Stimmung in der hessischen Chemie gedämpft

14.11.2014 - Deutschland

Für viele Menschen sah es lange so aus, als wäre Deutschland wirtschaftlich eine Insel der Glückseligkeit. Für die Chemieverbände Hessen ist dies aber zunehmend eine "Illusion". Führende Institute korrigieren ihre Erwartungen ebenfalls nach unten. Auf ihrer gemeinsamen Pressekonferenz in Frankfurt stellten der Arbeitgeberverband HessenChemie und der Landesverband Hessen des Verbandes der chemischen Industrie ihre aktuellen Wirtschaftszahlen vor.

"Nach anfänglich guten Zahlen ist die Produktion seit Mai regelrecht eingebrochen und wird im Jahresverlauf in der klassischen Chemieindustrie wieder nicht über das Niveau der Wirtschaftskrise von 2008 hinaus kommen", erklärte Hartmut G. Erlinghagen, Vorstandsvorsitzender von HessenChemie.

Dass die Beschäftigung im Vorjahresvergleich dagegen um 1,1 Prozent gewachsen sei, erklärten die Verbände durch einzelne große Unternehmen, die deutlich Beschäftigung aufgebaut hätten. Erlinghagen warnte jedoch davor, dies als Indiz für gut laufende Geschäfte zu werten. Das Gegenteil sei vielmehr der Fall. "Viele, vor allem kleinere und mittlere Unternehmen, bauen Beschäftigung ab", erklärte Erlinghagen. Er bezieht sich damit auf eine aktuelle Verbandsumfrage, die der Verband unter seinen Mitgliedsunternehmen durchgeführt hat.

Einen Grund dafür sieht Erlinghagen in der schlechten Nachfrage und dem zunehmenden Wettbewerbsdruck. So seien beispielsweise die Gaspreise in Deutschland mehr als drei Mal so hoch wie in den USA. Auch aus diesem Grund ziehe es viele Unternehmen ins Ausland. Als Beispiel nannte Erlinghagen die Investitionen: "Das Investitionsvolumen der deutschen chemisch-pharmazeutischen Industrie im Inland 2012 lag um nahezu 12 Prozent unter seinem Vorkrisenwert aus dem Jahr 2008. Die Direktinvestitionen der Branche in den USA hingegen haben sich im Jahr 2012 gegenüber dem Jahr 2008 um knapp 39 Prozent erhöht."

Auch hinsichtlich der Nachfrage sind die Chemieverbände nicht optimistisch. Über 70 Prozent der Chemieprodukte gehen in den Export. Hiervon entfallen wieder knapp 70 Prozent auf das europäische Ausland. Die EU-Kommission hat ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum in der letzten Woche erst deutlich gesenkt und der Internationale Währungsfonds geht von 0,8 Prozent Wachstum aus. Die Krisen in Russland und der Ukraine, im Nahen und Mittleren Osten beeinträchtigen die restlichen 30 Prozent der Nachfrage. "Unter diesen Umständen wissen wir nicht, woher die Belebung des Exports kommen soll", sagt Erlinghagen.

In der Chemie stehen im Januar wieder Tarifverhandlungen an. Für Erlinghagen muss die Gewerkschaft daher ihre Forderungen der wirtschaftlichen Realität anpassen. "Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Erwartungen für 2014 und 2015 massiv zurückgeschraubt. Diesen Schritt muss auch die IG BCE gehen, wenn sie - bei geringer Inflationsrate - ihre Forderungen für die Chemie-Tarifrunde 2015 diskutiert", so Erlinghagen. "Alle tariflichen Maßnahmen stehen dabei unter Finanzierungsvorbehalt, zudem müssen sie ausreichende Flexibilität für die Unternehmen sicherstellen."

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