Mehr Reichweite für Elektrofahrzeuge: Traktionsbatterie speichert thermische Energie

Leicht, sicher und großserientauglich

15.10.2018 - Deutschland

In Zeiten anstehender Fahrverbote werden batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) immer interessanter. Deren Reichweite schwangt jedoch vor allem bei niedrigen Umgebungstemperaturen. Innerhalb des EU-Projekts OPTEMUS wurden eine Vielzahl effizienzsteigernder Technologien entwickelt, um so insbesondere die Reichweitenschwankung des Elektrofahrzeugs Fiat 500e zu reduzieren. Dazu gehört eine thermisch speicherfähige Traktionsbatterie, die das Fraunhofer LBF maßgeblich mit entworfen hat. Im Mittelpunkt steht ein neuartiges Faserverbund-Sandwich-Batteriegehäuse, welches die in einem Phasenwechselmaterial-Verbundsystem (PCM-Verbund) gespeicherte Wärmeenergie zur Umgebung thermisch abschirmt.

Grafik: Fraunhofer LBF

Ein neuartiger Phasenwechselmaterialverbund wird durch ein isolierendes Sandwich-Gehäuse thermisch von der Umgebung entkoppelt.

Das vom Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF im EU-Projekt OPTEMUS (Optimised Energy Management and Use) entwickelte Phasenwechselmaterial-Verbundsystem kann beispielsweise genutzt werden, um bei kaltem Wetter die temperatursensitiven Batteriezellen vor dem Start gezielt vorzukonditionieren und sie weiterhin mithilfe des thermisch isolierenden Gehäuses länger bei dieser optimalen Betriebstemperatur zu halten. Eine aktive Temperierung kann meist vermieden werden. Umgekehrt ist es möglich, kurzfristige, ungewollte Wärmeanstiege der Batterie abzuschwächen, die etwa bei Schnellladevorgängen entstehen können. »Die von uns entwickelten Material-, Struktur- und Prozesstechnologien sichern dem Fahrer eine zuverlässigere und gleichmäßige Reichweite seines batterie-elektrischen Fahrzeugs. Darüber hinaus profitieren Fahrzeugentwickler und Konstrukteure von einer neuen Prozesstechnologie für Funktionsintegration und Leichtbau«, erklärt Felix Weidmann, der am Fraunhofer LBF für das Forschungsprojekt verantwortlich war.

Um den PCM-Verbund von der Umgebung thermisch zu entkoppeln und so besser steuerbar zu machen, entwickelten Wissenschaftler des Fraunhofer LBF ein Verfahren zur Herstellung eines thermisch isolierenden hochfesten Batteriegehäuses. Dieses basiert auf einem schaumspritzgegossenen integralen Polymerschaum (SABIC® PP15T1020), welcher mithilfe des hybriden Fertigungsverfahrens beanspruchungsgerecht lokal mit hochfesten thermoplastischen Faser-Kunststoff-Verbunden (TP-FKV) verstärkt wird. Hierbei stellt der Schaum die Isolationsfähigkeit sicher. Um verschiedene Polymerschäume hinsichtlich ihrer Schaummorphologien und damit der Isolationsfähigkeit untersuchen und bewerten zu können, entwarfen die Forscher eine Morphologieanalytik, die auf computertomographischen 3D-Aufnahmen basiert.

Da der Polymerschaum nur geringe Festigkeiten sowie Steifigkeiten besitzt, wird dieser mit TP-FKV bedeckt, um die im Betrieb entstehenden Lasten auf die Batterie sicher zu tragen. Hierzu stellten die LBF-Wissenschaftler aus mehreren nur 0,25 Millimeter dünnen unidirektionalen Tapes (UDMAX™ von SABIC) ein Laminat her und verformten dieses dreidimensional, bevor im hybriden Fertigungsverfahren der Integralschaum als Kern zwischen die Laminatdecklagen gespritzt wurde.

Leicht, sicher und großserientauglich

Der daraus entstandene Sandwichaufbau hat mehrere Vorteile: Er besitzt ein hohes Leichtbaupotential und führt zu hohen spezifischen Biegeeigenschaften sowie Schlagfestigkeiten. Darüber hinaus bietet er einen hohen Schutz vor Intrusionsereignissen, welche insbesondere bei Batteriepacks eine große sicherheitstechnische Rolle spielt.

Um der Automotive-Anwendung gerecht zu werden, sind beide Material- und Strukturkonzepte so entwickelt worden, dass sie auch in der Großserie anwendbar sind. So wird beispielsweise die Herstellung des thermisch isolierenden Gehäuses durch ein am Fraunhofer LBF entwickeltes hybrides Schaumspritzgussverfahren realisiert, das es erstmalig ermöglicht, kosteneffizient dreidimensionale FKV-Sandwich-Bauteile in kurzen Taktzeiten bei vergleichsweise niedrigen Materialkosten zu fertigen.

Das OPTEMUS-Projekt wird innerhalb der »Green Vehicle Initiative« im Rahmen von »Horizont 2020« gefördert.

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