Amerika baut ab: Ölpreissturz trifft Förderindustrie ins Mark

02.04.2015 - USA

(dpa-AFX) Riesige Tanklaster, Bulldozer und Schaufelbagger soweit das Auge reicht: Das schwere Gerät gehört eigentlich nicht auf den Hof eines Auktionshauses, sondern auf amerikanische Ölfelder. Doch die Industrie leidet immer heftiger unter dem massiven Ölpreisverfall. Das bedeutet Abbau - von Jobs, Investitionen und Ausrüstung.

Der Notverkauf von Förder-Equipment zieht Schnäppchenjäger an. So zum Beispiel Shawn Kluver, der extra von North Dakota nach Longmont (Colorado) geflogen ist. Die Firma Ritchie Brothers versteigert dort diverse Ausrüstungsgüter, die wegen der gesunkenen Ölpreise auf den Markt kommen. "Alle sagen wir seien verrückt, aber wir hoffen, vom Abschwung zu profitieren", sagte Kluver der Zeitung "USA Today".

Für 142.000 Dollar hat er zwei hydraulische Spezial-Trucks erstanden, die bei der Säuberung von Ölbohranlagen eingesetzt werden. Der Neupreis für eines der Fahrzeuge liegt bei etwa einer halben Million Dollar. Doch die Förderindustrie musste in den vergangenen Monaten massive Abstriche machen, deshalb wechselt das Gerät nun zu Schleuderpreisen den Besitzer.

Die Zahl der US-Bohranlagen ist laut einer Statistik der Ölservicefirma Baker Hughes seit Mitte Oktober um fast 50 Prozent auf zuletzt 813 gesunken. Weil sich der Ölpreis seit Sommer mehr als halbiert hat, rechnet sich die Produktion für viele Firmen nicht mehr. Die US-Industrie ist an dem Preisverfall allerdings selbst alles andere als unschuldig.

Durch Fracking, eine ökologisch umstrittene Fördertechnik, bei der tief lagerndes Schieferöl mit Chemikalien gelöst wird, hatte Amerika die Produktion in den Vorjahren kräftig ausgeweitet. Weil auch andere große Ölstaaten wie Saudi-Arabien ihr Angebot nicht drosseln, schwimmt die Weltwirtschaft in billigem Öl, für das es keine ausreichende Nachfrage gibt - deshalb fallen die Preise.

Fast alle Unternehmen der Branche trifft das ins Mark, wie sich bereits an den letzten Quartalsergebnissen ablesen ließ. Branchenriesen wie Exxon, Chevron oder Shell mussten erhebliche Abstriche beim Gewinn machen. Die größten Dienstleister der Ölindustrie wie die vor der Fusion stehenden Konzerne Halliburton und Baker Hughes oder Schlumberger haben den Abbau tausender Jobs angekündigt.

Einen raschen Anstieg der Ölpreise erwarten die meisten Analysten nicht. Die Internationale Energieagentur (IEA) hat angesichts der anhaltend hohen Ölproduktion in den USA erst kürzlich vor weiter fallenden Ölpreisen gewarnt. Zuletzt erreichten die US-Reserven an Rohöl laut Daten des Energieministeriums ein Rekordhoch von 466,7 Millionen Fässern.

Viele Experten rechnen mit einer anhaltenden Flaute am Ölmarkt. Zu einem wirklich dramatischen Ausverkauf von Ausrüstungsgütern sei es bislang noch gar nicht gekommen, sagte ein Sprecher vom Auktionshaus Ritchie Brothers. Schnäppchenjäger Kluver ist trotzdem glücklich mit seinen ersteigerten Trucks. Früher oder später klopfe die Ölindustrie schon wieder an. "Sie kommt zurück."

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