz, August 2007
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Nachwachsender_Rohstoff aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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