Verdrehte Welt – Chemiker bauen molekulares Geländer

14.11.2014 - Schweiz

Chemikern der Universität Basel ist es gelungen, ein Molekül auf eine neuartige Weise zu verdrehen, indem sie unterschiedlich lange Molekülstränge miteinander verbanden. Dabei windet sich der längere Strang wie ein Treppengeländer um eine zentrale Achse, und es entsteht eine spiegelbildliche Struktur, die über besondere physikalischen Eigenschaften verfügt. Die Resultate wurden in der Fachzeitschrift «Angewandte Chemie» veröffentlicht.

University of Basel, Department of Chemistry

Das neue helikale Molekül (rechts) nimmt aufgrund der unterschiedlich langen Stränge (blau und grau) eine räumliche Anordnung ein (schematisiert in der Mitte), die dem Geländer einer Wendeltreppe (links) ähnelt.

Die Chemie aller Stoffe wird zu einem wichtigen Teil von ihrer räumlichen Anordnung bestimmt. Viele Moleküle können in zwei Formen vorkommen, die sich wie die linke Hand zur rechten verhalten. Insbesondere der Organismus unterscheidet sehr spezifisch zwischen links- und rechtshändigen Molekülen – ein Wirkstoff kann beispielsweise in der einen Form äusserst aktiv sein, sein Spiegelbild aber überhaupt nicht. Das fundamentale Verständnis dieser sogenannten Chiralität ist deshalb schon lange ein zentrales Thema der forschenden Chemie.

Verbindung unterschiedlich langer Stränge

Die Wissenschaftler um Prof. Marcel Mayor am Departement Chemie der Universität Basel haben einen neuen Ansatz entwickelt, um eine kleines Molekül in eine Form zu bringen, die dem Geländer einer Wendeltreppe ähnlich ist. Die Verbindung zweier unterschiedlich langer Oligomerstränge führt auf molekularer Ebene dazu, dass sich der längere Strang von selbst um den kürzeren windet, um die Längendiskrepanz auszugleichen.

Dabei entsteht eine Helix mit einer definierten links- oder rechtsdrehenden Laufrichtung und das gesamte Molekül wird händig (chiral). Zudem konnten die Forscher zeigen, dass es dem helixförmigen Molekül auch möglich ist, innerhalb einiger Stunden seine Form dynamisch von linkshändig nach rechtshändig und wieder zurück zu wechseln.

«Nicht nur die strukturelle Schönheit macht dieses Molekül so einzigartig», sagt Mayor, «es ist vor allem ein gänzlich neues Konzept, wie eine solche kontinuierliche Helix aufgebaut werden kann.»

Leistungsfähige Verfahren zur Herstellung chiraler Verbindungen sind sowohl in der Grundlagenforschung als auch in der Industrie von Interesse, beispielsweise zur Untersuchung biologischer Systeme, in der Pflanzenschutzchemie sowie in der Pharma- und Riechstoffindustrie. Das Projekt wurde vom Schweizerischen Nationalfonds gefördert.

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