Neuigkeiten zum Zulassungsverfahren für Stoffe mit besonders besorgniserregenden Eigenschaften

Die SVHC-Roadmap in der Umsetzung

17.11.2014 - Deutschland

Zur Identifizierung von SVHC-Stoffen für das Zulassungsverfahren hat die Europäische Kommission einen Aktionsplan, die so genannte SVHC-Roadmap 2020, entwickelt. Der offizielle Plan zur Implementierung der Roadmap wurde Ende 2013 von der ECHA vorgestellt. Im Rahmen des fünften Fresenius-Anwenderforums „REACH für Praktiker“, das vom 5. bis 6. November 2014 in Düsseldorf stattfand, äußerten sich Vertreter von Behörden und der Industrie zum geplanten (nationalen) Verfahren.

Der nationalen Umsetzung der SVHC-Roadmap nahm sich Dr. Raimund Weiß (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, BAuA) in seinem Vortrag an. Der Implementierungsansatz sehe zwei Schritte vor, begann er. Zunächst erfolge die Auswahl relevanter bzw. regelungsbedürftiger Stoffe, der so genannten HEROs (= Highly Expected Regulatory Outcome), anhand eines Screenings. In einem zweiten Schritt würden in einer RMO-Analyse alle möglichen Risikomanagementoptionen für einen Stoff betrachtet, erklärte Weiß. Die Analyse sei ein hilfreiches Werkzeug zur Abstimmung und Diskussion mit anderen Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission und der ECHA, betonte er. Sie sei ergebnisoffen und diene dem Zweck der Ermittlung der geeignetsten Option. Jeweils nach Auswahl der HEROs und vor Aufnahme von Stoffen in die Kandidatenliste bestehe seitens der Industrie die Möglichkeit zur Kommentierung, zeigte Weiß auf. Er riet dazu, sich insbesondere an den Industriekonsultationen vor Erstellung der RMO-Analyse zu beteiligen und Informationen zu übermitteln, die bis dato nicht im Dossier enthalten seien. Nach der RMO-Analyse seien sechs unterschiedliche Ergebnisse (die Zulassung, eine Beschränkung des Stoffs, eine Stoffbewertung, die Aufnahme des Stoffs auf die Kandidatenliste, keine oder eine andere Maßnahme,) möglich, so Weiß. An die RMO-Analyse knüpfe man hohe Erwartungen, verdeutlichte er. Man wolle einerseits einen Diskurs mit den Mitgliedstaaten erreichen, der dazu führen solle, die relevanten Stoffe mit der erfolgreichsten Risikomanagementstrategie zu regeln. Zum anderen wolle man die Transparenz der Verfahren gegenüber den Betroffenen erhöhen und die Kommunikation mit den beteiligten Unternehmen intensivieren.

Das Verfahren aus Sicht der Industrie

Dr. Volker Soballa, Evonik Industries, äußerte, das beschriebene zweistufige Vorgehen der Roadmap (Screening + RMO-Analyse) sei aus Sicht der Industrie ein guter Ansatz, der nun in der Praxis umgesetzt werden müsse. Ebenso befürworte man den Implementierungsplan der ECHA – insbesondere in Bezug auf die frühzeitige Beteiligung der Industrie bei der Stoffauswahl für das Zulassungsverfahren. Allerdings sehe man an einigen Stellen noch Klärungs- bzw. Verbesserungsbedarf. So sei noch offen, wie die Kommunikation zwischen der Industrie und den Behörden im Detail aussehen werde, wie verbindlich der Ausgang der RMO-Analyse sei oder wie die Behörden in der Zeit bis zu den ersten abgeschlossenen RMO-Analysen vorgehen werden. Soballa betonte, dass die Industrie verpflichtet sei, jetzt qualitativ hochwertige Informationen zu liefern und ihren Beitrag zur Implementierung der SVHC-Roadmap zu leisten. Jedoch müsse sich in der Zukunft erst zeigen, wie die Ziele der Roadmap in die gelebte Praxis umgesetzt werden könnten.

Erwartungen im Einzelnen

Im Verlauf seines Vortrags kam Soballa auch auf die Erwartungen der Industrie an die Implementierung zu sprechen. Er betonte, dass betroffene Unternehmen frühzeitig eingebunden werden müssten, da diese sowohl im Hinblick auf Stoffverwendungen und RMO viel Know-how bereitstellen könnten. Speziell der Dialog mit den Unternehmen vor Fertigstellung der jeweiligen RMO-Analyse sei notwendig, um eventuellen Missverständnissen vorzubeugen und SVHC-Verwendungen, die in der EU nicht von Bedeutung sind, zu identifizieren, so der Experte. Desweiteren spreche sich die Industrie dafür aus, das Risiko eines Stoffs durch seine jeweilige Verwendung zu ermitteln und keine Entscheidungen über Stoffregulierungen nur aufgrund von Gefährlichkeitsmerkmalen zu treffen. Für Stoffe, die sicher gehandhabt würden, bestehe kein Risiko, verdeutlichte Soballa. Man müsse in jedem Fall das bereits bestehende Risikomanagement berücksichtigen, welches Stoffverwendungen bereits seit Jahrzehnten über Arbeits- und Umweltschutz- sowie Verbraucherschutzregelungen reguliere. Er ergänzte, dass für Stoffe, die von verschiedenen Herstellern in unterschiedlichen Reinheitsgraden hergestellt würden, verschiedene Risikomanagementoptionen möglich sein müssten, wenn der Reinheitsgrad ausschlaggebend für die Einstufung nach der CLP-Verordnung sei. Soballa unterstrich außerdem, dass RMO-Analysen verpflichtend sein müssten. Transparente RMO-Analysen und Kommunikation zwischen den betroffenen Unternehmen und der zuständigen Behörde müsse „Best Practice“ werden, so sein Appell. Zudem sollten RMO-Analysen risikobasiert und ergebnisoffen durchgeführt werden – und zwar nach einem Konzept, dass in der EU einheitlich und verbindlich sei. Hierbei müssten das gesamte relevante Spektrum des bereits bestehenden Risikomanagements bis hin zu Optionen über andere REACH-Mechanismen und sonstige EU-Regelungen berücksichtigt werden, gab Soballa zu verstehen. Dies schließe ein, dass auch die Option „kein weiterer Handlungsbedarf“ in der Praxis eine akzeptierte Handlungsoption als Ergebnis einer RMO-Analyse sein müsse. Darüber hinaus erhoffe sich die Industrie, Ausnahmen von der Zulassungspflicht für bestimmte Verwendungen, die fest in den Anhang XIV aufgenommen werden sollten. Abschließend wies Soballa darauf hin, dass es besonders auf einen fairen und transparenten Dialog zwischen den Behörden und der Industrie ankomme. Öffentliche Konsultationen könnten dabei das Gespräch nicht ersetzen, so der Experte.

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