Letzte bekannte magische Neutronenzahl wird schwächer bei schweren Elementen

08.01.2016 - Deutschland

Einer internationalen Forschergruppe gelang es am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung neue, extrem kurzlebige Atomkerne des Elements Uran zu erzeugen und zu detektieren. Die neuen Daten liefern Schlüsselinformationen zum Verständnis, wie die Anordnung von Protonen und Neutronen in exotischen Atomkernen deren Stabilität beeinflusst. Dies wird verbesserte Vorhersagen für Experimente zur Suche nach neuen superschweren Elementen erlauben.

G. Otto / GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung GmbH

Der Experimentaufbau TASCA.

Protonen und Neutronen werden in individuellen Schalen in Atomkernen angeordnet. Atomkerne mit einer Anzahl, die eine gewisse Protonen- oder Neutronenschale auffüllt, sind stabiler als andere. Für Protonen ist 82 die letzte bekannte dieser sogenannten "magischen" Zahlen, für Neutronen 126. Blei-208 - mit 82 Protonen und 126 Neutronen - besitzt somit den schwersten bisher bekannten doppelt-magischen Kern. Seit Jahrzehnten versuchen Wissenschaftler zu ermitteln, wie viele Protonen die nächste Schale aufzunehmen vermag, deren Abschluss zu einer "Insel der Stabilität" in der Region der superschweren Elemente führen sollte. Aktuelle theoretische Modelle sind sich nach wie vor uneinig: Einige sagen 114 voraus, andere eher 120 oder sogar 126. Element 114 ist zwar bekannt. Davon kann aber nur etwa ein Atom pro Tag produziert und untersucht werden, was für detailliertere Studien nicht ausreicht. Die Elemente 120 und 126 wurden noch nicht entdeckt. Wissenschaftler suchen deshalb anderweitig nach Daten, die eine Verfeinerung der Modelle ermöglichen.

Eine internationale Forschergruppe um Dr. Jadambaa Khuyagbaatar vom Helmholtz-Institut Mainz und dem GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung hat nun untersucht, wie sich dieser letzte bekannte Neutronenschalenabschluss, bei schwereren Elementen verhält. Im Zentrum stand die Frage, ob der stabilisierende Effekt  in diesen zunehmend instabilen Kernen so dominant bleibt, wie in Blei-208. Dazu wurden exotische Atomkerne von Uran erzeugt. In der Natur vorkommendes Uran (z.B. Uran-238) besitzt deutlich mehr als 126 Neutronen, weswegen erst das bisher unbekannte Uran-221 erzeugt werden und auch detaillierte Daten zu Uran-222 gemessen werden mussten. Von diesem Kern waren bisher erst drei Atome in einem Experiment im Jahre 1983 beobachtet worden.

In ihrem Experiment bei GSI bestrahlten die Wissenschaftler eine Folie, auf welche Ytterbium-176 (Element 70) aufgebracht war, mit einem intensiven Titan-50-Ionenstrahl (Element 22). Die vollständige Verschmelzung zweier Atomkerne führte zu Kernen des Urans (Element 92), die im gasgefüllten Separator TASCA isoliert und zu einem Detektionssystem gelenkt wurden, in dem ihr Zerfall gemessen werden konnte. Dies ermöglichte die Untersuchung der Instabilität dieser Kerne, die innerhalb von Mikrosekunden zerfielen. Solch kurze Lebensdauern konnten nur dank eines neuen Datenaufnahmesystems und fortgeschrittenen Techniken zur Datenauswertung gemessen werden. Die Analyse kombinierter Daten von Isotopen von Blei bis hoch zu Uran mit Neutronenzahlen um 126 ergab, dass 126 in Uran keine ausgeprägte magische Zahl mehr zu sein scheint. Diese Ergebnisse können in Modelle eingespeist werden, die Wissenschaftlern bei der Suche nach neuen superschweren Elementen hilft.

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