Sonnenschutz ganz ohne Jalousien

Fensterglas mit besonderen Eigenschaften: Pilotprojekt in Zusammenarbeit mit BASF gestartet

11.05.2018 - Schweiz

Sommer. Blauer Himmel. Sonnenschein. Doch davon bekommt man im Büro oder in den eigenen vier Wänden nicht viel mit, denn die Jalousien versperren die Sicht, damit die Hitze draussen bleibt. Dieses Szenario könnte bald passé sein, denn Forschende der EPFL arbeiten mit Unterstützung der Empa an einem Fensterglas, das im Sommer die Hitze abhält und gleichzeitig den freien Blick nach draussen erlaubt.

MichaelGaida, pixabay.com, CC0

ensterglas, das Licht optimal weiterleitet, aber Wärme zurückhält: ein Traum vieler Architekten (Symbolbild).

Je nach Saison müssen Fenster einen anderen Zweck erfüllen, um für ausreichend Komfort in Büroräumlichkeiten und Wohnungen zu sorgen. Im Sommer sollen sie Wärme fernhalten und das Blenden durch die Sonne verhindern und im Winter das wenige Licht optimal im Raum verteilen. Ein Team unter der Leitung von Andreas Schüler vom Labor für Sonnenenergie und Bauphysik der EPFL hat vor kurzem ein Fenster entwickelt, das diese Kriterien allesamt erfüllt. Zusammen mit Empa-Forschenden um Patrik Hoffmann von der Abteilung «Advanced Materials Processing» in Thun wird zurzeit an deren Herstellung gearbeitet – wodurch Sonnenjalousien bald überflüssig werden könnten. Das saisonale Fensterglas verringert die sommerliche Überhitzung und Blendung in Gebäuden und sorgt im Winter für einen hohen Solarenergie- und Tageslichteintrag. Das alles, ohne die Sicht nach draussen durch Abblendung oder Jalousien zu beeinträchtigen.

Pilotprojekt gestartet

Jing Gong, Doktorandin an der EPFL, nutzte die hochkomplexe Laseranlage der Empa in Thun, um mit dem Präzisionslaser eine so genannte Masterform mit mikrostrukturierter Oberfläche herzustellen. In diese Mikrorillen werden im Anschluss Mikrospiegel aufgedampft und in einem Polymerfilm verkapselt. Dieser Film lässt sich dann bequem in eine herkömmliche Doppelverglasung einfügen. Die Anordnung von so genannten Lichtsammellinsen («Compound Parabol Concentrator», CPC) kommen dabei zum Einsatz, um das Sonnenlicht mit geringer Einschränkung der Sichtverhältnisse optimal zu reflektieren. Während im Labor erste Prototypen entstanden sind, arbeiten die Forschenden bereits an einem Up-Scaling. In einem Pilotprojekt in Zusammenarbeit mit BASF Schweiz arbeitet das Team an einem Herstellungsprozess, der es erlauben sollte, die aus Millionen von Mikrospiegeln bestehende Fensterglasbeschichtung hoch präzise, rasch und kostengünstig zu produzieren. Dies stellt wegen der sehr hohen optischen Qualitätsanforderungen eine grosse Herausforderung dar. Ein nächster Schritt soll dann zeigen, ob das Glas den Alltagstest besteht. Die Fensterscheiben werden im NEST-Gebäude auf dem Empa-Campus in Dübendorf in der Solace-Unit der EPFL eingebaut.

Energiesparend und bessere Lichtverteilung

Das neuartige Fensterglas bietet dabei zahlreiche Vorteile, wie die Forscher in einer ersten Abschätzung bestätigen. «Das Glas kann den Verbrauch an thermischer Energie aus Heizung oder Klimaanlage um 10 bis 20 Prozent senken», so Hoffmann. Dabei könne in Zukunft in vielen Fällen auf Fensterjalousien verzichtet werden. Auch soll sich das Licht gleichmässiger im Raum verteilen. In ihrer Forschungsarbeit konnten die Forschenden darlegen, dass die Idee funktioniert. Die Tageslicht-Autonomie wird dabei erheblich erhöht. Bei einem Lichteinfall von bereits 60 Grad leiten die Prototypen bereits 80% des Lichts um – in nahezu horizontaler Richtung. Das führt dazu, dass auch hinterste Ecken eines Büros oder einer Wohnung besser ausgeleuchtet werden, was vor allem im Winter – bei düstereren Lichtverhältnissen – das Wohnklima positiv beeinflussen kann. Ebenfalls bleibt die Scheibe dabei transparent, die Durchsicht wird nicht verändert.

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