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Zauberpilz



     

Zauberpilze, Narrische Schwammerl, Psilos, Magic Mushrooms und Shrooms sind umgangssprachliche Bezeichnungen für psychoaktive Pilze. Meist handelt es sich dabei um die psilocybin- bzw. psilocinhaltigen Gattungen der Kahlköpfe (Psilocybe), Risspilze (Inocybe) und Düngerlinge (Panaeolus). Seltener werden ibotensäurehaltige Arten der Wulstlinge (Amanita) so bezeichnet. Es sind mehr als 100 psychoaktiv wirkende Arten weltweit bekannt.

Ein bekannter Pilz ist der Spitzkegelige Kahlkopf (Psilocybe semilanceata), der häufig auf nicht künstlich gedüngten mitteleuropäischen Weiden anzutreffen ist. Zum Kauf (legal oder illegal) werden häufig Kubanische Träuschlinge (Psilocybe cubensis) angeboten.

Inhaltsverzeichnis

Wirkung

Neben den hauptsächlich wirkenden Tryptaminen Psilocybin und Psilocin enthalten Psilocybin-Pilze oft auch Baeocystin und Norbaeocystin. Die halluzinogene Wirkung ähnelt derjenigen von LSD, ist aber von kürzerer Dauer. Sie tritt je nach Pilzart und -menge zwischen 10 und 120 Minuten nach der Einnahme auf. Der Rausch erreicht seinen Höhepunkt nach 1,5 bis 3 Stunden. Die Gesamtwirkungsdauer beträgt in etwa 6 Stunden.

In Kombination mit Monoaminooxidase-Hemmern kommt es zu einer komplexeren Wechselwirkung, die die Aspekte Verstärkung und Verlängerung beinhaltet. MAO-Hemmer blockieren das Enzym Monoaminooxidase, welches Amine mittels oxidativer Desaminierung im Körper abbaut. Es gibt reversible und irreversible Hemmer. Reversible Hemmer wie Harmalin sind generell risikoärmer als irreversible, da erstgenannte mit einer Halbwertszeit von einigen Stunden aus dem Körper ausgeschieden werden und mit der Ausscheidung die normale Enzym-Funktion wieder hergestellt ist. Irreversible Hemmer (früher in der Psychiatrie als Antidepressiva verwendet) zerstören das Enzym, so dass der Körper es erst wieder neu bilden muss und daher der Abbau der Amine für längere Zeit eingeschränkt ist. Das kann zu toxischen Erscheinungen führen (s.a. Serotonin-Syndrom). Daher muss bei der Einnahme von Monoaminooxidase-Hemmern eine strikte Diät eingehalten werden, da viele ansonsten ungefährliche Lebensmittel (reifer Käse, Fisch, Kakao etc.) eine toxische Wirkung entfalten.

Geschichte

Die ersten Hinweise auf einen Gebrauch von Zauberpilzen entstanden circa 9000–7000 v. Chr. In der Tassiliebene im heutigen Algerien wurden Felszeichnungen entdeckt, die maskierte, mit Pilzen bedeckte „Götter“ zeigten. Das erste schriftliche Zeugnis einer Nutzung der Zauberpilze ist das Buch Historia general de las cosas de Nueva España von Bernardino de Sahagún.

Die in Mittelamerika vorkommenden Arten (beispielsweise Psilocybe cubensis oder Psilocybe mexicana) wurden und werden noch immer in schamanistischen Ritualen verwendet. Psilocybe cubensis wurde wahrscheinlich erst mit dem Dung der Haustiere der spanischen Eroberer eingeschleppt, was sich auch in der häufigen Ablehnung der Indianer hinsichtlich der Verwendung des Pilzes zeigt. Auf Nordsumatra rund um den Tobasee werden Zauberpilze von den Batak rituell verwendet. Der Zauberpilz wird indianisch "Teonanacatl" genannt, "Fleisch der Götter".

Am bekanntesten ist die schamanische Nutzung von Zauberpilzen in Lateinamerika. Diese Nutzung wurde 1953 vom Ehepaar Valentina und Richard Gordon Wasson in Mexiko entdeckt. Vorher wurde den Zauberpilzen nicht viel Aufmerksamkeit gewidmet, die Wirkstoffe in den Zauberpilzen (hauptsächlich Psilocybin und Psilocin) waren nicht bekannt und viele hielten die Existenz vieler psychoaktiver Pilzarten für unwahrscheinlich oder einen Mythos. Heute sind über 100 psychoaktive Arten rund um die Welt mit Ausnahme der Trockengebiete und der Eisgebiete bekannt. Ihre Erforschung ging von den Mykologen und Chemikern Wasson, Heim, Albert Hofmann, R. Singer und G. Guzman aus. In den letzten 20 Jahren publizierte J.Gartz die meisten Arbeiten zur Chemie der Pilze in führenden botanischen Zeitschriften. Weitere Publizisten zur Mykologie und Ethnobotanik sind P. Stamets, J. Ott sowie G. Samorini mit einer großen Anzahl Artikeln und mehreren Büchern.

Fliegenpilze wurden zum Beispiel bei germanischen Völkern und bei den Korjaken für Vorausdeutungen, die Kontaktaufnahme mit Ahnen und Geistern und das Reisen in fremde Welten benutzt.

Abhängigkeitspotential

Eine Sucht, die aus körperlichen Entzugsymptomen resultiert, ist nicht bekannt. Auch das Risiko einer psychischen Abhängigkeit ist eher gering, da Pilzkonsum kaum zur Problemverdrängung geeignet ist und eine depressive Grundstimmung (vgl. Set und Setting) – ganz im Gegenteil – Horrortrips auslösen kann und daher Pilzkonsum kontraindiziert. Des Weiteren wird der Rausch meist als psychisch und physisch sehr anstrengend beschrieben. Im Allgemeinen hat der Konsument direkt im Anschluss an die Erfahrung kein Bedürfnis nach einem weiteren Trip, sondern eher nach Ruhe, Erholung und Verarbeitung des Erlebten. Die äußersten Glücksgefühle, die man während eines positiven Trips erlebt, stellen jedoch für den Konsumenten einen starken Anreiz dar, weitere Rauscherfahrungen zu erleben. Im Regelfall erlebt der Pilzkonsument aber irgendwann einen „schlechten Trip“, der ebenso intensive, negative Gefühle auslöst wie der „gute Trip“ euphorisierende. Der Bewusstseinsforscher Ronald Siegel beschrieb 1981, als Sachverständiger der WHO, dass Konsumenten die Pilze im Durchschnitt höchstens zehnmal nahmen, und dies in Abständen von mehreren Wochen.[1]

Psilocybin-Konsum bildet beim Konsum von Pilzen an mehreren Tagen hintereinander eine Toleranz aus, diese verschwindet jedoch nach einigen Tagen wieder. Eine physische (körperliche) Abhängigkeit bei regelmäßigem Konsum von Psilocybin ist nicht beschrieben, eine psychische Abhängigkeit kann aber prinzipiell nicht ausgeschlossen werden.[2]

Gefahren

Die Stärke eines Trips auf Pilzen sollte nicht unterschätzt werden. Aus der völlig veränderten Wahrnehmung der Umwelt können im Psilocybinrausch für den Konsumenten Risiken entstehen, z.B. die falsche Einschätzung von Gefahren beim Überqueren stärker befahrener Straßen oder beim Lenken eines Fahrzeugs. Man sollte sich daher in einem möglichst sicheren Setting befinden.

Bei Aufnahme größerer Pilzmengen kann eine Verkennung der Umgebung mit Angst eintreten (sog. Horrortrip), die in der Regel nach ca. 5 Stunden abklingt und fast immer unproblematisch endet. Durch ein angenehmes Setting sowie durch geeignete Ablenkungen kann das Risiko eines Horrortrips gesenkt werden. Doch existieren auch Einzelfallberichte, wonach der Konsum von Pilzen zu länger anhaltenden, unerwünschten Wahrnehmungsstörungen führte (HPPD, siehe auch Flashbacks), die in Intensität, Frequenz und Dauer unterschiedlich beschrieben werden. Berichtet wurde von Gesamtzeiträumen wiederkehrender Flashbacks von mehreren Monaten, in einigen Fällen bis zu 5 Jahren. Grundsätzlich besteht die Gefahr der Aktivierung einer latent vorhandenen Psychose. Bei gesunden Personen gilt der Konsum von Psilocybin allerdings als weitgehend ungefährlich: Der Schweizer Neurologe Roland Fischer fand vor 30 Jahren bei reinem Psilocybin bei seinen Versuchspersonen nur sehr seltene und milde Langzeitreaktionen, die keine Beinträchtigungen im Alltag erzeugten. Dies ist auch der Grund dafür, dass im Jahr 2006 erstmals seit den 60er Jahren wieder klinische Tests mit Psilocybin an freiwilligen Versuchspersonen genehmigt wurden. Diese wurden an der Johns Hopkins University unter Leitung von Roland R. Griffiths durchgeführt und führten zu keinen negativen Ergebnissen.[3] Ähnliche Langzeitnebenwirkungen wie die bei Zauberpilzen beschriebenen können auch bei einzelnen Therapieformen der Schulmedizin auftreten.[1]

Unabhängig vom psychischen Gefahrenpotential kann eine physische toxische Wirkung derzeit nicht belegt werden. Die Ergebnisse vieler zu dieser Problematik in Auftrag gegebener Studien bestätigen eine solche nicht.[4]

Rechtliche Aspekte

In Deutschland sind die Wirkstoffe Psilocybin und Psilocin als nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel in Anlage 1[5] des Betäubungsmittelgesetzes erfasst. Besitz von und Handel mit diesen Pilzen sind daher, unabhängig von zum Beispiel ihrem Trocknungsgrad oder dem Zweck des Besitzes (mit eng begrenzten Ausnahmen, beispielsweise zum Zweck pilzkundlicher Sammlungen), in Deutschland strafbar. Irrtümliches Sammeln kann straffrei bleiben und ist beim gleichzeitigen Vorliegen von Speisepilzen und einer schlechten Pilzkenntnis des Sammlers auch nicht anders zu interpretieren. So sind in den Jahren ab 1980 und besonders nach 1995 mehrere irrtümliche Vergiftungen in Mittel-und Süddeutschland vorgekommen, bei denen besonders Psilocybe cyanescens spontan im Garten auf Holzresten wuchs und sowohl für den Hallimasch als auch für den Kulturträuschling gehalten wurde.

Im Widerspruch dazu steht ein Spruch des Oberlandesgerichts Koblenz vom 15. März 2006, nach dem Pilze in keiner Form durch das BtMG erfasst und somit sowohl in trockenem als auch in frischem Zustand legal sind.[6] Dieses Urteil bezieht sich allerdings nur auf die Fassung des BtMG vor der letzten Änderung im Frühling 2005.

Mit Urteil vom 25. Oktober 2006 hat der Bundesgerichtshof unter Az. 1 Str 384/ 06 das Revisionsurteil des Koblenzer Oberlandesgerichtes aufgehoben. [1]

Auf Unwissenheit oder Unkenntnis des BtMG bei einer Bestellung oder Kauf von „Frischpilzen“ in den Niederlanden kann sich auch kein potentieller Konsument herausreden. Zwar sind psilocybinhaltige Pilze aus den Niederlanden dort in frischem Zustand als Lebensmittel zugelassen, frei handelbar und käuflich. Durch Artikel 28 und 29 EG-Vertrags könnte man eine EU-weite Handelsfreiheit annehmen. Doch diese lässt sich durch den Widerspruch mit nationalen Gesetzgebungen nicht eindeutig herleiten, zumal Artikel 30 des EG-Vertrags Ausnahmen von der Freizügigkeit unter anderem zum Schutz der Gesundheit der Menschen zulässt.

Verbreitung

Psychoaktive Pilze sind auf der ganzen Welt verbreitet. Im Spätsommer und Herbst sind sie auch in Deutschland und in den Nachbarländern zu finden. Am häufigsten kommen wahrscheinlich der Spitzkegelige Kahlkopf und der Fliegenpilz in Deutschland vor. Jedoch breitete sich die sehr potente und große Psilocybe cyanescens auf Holzresten in den letzten 15 Jahren stark aus und ist lokal in Massen zu finden, wie z.B. in Mitteldeutschland. Ihre starke Blauverfärbung bei Druck und im Alter ist für den Pilz sehr charakteristisch und sonst in Europa nur noch bei den Röhrlingen zu finden, die jedoch inaktiv sind. Beim Sammeln von Pilzen der Gattung Psilocybe sollte man gut vertraut mit der Identifikation dieser Pilzgattung sein und Bücher zur Pilzidentifikation besitzen, denn Psilocybe-Pilze können verhältnismäßig leicht mit anderen Arten verwechselt werden.

Quellen

  1. a b Jochen Gartz: Narrenschwämme – Psychotrope Pilze in Europa, Nachtschatten-Verlag, Solothurn, 1999
  2. Uni Bonn
  3. News der Johns Hopkins Uni, Science News
  4. CAM Studie, deutsche Übersetzung (PDF)
  5. Anlage I des BtMG von 1981
  6. OLG Koblenz, Urteil vom 15. März 2006, Az. 1 Ss 341/05

Literatur

  • Jochen Gartz: Halluzinogene in historischen Schriften- Eine Anthologie von 1913–1968, Nachtschatten-Verlag, Solothurnm 1999
  • Gastón Guzman: The Genus Psilocybe, Gossmann, Kassel 2000, ISBN 3-76825-474-7
  • Christian Rätsch, Roger Liggenstorfer: Pilze der Götter, AT Verlag, 1996m ISBN 3-85502-627-0
  • Bert Marco Schuldes, Sam Lanceata: Das Pilz-Zuchtbuch, Grüne Kraft, 1999, ISBN 3-93044-238-8
  • Paul Stamets: Psilocybinpilze der Welt, AT Verlag, 1999m ISBN 3-85502-607-6
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