Außergewöhnliche magnetische Struktur und Spindynamik im magnetoelektrischen Material LiFePO4 entdeckt

11.08.2015 - Deutschland

Ein Team am Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH (HZB) hat die komplexe magnetische Struktur und die darauf basierende Spindynamik in der magnetoelektrischen Substanz LiFePO4 entschlüsselt. Materialien dieser Klasse werden bereits heute in der Sensorik eingesetzt und haben großes Anwendungspotential in der Datenspeicherung sowie der Spintronik.

Mit Experimenten, die an der Neutronenquelle BER II des HZB durchgeführt wurden, identifizierten die Forscher in LiFePO4 einen neuen Zweig im magnetischen Anregungsspektrum und wiesen eine nicht-kollineare magnetische Struktur nach. Sie zeigten, dass die magnetoelektrischen Eigenschaften aufgrund der sogenannten Dzyaloshinsky-Moriya-Wechselwirkung zustande kommen, die durch die Spin-Bahn-Kopplung magnetischer Momente verursacht wird.

LiFePO4 ist ein Modellsystem für die Klasse magnetoelektrischer Materialien. Diese Materialien werden heute bereits in der Sensorik eingesetzt und haben großes Anwendungspotential in der Datenspeicherung und der Spintronik. In magnetoelektrischen Materialien sind Magnetisierung und elektrische Polarisation so miteinander gekoppelt, dass externe magnetische Felder eine elektrische Polarisation induzieren und umgekehrt äußere elektrische Felder zu einer endlichen Magnetisierung führen. Die Kopplung zwischen Magnetisierung und elektrischer Polarisation tritt dann auf, wenn sich kleinste Veränderungen in der Gitterstruktur, an die die elektronische Struktur gekoppelt ist, aufgrund der magnetischen Wechselwirkung auch in der magnetischen Struktur widerspiegeln.

Verkippte magnetische Struktur

Dem HZB-Team um Dr. Rasmus Toft-Petersen ist es nun gelungen, eine winzige Verkippung der magnetischen Momente nachzuweisen, die zur Magnetoelektrizität in dieser Verbindung führt. Die magnetischen Anregungen in der antiferromagnetischen Phase von LiFePO4 wurden an einem Dreiachsenspektrometer für kalte Neutronen vermessen. Durch den Nachweis von zwei Zweigen im Anregungsspektrum gelang es, die komplexen magnetischen Wechselwirkungsparameter genau zu bestimmen und die in diesem System vorhandene starke magnetische Anisotropie zu identifizieren. Das Auftreten von ausgeprägter magnetischer Anisotropie ist typischerweise eine Folge starker Spin-Bahn-Kopplung und trägt erheblich zur Bildung des Grundzustands bei.

Dass die Spin-Bahn-Kopplung eine wesentliche Rolle spielt, konnte durch weitere Experimente am Diffraktometer nachgewiesen werden. In den Messungen gaben schwache magnetische Bragg-Peaks den Hinweis auf eine magnetische Struktur, in der die magnetischen Momente nicht völlig parallel zueinander orientiert sind, sondern geringfügig gegeneinander verkippt sind. Solche Verkippungen können durch die von der Spin-Bahn-Kopplung verursachte Dzyaloshinsky-Moriya-Wechselwirkung entstehen, da sie eine senkrechte Orientierung der Spins gegenüber einer parallelen Ausrichtung bevorzugt.

Modellierung der magnetoelektrischen Eigenschaften

Die Dzyaloshinsky-Moriya-Wechselwirkung ist sehr empfindlich auf die Symmetrie der Kristallstruktur. Legt man an eine Anordnung magnetischer Momente mit verkippter Struktur ein äußeres magnetisches Feld an, ändern sich die Kippwinkel und die mit der Dzyaloshinsky-Moriya-Wechselwirkung verbundene Energie. Das HZB-Team konnte nun zeigen, dass LiFePO4 auf extern angelegte magnetische Felder mit der Verschiebung der Sauerstoffatome reagiert. Dies führt zur Dzyaloshinsky-Moriya-Wechselwirkung, deren Auftreten ohne Magnetfeld aus Symmetriegründen eigentlich verboten ist. Auf Grundlage dieses Modells wurde die Temperaturabhängigkeit der magnetoelektrischen Koeffizienten berechnet, die die lineare Proportionalität zwischen magnetischem Feld und der elektrischen Polarisation beschreiben. „Die berechneten Koeffizienten sind in guter Übereinstimmung mit experimentellen Daten, die wir in der Literatur aus früheren Messungen gefunden haben, und bestätigen damit das Modell“, sagt HZB-Forscher Dr. Rasmus Toft-Petersen.

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