Die weltweit ersten Fotos von Elektronenwolken

25.08.2015 - Deutschland

Die ersten zarten Ringe in grün, gelb und rot auf blauem Grund waren 2013 international eine Sensation unter Physikern. Denn Fotos von Elektronenwolken um Atomkerne galten bis dahin als völlig unmöglich. Rund zehn Jahre benötigte die Gruppe um Prof. Marc Vrakking am Max-Born-Institut (MBI), um die Orbitalstrukturen von  Wasserstoff- und Heliumatomen einzufangen. Inzwischen schmücken die Aufnahmen die ersten Physiklehrbücher.

MBI

Die Feinheiten der Quantenphysik zeigt diese Aufnahme der Interferenzringe eines Heliumatoms.

Grundlagenforschung benötigt Ausdauer. „Am Anfang haben wir mit Xenon-Atomen experimentiert“, erinnert sich Vrakking. Die aber haben insgesamt 54 Elektronen, so dass es zu starken Wechselwirkungen gekommen ist. Er und seine Arbeitsgruppe überlegten sich deshalb einfachere Experimente. „Aus diesem Grund sind wir zum Wasserstoffatom mit nur einem Elektron und später zum Helium mit zwei Elektronen gekommen“, erläutert der Physiker.

In der Welt der Atome gelten die besonderen Gesetze der Quantenmechanik, die Zustände immer mit einer Wellenfunktion beschreibt. Damit können die Physiker entweder die Geschwindigkeit oder den Aufenthaltsort eines Elektrons charakterisieren. Die Fotos der Orbitalwolken, sagt Vrakking, „geben die jeweilige Wahrscheinlichkeitsverteilung des Elektrons bei verschiedenen Energiezuständen wieder, auch wenn wir ein Foto jeweils aus Millionen Elektronen erzeugt haben.“

Vereinfacht dargestellt wird die Energie eines Lasers so eingestellt, dass die einzelnen Lichtteilchen (Photonen) gerade so viel Energie enthalten, um das Elektron vom Atomkern zu trennen. Lediglich 0,1 Prozent der Energie wird an das befreite Elektron als Bewegungsenergie mitgegeben. Diese sogenannten Photoelektronen sind sehr langsam und werden mit Hilfe eines  elektrischen Feldes auf einen Detektor-Schirm gelenkt. Da Elektronen neben der Teilchen- auch eine Wellennatur haben, führt das auf dem Beobachtungsschirm zu einer Reihe von kreisförmigen Interferenzringen. Die bisherigen Experimente haben zwei verschiedene Mechanismen für die Entstehung der Interferenzen ergeben, bei denen sich Wellen verstärken oder abschwächen. Beim Wasserstoff hängt die Interferenz mit der Knotenstruktur der Wellenfunktion zusammen. Bei größeren Atomen kommt eine Interferenz durch die unterschiedliche Weglänge von Elektronen zum Detektor hinzu.

Den MBI-Forschern ist es bei Helium gelungen, die Elektronenkorrelation zu kontrollieren. Bei ausgeschalteter Korrelation verhält sich Helium wie Wasserstoff. Bei eingeschalteter Korrelation hingegen bestimmt die Wechselwirkung zwischen den beiden Elektronen die Dynamik des Ionisationsprozesses. „Die Eigenschaften dieser Elektronen möchten wir so genau wie möglich bestimmen. Dadurch können wir die Wechselwirkung zwischen Atomen und Elektronen verstehen“, sagt Vrakking. Natürlich habe man die Farbcodierung so gewählt, dass es ästhetisch aussieht. Aber: „Die Aufnahmen der Elektronenorbitale sind kein hübscher Nebeneffekt unserer Forschung, sondern das war ganz klar unser Hauptziel.“

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