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Terpentinöl



Dieser Artikel basiert auf einem Text aus Merck's Warenlexikon


Terpentinöl (Terpentingeist, lat. Oleum terebinthinae, frz. Essence de térébenthine, engl. Turpentine oil) wird in der Weise gewonnen, dass man Terpentin mit Wasser aus eisernen Blasen destilliert, wobei als Rückstand gekochter Terpentin (lat. Terebinthina cocta, s. Resina pini, frz. Résine jaune, engl. Burgundy pitch) oder nach völligem Austreiben des Wassers Kolophonium (s. d.) hinterbleibt. Das übergegangene Öl wird nach erfolgter Schichtentrennung von dem Wasser abgelassen und zur Entfernung mitgerissener Farbstoffe, Harze und Säuren (Ameisensäure) nochmals mit Wasser und etwas Kalk destilliert. Es erscheint dann als eine farblose, leichte und leichtflüchtige, stark riechende und brennend schmeckende Flüssigkeit, die mit rußender Flamme brennt und in Äther, Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Petrolether und 5 - 10 Teilen 90 prozentigen Alkohols, nicht aber in Wasser löslich ist. Das spezifische Gewicht beträgt 0,860 - 0,877, die Siedetemperatur 155 - 165°. Französisches Terpentinöl ist stark linksdrehend, amerikanisches rechtsdrehend, nur ganz vereinzelt finden sich schwach linksdrehende Öle. Beide im übrigen gleichwertigen Öle bestehen aus Gemischen isomerer Terpene (zum allergrößten Teil Pinen), die in flachen Gefäßen an der Luft nur teilweise verdunsten und einen durch Sauerstoffaufnahme veränderten Rest (Dicköl der Porzellanmaler) hinterlassen, schließlich aber zu einem harten durchsichtigen Firnis eintrocknen (verharzen). Auf dieser Eigenschaft beruht die Verwendung des Terpentinöl als Bindemittel für Farben. Terpentinöl löst die meisten Harze, auch Kautschuk, Schwefel und Phosphor, mischt sich mit ätherischen und fetten Ölen und Firnis und wird daher vielfach in der Technik, besonders zur Herstellung von Lacken, zum Verdünnen von Ölfarben und leider zum Verfälschen ätherischer Öle benutzt. Weiter dient es zur Entfernung von Fettflecken und zum Bleichen solcher Stoffe, die Chlor nicht vertragen, beispielsweise Elfenbein. In der Medizin wird es zu reizenden und zerteilenden Einreibungen sowie bisweilen tropfenweise innerlich verordnet. Als Verfälschungsmittel hat man besonders höher siedende Petroleumdestillate, Harz- und Kampferöle beobachtet, die sogar als selbständige Waren unter dem Namen künstliches oder Patent-Terpentinöl (Larixolin, Paintoil) im Handel erscheinen und für manche Zwecke verwendbar sind. Sie verringern aber wegen zu großer Flüchtigkeit die Haltbarkeit der Lackanstriche und haben den Nachteil des üblen Geruchs und der Feuergefährlichkeit. Zu ihrem Nachweise genügt die Bestimmung des spez. Gew., des Entflammungspunktes und besonders der Refraktion.

Da die Einfuhr von amerikanischem und französischem Terpentinöl in den letzten Jahren den Bedarf nicht decken konnte und eine ungewöhnliche Preissteigerung die Folge war, die Schwierigkeiten im Laufe des Krieges durch die mangelnden Zufuhren naturgemäß noch zunahmen, sind in Deutschland und Österreich zahlreiche Versuche zur Steigerung der eigenen Erzeugung gemacht worden. Die Einführung des Flaschenverfahrens zur Gewinnung des Harzes und die Extraktion des Kiefern- (Stubben-) Holzes haben die inländischen Ertragsziffern zwar bedeutend erhöht, es erscheint aber zweifelhaft, dass der ungefähr 300.000 dz betragende Bedarf im Inlande gedeckt werden kann.

Außer dem französischen und amerikanischen Terpentinöl ist das deutsche (russisch-polnische) Terpentinöl, das richtiger als Kienöl (lat. oleum pini, seu terebinthinae germanicum, frz. Essence de pin, engl. pine oil) bezeichnet wird, eine wichtige Handelsware. Es wird bei der Teerschwelerei aus dem Wurzelholze der Wald-Kiefer, Pinus silvestris, gewonnen, zeigt eine gelbliche Farbe, sowie ziemlich starken, unangenehmen Geruch und trocknet nicht so schnell wie amerikanisches oder französisches Terpentinöl. Das Kienöl ist daher zum Mischen mit Lacken nicht geeignet, für Ölfarben nur, wenn es sich um äußere Anstriche handelt, da sein Geruch zu unangenehm wirkt. Es kommt aus Polen, Ostpreußen und Österreich in den Handel.

Des weiteren seien noch spanisches, griechisches, österreichisches, venetianisches und indisches Terpentinöl als besondere Sorten genannt. Das spanische Terpentinöl stimmt mit dem französischen überein und hat neuerdings an Bedeutung gewonnen. Das griechische Terpentinöl, aus dem Terpentin der Aleppo-Kiefer, Pinus halepensis Miller, ist durch starke Rechtsdrehung ausgezeichnet (etwa +40°). Das österreichische (Neustädter) Terpentinöl stammt von der Schwarzkiefer, Pinus nigra, das venetianische von der Europäischen Lärche Larix decidua und das indische von Pinus longifolia Roxb.. Im Gegensatz zu den übrigen Terpentinölsorten enthält das indische Terpentinöl nur wenig Pinen, dagegen als Hauptbestandteil Sylvestren.

Verwandte Öle

Dem Terpentinöl verwandte Öle sind:

  1. Templin- oder Edeltannenzapfenöl, das aus den Zapfen von Abies alba Mill. (Weißtanne) gewonnen wird (lat. oleum templinum, frz. essence de templinum, engl. templin oil). Als Herkunftsländer kommen die Schweiz und Thüringen in Betracht. Es hat ein spez. Gew. von 0,851 bis 0,870 und eine Drehung von -60 bis -84° und besteht zum größten Teil aus Linkslimonen.
  2. Edeltannennadelöl siehe unter Tannennadelöl.
  3. Latschen- oder Krummholzöl (s. d.).
  4. Fichtennadel- oder Kiefernnadelöl (s. d.).

Diese vier Öle werden mehr in der Parfümerie und als Einreibungsmittel verwandt.

 
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