Was Phosphor im Innersten zusammenhält

Berechnung der Stabilitäten und Kristallstrukturen bekannter und neuer Phosphor Allotrope aus Nanoröhren

18.09.2014 - Deutschland

Was weiße, schwarze und rote Phosphorformen im Innersten zusammenhält – und daran hindert, zu zerfallen, etwa in die heiß begehrten atomar dünnen Netze und Nanodrähte, fanden deutsche Wissenschaftler jetzt durch Modellrechnungen heraus. Wie die Forscher in der Zeitschrift Angewandte Chemie erläutern, spielen schwache Wechselwirkungen zwischen kovalent gebundenen Phosphor-Einheiten (Van-der-Waals-Kräfte), dabei die Schlüsselrolle.

Phosphor kommt in mehreren Modifikationen vor – inzwischen kennt man mehr, als in klassischen Lehrbüchern erwähnt werden. Sie bestehen aus unterschiedlichen molekularen Baueinheiten, die im Feststoff zusammengelagert sind. Da ist zunächst der u.a. in Streichholzköpfen verwendete reaktive weiße Phosphor. Er kommt in drei Kristallformen vor. Allen gemein sind einzelne Tetraeder aus Phosphoratomen, die im Kristall aber verschieden angeordnet sind. Unter Druck und durch eine neue von Tom Nilges (TU München) und Peer Schmidt (BTU Cottbus-Senftenberg) entwickelte Methode wandelt sich weißer Phosphor in reaktionsträgen schwarzen um, die bei Raumtemperatur stabilste Form. Dieser und einer weiteren Hochdruckform gemein sind gewellte Schichten aus Phosphoratomen. Die Aufspaltung in einzelne Schichten zu „Phosphoren“ (ähnlich dem Graphen) ist Gegenstand aktueller Forschung. Erhitzt man weißen Phosphor, wandelt er sich in verschiedene Formen roten Phosphors um. Unter diesen war lange nur die Struktur des violetten Hittorfschen Phosphors bekannt. Dieser besteht aus pentagonalen Nanoröhren kovalent gebundener Phosphoratome. In den letzten Jahren wurden von Arno Pfitzner (Universität Regensburg), Michael Ruck (TU Dresden) und anderen Forschern weitere Formen hergestellt, in denen einzelne und doppelt verknüpfte Phosphor-Nanoröhren vorliegen. Sie fallen in Form faserförmiger roter Kristalle und rötlich-brauner Modifikationen an. Unklar waren bisher die Strukturen der Nanoröhren-Modifikation und die Stabilität der neuen Formen relativ zu den bekannten.

Richard Weihrich, Arno Pfitzner und ihren Kollegen von der Universität Regensburg, der RWTH Aachen, der BTU Cottbus-Senftenberg sowie der TU München ist es jetzt auf Basis der Dichtefunktional-Theorie (DFT) erstmals gelungen, eine komplette Rangfolge der Stabilitäten der kristallinen Phosphor-Modifikationen zu erstellen und die Strukturen neuer Einzelstab-Modifikationen zu bestimmen. Während gängige DFT-Berechnungen zu ungenau waren, erzielten die Forscher durch die Verwendung eines speziellen Korrekturterms eine exzellente Übereinstimmung mit experimentellen Ergebnissen sowie präzise Vorhersagen. Dieser Term berücksichtigt Van-der-Waals-Kräfte, schwache Wechselwirkungen zwischen den Molekülen, Schichten und Röhren der genannten Formen, die damit beim Phosphor eine wesentlich Rolle spielen: „Trotz signifikanter Unterschiede bestehen alle Phosphor-Modifikationen aus kovalenten Substrukturen, die durch Van-der-Waals-Wechselwirkungen zusammengehalten werden“, erläutert Weihrich. „Erstmals lassen sich nun die Stabilitäten auch energetisch sehr ähnlicher Modifikationen umfassend aufklären und Strukturen auf der Basis von van-der-Waals-Wechselwirkungen korrekt vorhersagen. So konnten wir auch die kürzlich entdeckten röhrenförmigen Modifikationen einordnen und die Struktur zuvor unbekannter kristalliner Strukturen von Phosphor-Nanostäbchen vorhersagen.“ Diese schwachen Wechselwirkungen sind für die neue Forschung an Einzel- und Mehrschicht-„Phosphorenen“ sowie für die mögliche Auftrennung einzelner Phosphor-Nanoröhren von großer Bedeutung.

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