Neue Materialien: Wie Polymerpelze selbstorganisiert wachsen

Bedampfen von Flüssigkristallschicht mit reaktionsfähigen Molekülen liefert maßgeschneiderte Nanofasern

19.11.2018 - Deutschland

Von Beschichtungen, die gut haften und sich leicht wieder lösen lassen, bis hin zu hochempfindlichen biologischen Detektoren – Polymerpelze aus feinsten Fasern eignen sich für viele verschiedene Anwendungen. Forscher am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben nun mit Wissenschaftlern in den USA ein kostengünstiges Verfahren entwickelt, um maßgeschneiderte Polymer-Nanofasern auf einer festen Unterlage wachsen zu lassen: Sie bedampfen eine Flüssigkristallschicht mit reaktionsfähigen Molekülen.

Kenneth Cheng, University of Michigan

Nanofasern mit unterschiedlicher Drehrichtung.

Oberflächen mit speziell ausgerichteten feinen Fasern kommen in der Natur häufig vor und übernehmen verschiedene Funktionen, wie Abtasten, Haften und Selbstreinigung. So sitzen an den Füßen von Geckos Millionen von Härchen, die es ihnen ermöglichen, an Oberflächen zu haften und sich ganz schnell wieder von ihnen zu lösen. Die Nachbildung solcher Oberflächen aus synthetischen Materialien eröffnet neue Perspektiven für unterschiedliche Anwendungen. Allerdings sind die bisher verfügbaren Verfahren zur Herstellung von Polymerpelzen auf festen Unterlagen kostenaufwendig. Außerdem lassen sich Größe, Form und Ausrichtung der Fasern bei den konventionellen Methoden nur begrenzt kontrollieren. Zu diesen zählen das Herauspressen aus einer Düse (Extrusion) oder das Herstellen in einem elektrischen Feld (Elektrospinnen).

Forscher am Institut für Funktionelle Grenzflächen (IFG) des KIT sowie an der University of Michigan, der University of Wisconsin-Madison und der Cornell University in Ithaca/New York haben nun ein einfaches und daher kostengünstiges Verfahren entwickelt, das Polymerpelze selbstorganisiert wachsen lässt. In der Zeitschrift Science stellen die Wissenschaftler um Professor Joerg Lahann, Leiter der Abteilung Neue Polymere und Biomaterialien am IFG und Direktor des Biointerfaces Institute der University of Michigan, das neue Verfahren vor: Sie benetzen zunächst einen Träger mit einer dünnen Schicht von Flüssigkristallen – Substanzen, die flüssig sind und zugleich richtungsabhängige Eigenschaften haben und die sonst vor allem für Bildschirme und Anzeigen (Liquid Crystal Displays – LCDs) verwendet werden. Nach dem Aufbringen wird die Flüssigkristallschicht mit aktivierten Molekülen bedampft. Diese reaktiven Monomere durchdringen die flüssigkristalline Schicht und wachsen in Form feiner Fasern vom Substrat her in die Flüssigkeit hinein.

So entstehen Polymer-Nanofasern, die sich in Länge, Durchmesser, Form und Anordnung maßschneidern lassen. Die von ihnen gebildeten komplexen, aber präzise strukturierten Polymerpelze sind für viele verschiedene Anwendungen interessant, vor allem für biologische Detektoren sowie für bioinstruktive Oberflächen, die mit ihrer Umgebung interagieren, und für Beschichtungen mit neuartigen Eigenschaften. Dazu gehören auch Oberflächen mit ähnlichen trocken haftenden Eigenschaften wie Geckofüße, wobei die Haftung bei den Nanofasern auf einer besonderen räumlichen Anordnung der Atome in den Molekülen basiert (Chiralität – Händigkeit).

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