Wie man mit einem Quantenpunkt einzelne Photonen erzeugt

Informationen lassen sich zerstörungsfrei auslesen

18.09.2014 - Deutschland

Einzelne Photonen in einem Quantenpunkt erzeugen und seine Information zerstörungsfrei auslesen: Das ist Bochumer Physikern um Prof. Dr. Andreas Wieck und Dr. Arne Ludwig in Zusammenarbeit mit Kollegen aus Basel gelungen. Ihre Technologie eröffnet neue Wege in der Quanteninformationsverarbeitung und -übertragung, die für künftige Computeranwendungen wegweisend sein können. Gemeinsam mit internationalen Teams gelang es außerdem, die Überlagerung vieler Quantenpunkte zu differenzieren und die Eigenschaften einzelner Quantenpunkte direkt zu messen. Über ihre Arbeit berichten die Forscher in Nature Nanotechnology und Nature Communications.

© Abbildungen: Ruhr-Universität Bochum und Universität Basel

Die Kombination von Nano-Magnetresonanzmikroskopie und Laserspektroskopie erlaubt es, einzelne Quantenpunkte abzubilden. Das linke Bild zeigt einen Halbleiter-Quantenpunkt. Rechts die Probe für die Experimente: Der Quantenpunkt befindet sich im kleinen Loch in der Mitte.

Einzelne Photonen eins nach dem anderen

Alles Licht besteht aus einzelnen Lichtquanten, den Photonen. Bei guter Beleuchtung prasseln etwa 1.000.000.000.000 Photonen pro Sekunde und Quadratzentimeter auf uns ein, die uns zum Beispiel erlauben zu Lesen. „Man kann Photonen aber auch für Datenübertragung und -Verarbeitung nutzen, und dann ist diese riesige Anzahl überflüssig oder sogar störend: Für solche Computeranwendungen ist es viel besser, einzelne Photonen zu haben, und zwar eines kontrolliert nach dem anderen“, erklärt Prof. Wieck. Nur so lässt sich der besondere Quantencharakter von Photonen datentechnisch ausnutzen, der bei einer Überlagerung von riesigen Photonenzahlen verloren wäre.

Quelle sendet Photonen „auf Knopfdruck“

Nötig ist also eine Lichtquelle, die Photonen „auf Knopfdruck“ einzeln herausgibt. Als solche stellen Prof. Andreas Wieck und Dr. Arne Ludwig an der RUB so genannte Quantenpunkte her, die kleiner als Transistoren, aber größer als Atome sind. In diesem Bereich der Nanotechnologie lassen sich einzelne Elektronen mit ihrem Spin (Kreiselverhalten) kontrolliert zu so genannten Quantum Bits (qubits) verbinden und über einzeln ausgesendete Photonen auslesen. Bisherige Verfahren, die eine solche Auslesung versuchten, zerstörten den Informationsgehalt des qubits. Nun ist erstmals die zerstörungsfreie Auslesung gelungen.

Zehn Millionen Mal empfindlicher als MRI

Die von den Bochumer Forschern genutzte Methode ist eine Variation der magnetischen Kernspinresonanz MRI, die im medizinischen Bereich seit Jahren im Einsatz ist und es erlaubt, ohne Eingriff in den Körper zu schauen. Allerdings braucht MRI mit 1016eine sehr große Zahl von Atomen. Das Experiment, das jetzt mit den Bochumer Quantenpunkten an der Universität Basel durchgeführt wurde, kommt mit nur 1000 Atomen aus und ist damit zehn Millionen Mal empfindlicher. Diese enorme Steigerung erreichten Prof. Dr. Richard Warburton und Prof. Dr. Martino Poggio von der Universität Basel durch hochauflösende Laserspektroskopie. Der Laserstrahl polarisiert dabei zunächst die Spins im Quantenpunkt und liest ihre Orientierung dann nach „Umklappen“ durch einen MRI-Magnetpuls mit einer Mikrospule aus. Bei diesem Vorgang werden dann einzelne Photonen „auf Kommando“ ausgesandt.

Einzelne Stimme im vollen Stadion

In einem weiteren Experiment konnte ein Konsortium der RUB, der Universität Dortmund, dem russischen Ioffe-Institut in St. Petersburg und dem National High Magnetic Field Laboratory in Los Alamos, USA die Überlagerung von vielen Quantenpunkten differenzieren und die Eigenschaften einzelner Quantenpunkte direkt messen. „Das ist so, wie wenn man aus dem Gröhlen in einem vollen Fußballstadion einzelne Fanstimmen heraushört und diese in HiFi-Qualität solo aufzeichnen und wieder abspielen kann“, verdeutlicht Prof. Wieck.

Quantenpunkte im Chor

Genau wie man bei Geschrei vieler Menschen gar nichts verstehen kann, wird bei vielen Quantenpunkten nur ein Rauschen gemessen. Einige Quantenpunkte sind aber zufällig gleich und verhalten sich korreliert, das heißt sie senden quasi im Gleichtakt. „Das kann man sich ungefähr so vorstellen, wie wenn einige Fans im Stadion Sichtkontakt haben und sich durch Handzeichen verständigen, im selben Moment genau dasselbe zu rufen“, so Prof. Wieck. Mit geeigneten Filtern kann man dann ihre Stimmen bevorzugt heraushören, was Scott Crooker am National High Magnetic Field Laboratory mit den Quantenpunkten aus Bochum gemacht hat.

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