Konkurrenz wächst: Deutsche Chemiebranche investiert im Ausland

Chemieproduktion in den USA vier Mal günstiger als in Europa

01.07.2015 - Deutschland

Die Unsicherheiten in Folge der deutschen Energiepolitik zeigt bei den deutschen Chemieunternehmen Wirkung. Die Volkswirte des führenden Kreditversicherers Euler Hermes kommen in ihrer aktuellen Branchenstudie zu dem Ergebnis, dass 2015 die Investitionen deutscher Chemiebetriebe im Ausland mit 17% fast sechs Mal so schnell steigen wie in der Bundesrepublik mit lediglich 3%. 2016 klafft das Verhältnis bei den Investitionen noch weiter auseinander mit einem Zuwachs von 1% in Deutschland und 9% im Ausland. Dabei ist das Umfeld für die drittgrößte Exportbranche Deutschlands durch niedrigen Ölpreisen und einem günstigen Euro-Dollar-Wechselkurs derzeit durchaus vorteilhaft.

Deutsche Chemieunternehmen sollten günstige Rahmenbedingungen für Investitionen nutzen

„Die Gewinnmargen deutscher Chemieunternehmen steigen 2015 um 0,5 Prozentpunkte auf 12,6%“, sagte Ludovic Subran, Chefökonom der Euler Hermes Gruppe. „Im Jahr 2009 lag dieser Wert bei 7%. Das zeigt sehr deutlich, dass deutsche Chemieunternehmen mit Investitionen in Forschung und Entwicklung auf das richtige Pferd gesetzt haben. Sie haben ihre Energieeffizienz gesteigert, um so den Wettbewerbsnachteil aufgrund der vergleichsweise hohen Energiekosten zu kompensieren. Gleichzeitig haben sie auch in eine stärkere Spezialisierung investiert und den Anteil an weniger preissensitiven Spezialchemikalien erhöht. So haben die Deutschen ihre Stellung als Exportweltmeister der Branche bis heute verteidigt. Doch die Konkurrenz schläft nicht und die deutschen Chemieunternehmen sollten sich auf diesen Lorbeeren nicht ausruhen, sonst geraten sie schnell ins Hintertreffen. Sie sollten vielmehr den erweiterten Spielraum durch die derzeit günstigen Rahmenbedingungen und steigenden Gewinnmargen für Investitionen nutzen.“

Natürlicher Wettbewerbsvorteil: Chemieproduktion in den USA vier Mal günstiger als in Europa

Durch die niedrigen Ölpreise ist die Herstellung chemischer Erzeugnisse in den USA derzeit vier Mal so günstig wie in Europa. Hinzu kommt die Tatsache, dass Gas als Energiequelle und Öl als Rohstoff  je nach Teilsektor bis zu 85% der gesamten Betriebskosten in der Petrochemie ausmachen, was den natürlichen Wettbewerbsvorteil der amerikanischen Unternehmen in Gänze veranschaulicht. Die amerikanischen Chemieunternehmen haben sich dies zu Nutze gemacht, sie haben rund 150 Milliarden US-Dollar in Ethylen-Produktionsstätten investiert, Arbeitsplätze geschaffen (was seit 1999 nicht mehr der Fall war) und ihre Exporte sukzessive gesteigert über die letzten Jahre. Heute machen Chemieausfuhren bereits 12% aller amerikanischen Exporte aus – und 2015 zählt die Branche abermals zu den Gewinnern, Euler Hermes erwartet einen Zuwachs von 15 Milliarden US-Dollar in 2015, damit liegt der Sektor auf Rang eins, noch vor Maschinen- und Lebensmittelausfuhren.

Deutsche Chemieexporte wachsen – aber weniger stark als die amerikanische Konkurrenz

Die Exporte deutscher Chemieunternehmen wachsen ebenfalls, mit rund 8 Milliarden Euro jedoch weniger stark als die der amerikanischen Wettbewerber. Die Deutschen haben jedoch den Vorteil, dass sie eine hervorragende Marktposition im Premiumsegment haben.

„Die Deutschen Chemiebetriebe profitieren zudem von einem sehr weit entwickelten Exportnetzwerk, das sie sich frühzeitig und über viele Jahre etabliert haben“, sagte Olaf Lipinski, Bereichsleiter Information & Grading bei Euler Hermes. „Sie sind weltweit führend, keine andere Nation liefert in so viele internationale Märkte wie Deutschland. Die hohe Produktqualität und Premiumpositionierung kommt jedoch nicht von ungefähr: Die Deutschen setzen auf Forschung und Entwicklung und umfangreiche After-Sales Dienstleistungen, um trotz der wesentlich höheren Energiepreise wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Produktionsstätten sind weitestgehend integriert – das ermöglicht es ihnen, Abbaustoffe zu recyceln und dadurch gewinnbringend zu nutzen, anstatt zusätzliche Kosten zu verursachen. Neben den Effizienzsteigerungen vor Ort haben sich viele deutsche Chemiekonzerne jedoch auch bereits frühzeitig ein zweites Standbein aufgebaut und in ausländische Betriebsstätten investiert, allein in den USA haben deutsche Firmen in den letzten drei Jahren 8 Milliarden Euro in neue Anlagen investiert.“

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