Verhärtete Fronten: In der Chemie-Tarifrunde ist alles offen

26.03.2015 - Deutschland

(dpa-AFX) Im Streit um die Bezahlung der rund 550.000 Beschäftigten in der Chemieindustrie sind die Fronten verhärtet. Die Gewerkschaft IG BCE bezeichnet das Angebot der Arbeitgeber als "Provokation" und forderte am Wochenende ein "ernsthaftes Angebot". Die Arbeitgeber wollen, dass die Gewerkschaft von ihrer "Maximalforderung" abrückt. Die Gespräche verlaufen für Branchenverhältnisse ungewohnt kontrovers. Neun regionale Verhandlungsrunden und zwei zentrale Tarifrunden brachten keine Annäherung. In früheren Jahren gab es einen Abschluss vielfach in der zweiten Runde. Nun trifft sich die Branche zum ersten Mal seit zehn Jahren zur dritten bundesweiten Runde - verhandelt wird am Donnerstag in Stuttgart.

Wie weit liegen die Forderungen auseinander?

Die Arbeitgeber wollen nach zwei sogenannten Leermonaten die Entgelte nur um 1,6 Prozent erhöhen und einen Beitrag in einen Demografie-Fonds einzahlen, mit dem Betriebe etwa Maßnahmen zur Altersvorsorge oder Alterszeitzeit finanzieren können. Das entspräche nach Berechnungen der Gewerkschaft einer tatsächlichen Steigerung von weniger als einem Prozent. Die IG BCE will 4,8 Prozent mehr Geld und will den Fonds für die Absicherung der Altersvorsorge ausbauen.

Wie kommt diese Differenz zustande?

Der Verhandlungsführer der Arbeitgeber, Hans-Carsten Hansen, verweist auf die niedrige Inflation und die stagnierende Produktivität in der Branche. Die Gewerkschaft hält dagegen und spricht von einer robusten Entwicklung auf hohem Niveau.

Wo könnte es eine Annäherung geben?

Die Laufzeit: Für die Arbeitgeber sei es nicht leistbar, eine Erhöhung in einer kurzen Tariflaufzeit zu stemmen, sagt Verhandlungsführer Hansen. Die Gewerkschaft hat ihre Forderung an eine Laufzeit von zwölf Monaten gekoppelt. Die Arbeitgeber fordern dagegen 15 Monaten für den neuen Tarifvertrag.

Was ist aus der Forderung nach einer Drei-Tage-Woche geworden?

Das fällt unter das Thema "Demografie-Fonds". Die Gewerkschaft will Arbeitszeiten "stärker an den unterschiedlichen Lebensphasen orientieren" und damit vor allem ältere Beschäftigte entlasten. Dort hätte sich die Arbeitgeber leicht bewegt, sagte der Verhandlungsführer der Gewerkschaft, Peter Hausmann. Im Herbst hatte die IG BCE unter viel Aufsehen die Drei-Tage-Woche für 60-Jährige gefordert. Zur Sprache kam das allerdings noch nicht: "Über die Drei-Tage-Woche haben wir nicht weiter debattiert", sagt Arbeitgeber-Verhandlungsführer Hansen.

Wäre eine Einigung also möglich?

Arbeitgeber-Verhandlungsführer Hansen will noch nicht über Streiks sprechen. "Wir streben eine Einigung in der dritten Verhandlungsrunde an", sagt er. Es sei nur normal, dass ein Annäherungsprozess bei den weit auseinanderliegenden Forderungen Zeit brauche. Der Verhandlungsführer der Gewerkschaft IG BCE Peter Hausmann, hatte dagegen zuletzt mit einem Platzen der Tarifgespräche gedroht.

Was, wenn die Gespräche scheitern?

Zunächst käme es zu einem Schlichtungsverfahren. Das gab es zuletzt in den Jahren 1994 und zuvor 1987. Zum Streik hatte die Gewerkschaft zum letzten Mal sogar vor 44 Jahren aufgerufen. Scheitert die Schlichtung, würde die Friedenspflicht in den meisten Tarifbezirken schon im April enden. Als letzte Konsequenz wollte IG-BCE-Verhandlungsführer Hausmann einen Arbeitskampf aber nicht ausschließen. Die Mitarbeiter würden bereits geschult, sagte er. Die Arbeitgeber wollen sich darauf noch nicht einlassen: "Wir vertrauen darauf, dass die Gewerkschaft nach 44 Jahren nicht "einfach mal so streikt"", sagt Hansen.

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