Kunststoffe und Nanopartikel - die perfekte Mischung

07.10.2010 - Deutschland

Leichtbau, Autoindustrie, Elektrotechnik - aus vielen Bereichen sind Kunststoffbauteile nicht mehr wegzudenken. Forscher vermischen die Kunststoffe jetzt mit Kleinstpartikeln und verpassen ihnen so neue Eigenschaften. Flugzeuge könnten dank des Materials zukünftig besser vor Blitzeinschlägen geschützt werden.

Pechschwarze Wolken ziehen am Horizont auf. Ein Flugzeug fliegt in das Gewitter hinein, als plötzlich ein greller Lichtstreifen den Himmel durchzuckt. Flugzeuge, die Schlechtwetterfronten passieren müssen, sind keine Seltenheit. Dabei lauert stets die Gefahr: Blitze. Zwar versuchen Flugzeughersteller, ihre Maschinen gegen Blitzeinschläge zu schützen, aber selbst an Flugzeugen aus Aluminium geht ein Einschlag nicht immer spurlos vorüber. Noch problematischer wird es, wenn Polymerbauteile eingesetzt werden, um Gewicht zu sparen. Dazu gehören vor allem kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe (CFK). Diese leiten elektrischen Strom schlechter als Aluminium.

Am Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM in Bremen haben Forscher nun ein Verfahren für die Herstellung neuer Werkstoffe entwickelt, das Flugzeuge vor Blitzeinschlägen besser schützen soll. Dabei setzen sie auf die einzigartigen Materialeigenschaften von Kohlenstoff-Nanoröhren, kurz CNTs (Carbon Nanotubes). Sie zeichnen sich durch eine besonders hohe Festigkeit und elektrische Leitfähigkeit aus. Um diese Eigenschaften auf CFK zu übertragen, vermischen die Wissenschaftler die Nanopartikel mit dem Kunststoff. »Indem wir Kleinstpartikel in Kunststoffe einrühren, können wir die Materialeigenschaften des Materials enorm erweitern«, sagt Dr. Uwe Lommatzsch, Projektleiter am IFAM. Dazu gehört neben einer optimierten elektrischen Leitfähigkeit durch CNTs beispielsweise auch eine verbesserte Wärmeableitung durch Metallpartikel.

Der Clou an der Methode ist der Vermischungsprozess: »Die Mikro- oder Nanopartikel müssen sehr homogen und mitunter sehr dicht mit dem Polymer verbunden werden«, erklärt Lommatzsch. Dazu nutzen die Wissenschaftler die Plasmatechnologie: Mit einem Atmosphärenplasma verändern sie die Oberfläche der Partikel derart, dass sie sich chemisch leichter mit dem Polymer verbinden. Eine gepulste Entladung sorgt in einer Reaktionskammer dafür, dass ein reaktives Gas entsteht. »In dieses Atmosphärenplasma sprüht man die Partikel, etwa die Nanoröhrchen, hinein«, erläutert sein Kollege, Dr. Jörg Ihde. Anschließend fallen die Partikel gleich in das jeweilige Lösungsmittel, das für die Weiterverarbeitung des Polymers verwendet werden kann. Nur wenige Sekunden dauert dieser Prozess - ein Vorteil, denn früher hat man CNTs meist nasschemisch in einem Säurebad aufbereitet. Das dauerte Stunden bis Tage, und die Abfallmengen sowie der Verbrauch an Chemikalien waren wesentlich höher.

Neben den verbesserten kohlenstofffaserverstärkten Kunstoffen für den Flugzeugbau haben die IFAM-Forscher gleich mehrere Anwendungen im Visier: »Wir können zum Beispiel die Wärmeableitung von elektrischen Bauelementen erhöhen, indem wir Metallpartikel aus Kupfer oder Aluminium im Plasma elektrisch isolierend beschichten und dann in ein Polymer einrühren«. Dieses kann man auf das elektronische Bauteil drucken, sodass die Wärme direkt abgeführt wird. »Überhitzte Elemente sind in der Elektronikbranche ein sehr großes Problem«, so Ihde. Auch elektromagnetische Verluste können die Forscher reduzieren, indem sie weichmagnetische Partikel wie Eisen in diesem Plasmaprozess beschichten und dann Kunststoffen beimengen. In Elektromotoren verbaut, verringern sie Wirbelstromverluste, und sorgen damit für einen erhöhten Wirkungsgrad und eine längere Lebensdauer. Die Experten zeigen oberflächenmodifizierte Kohlenstoff-Nanoröhren, die sich durch eine stark verbesserte Mischbarkeit mit Lösungsmitteln auszeichnen, vom 27. Oktober bis 3. November auf der Messe K in Düsseldorf.

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