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Pyrimidin-De-Novo-Synthese



Unter dem Begriff Pyrimidin-De-Novo-Synthese versteht man die biochemische Herstellung von Pyrimidin-Nukleotiden aus einfacheren Molekülen. Im Gegensatz zum Salvage Pathway werden hier keine Nukleotide oder Nukleotidderivate umgebaut und wiederverwertet, sondern unter höherem Energieaufwand die Pyrimidinnukleotide aus den Grundkomponenten synthetisiert. Der Ablauf der Pyrimidin-De-Novo-Synthese ist hochkonserviert, d.h. er läuft bei allen bisher untersuchten Lebensformen nach dem gleichen Schema ab (Lit.: Wagner und Backer (1992)). Lediglich die subzelluläre Organisation, d.h. der Ort in der Zelle, an dem die Synthese stattfindet, und welche Enzyme daran beteiligt sind, ist unterschiedlich.

Inhaltsverzeichnis

Syntheseweg

Carbamylphosphatsynthese (Schritt 1)

Glutamin und Hydrogencarbonat bilden die Ausgangsstoffe, die vom Enzym Carbamylphosphat-Synthetase (CPSase EC 6.3.5.5) unter Aufwendung zweier Moleküle ATP zu Carbamylphosphat umgesetzt werden.

Anbindung von Aspartat (Schritt 2)

Carbamylphosphat und die Aminosäure Aspartat verbinden sich unter Katalyse des Enzyms Aspartat-Transcarbamoylase (ATCase EC 2.1.3.2) zu N-Carbamoyl-Aspartat (CAsp).

Ringschluss (Schritt 3)

Das Enzym Dihydroorotase katalysiert die intramolekulare Kondensation von Carbamoyl-Aspartat zu Dihydroorotat (DHO)

Oxidation zu Orotat (Schritt 4)

Das Enzym Dihydroorotat-Dehydrogenase (DHODH EC 1.3.3.1) oxidiert Dihydroorotat zu Orotat.

Ribosetransfer und Decarboxylierung (Schritt 5 und 6)

Die Übertragung der Ribosegruppe erfolgt mit Hilfe der Orotat-Phosphoribosyltransferase (OPRTase EC 2.4.2.10). Dabei reagiert Orotat mit Phosphoribosyl-Pyrophosphat (PRPP) unter Phosphatabspaltung zu Orotidinmonophosphat (OMP). Dieses wiederum wird von Orotidin-5'-Phosphat-Decarboxylase (EC 4.1.1.23) zu Uridinmonophosphat (UMP) decarboxyliert.

UMP ist das Ausgangsprodukt aller weiteren Pyrimidin-Nukleotide wie Uridin-Diphosphat (UDP), UDP-Glucose, Uridin-Triphosphat (UTP), Cytidin-Triphosphat (CTP) und deren Derivate.

Genomische Organisation in verschiedenen Spezies

Obwohl die Pyrimidin-De-Novo-Synthese quasi ubiquitär ist, gibt es zwischen den Arten doch Unterschiede in der Organisation der Enzyme und der dafür kodierenden Gene. Die Zahl der Gene, welche an den sechs enzymatischen Schritten beteiligt sind, nimmt von Prokaryonten zu Eukaryonten ab, jedoch nimmt die Komplexität der Enzyme in gleicher Weise zu. Es bilden sich sog. Cluster-Gene, die für multifunktionelle Enzyme kodieren (Lit.: Denis-Duphil (1989)). Der evolutionäre Vorteil, der sich aus dieser Fusion von individuellen Genen ergibt, ist bis heute nicht eindeutig geklärt.

Prokaryonten

Gen Enzym Name
pyrA CPSase Carbamylphosphat-Synthetase
pyrB ATCase Aspartat-Transcarbamoylase
pyrC DHOase Dihydroorotase
pyrD DHODH Dihydroorotat-Dehydrogenase
pyrE OPRTase Orotat-Phosphoribosyltransferase
pyrF ODCase Orotidin-5'-Phosphat Decarboxylase

In Bakterien kodieren sechs unterschiedliche Gene (pyrA-pyrF) für sechs unabhängige Enzyme (Lit.: O'Donovan & Neuhard (1970)). Eine Besonderheit zeigt das Bakterium Escherichia coli. Seine dem Gen pyrA äquivalenten Gene carA und carB kodieren für die beiden Untereinheiten des ersten Enzyms CPSase.






niedere Eukaryonten

Gen Enzym Name
ura2 CPSase Carbamylphosphat-Synthetase
ura2 ATCase Aspartat-Transcarbamoylase
ura4 DHOase Dihydroorotase
ura1 DHODH Dihydroorotat-Dehydrogenase
ura5 ura10 OPRTase Orotat-Phosphoribosyltransferase
ura3 ODCase Orotidin-5'-Phosphat Decarboxylase

In Saccharomyces cerevisiae kodiert das Gen ura2 für ein Enzym mit bifunktionaler CPSase-ATCase-Aktivität (Lit.: Lacroute (1968)). Dieses Enzym ließ sich außerdem aus Neurospora crassa (Lit.: Williams et al. (1970)) und Aspergillus (Lit.: Palmer (1975)) isolieren. Die folgenden vier enzymatischen Schritte werden kodiert durch die eigenständigen Gene ura4 (DHOase), ura1 (DHODH), ura5;ura10 (OPRTase) und ura3 (ODCase).





höhere Eukaryonten

Gen Enzym Name
pyr1-3 cad CPSase Carbamylphosphat-Synthetase II
pyr1-3 cad ATCase Aspartat-Transcarbamoylase
pyr1-3 cad DHOase Dihydroorotase
pyr4 DHODH Dihydroorotat-Dehydrogenase
pyr5-6 OPRTase Orotat-Phosphoribosyltransferase
pyr5-6 ODCase Orotidin-5'-Phosphat Decarboxylase

In höheren Eukaryonten, mit Ausnahme der Pflanzen, sind drei Strukturgene an der Pyrimidinsynthese beteiligt. Dabei kodiert ein Clustergen pyr1-3 für ein multifunktionelles Polypeptid, welches für die ersten drei Syntheseschritte verantwortlich ist. In Säugern wird es cad genannt, abgeleitet von CPSase, ATCase und DHOase. Das zweite Gen pyr4 kodiert für Dihydroorotat-Dehydrogenase (DHODH). Das dritte ist wiederum ein Clustergen pyr5-6 und kodiert für ein Polypeptid, welches OPRTase- und ODCase-Aktivität besitzt (Jones, 1980).





Gen Enzym Name
carA/carB CPSase Carbamylphosphat-Synthetase
pyrB ATCase Aspartat-Transcarbamoylase
pyrC DHOase Dihydroorotase
pyrD DHODH Dihydroorotat-Dehydrogenase
pyrE-F OPRTase Orotat-Phosphoribosyltransferase
pyrE-F ODCase Orotidin-5'-Phosphat Decarboxylase

Die Pyrimidinsynthese in Pflanzen zeigt auch eine Tendenz zur Bildung von Fusionsgenen, jedoch gibt es keinen Hinweis auf einen multifunktionellen Komplex, der mehr als einen der ersten vier enzymatischen Schritte katalysiert (Lit.: Denis-Duphil (1989)). Die Gene werden bezeichnet als carA/carB (CPSase), pyrB (ATCase), pyrC (DHOase) und pyrD (DHODH). Die Umsetzung von Orotat zu UMP erfolgt in Pflanzen durch UMP-Synthase (pyrE-F), einem dimeren Polypeptid, dessen Monomere jeweils beide Enzymaktivitäten der OPRTase und ODCase haben (Walther et al., 1984). Bei Betrachtung des vollständig sequenzierten Genoms von Arabidopsis thaliana (Arabidopsis-Genome-Initiative, 2000) fällt auf, daß für jedes Enzym in der Pyrimidin-De-Novo-Synthese nur je ein Genlokus vorhanden ist (Lit.: Boldt & Zrenner (2002)).

Literatur

  • Lacroute, F. (1968). Regulation of pyrimidine biosynthesis in Saccharomyces cerevisiae. J. Bacteriol. 95, 824–832.
  • O'Donovan, G. A. & Neuhard, J. (1970). Pyrimidine metabolism in microorganisms. Bacteriol. Rev. 34 (3), 278–343.
  • Williams, L., Bernhardt, S. & Davis, R. (1970). Copurification of pyrimidine-specific carbamyl phosphate synthetase and aspartate transcarbamylase of Neurospora crassa. Biochemistry. 9 (22), 4329–4335.
  • Palmer, L. & Cove, D. (1975). Pyrimidine biosynthesis in Aspergillus nidulans: isolation and preliminary characterisation of auxotrophic mutants. Mol Gen Genet. 138 (3), 243–255.
  • Denis-Duphil, M. (1989). Pyrimidine biosynthesis in Saccharomyces cerevisiae: the ura2 cluster gene, its multifunctional enzyme product, and other structural or regulatory genes involved in de novo UMP synthesis. Biochem. Cell Biol. 67 (9), 612–631.
  • Wagner, K. G. & Backer, A. I. (1992). Dynamics of nucleotides in plants studied on a cellular basis. Int. Rev. Cytol. 134, 1–84.
  • Giermann, N., Schröder, M., Ritter, T. & Zrenner, R. (2002). Molecular analysis of de novo pyrimidine synthesis in solanaceous species. Plant Mol. Biol. 50 (3), 393–403.
  • Boldt, R. & Zrenner, R. (2003). Purine and pyrimidine biosynthesis in higher plants. Physiol Plant. 2003 Mar;117(3):297-304.
 
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