Durchbruch in der Messtechnik: Neuer Hochleistungslaser könnte Wettervorhersage revolutionieren

14.01.2016 - Deutschland

Wetterprognosen und Klimasimulationen könnten künftig wesentlich genauer werden. Möglich macht das die Lidar-Methode, die weltweit präziseste Technik zur Fernerkundung der Luftfeuchtigkeit und der Temperatur. Mit neuartigen Geräten haben Wetter- und Klimaforscher der Universität Hohenheim der Lidar-Technik zu einem entscheidenden Durchbruch verholfen. In den Hohenheimer Systemen kommt die neueste Hochleistungslaser-Technologie zur Anwendung. Ein internationales Forscherteam hat jetzt verschiedene Methoden zur Fernerkundung miteinander verglichen. Das Ergebnis: Die Hohenheimer Lidar-Systeme messen Wasserdampf und Temperatur in den unteren Atmosphärenschichten genauer und mit höherer Auflösung als alle anderen Systeme. Auch die Klimaforschung kann von der neuen Technik profitieren.

Universität Hohenheim

Abtastung eines Wasserdampffeldes

Diese Studie zeigt, dass noch heute dramatische Lücken in der Messung der Verteilung der Luftfeuchtigkeit und der Temperaturen in den unteren Atmosphärenschichten (bis zu 2-3 km Höhe) herrschen und damit die Qualität von Wettervorhersagen und Klimasimulationen deutlich beschränken.

Doch ganze Branchen sind von ihm abhängig: Der Wetterbericht entscheidet, ob der Bauer aufs Feld fährt, die Baustelle pausiert oder das Open-Air-Konzert stattfindet. Leider kann das öfters unliebsame Überraschungen geben.

Das soll sich künftig ändern – mit den neuen Lidar (Light Detection and Ranging)-Systemen, entwickelt von Wetter- und Klimaexperten der Universität Hohenheim. „Lidar wird die Wettervorhersage revolutionieren“, ist Prof. Dr. Volker Wulfmeyer, Leiter des Instituts für Physik und Meteorologie, überzeugt. „Vor allem bezüglich Genauigkeit und Vorhersagezeitraum kann diese Fernerkundungsmethode entscheidende Verbesserungen bringen.“

Ein internationales Forscherteam hat verschiedene Messtechniken miteinander verglichen. „Die Lidar-Systeme der Universität Hohenheim zur Wasserdampf- und Temperaturmessung zählen weltweit zu den am höchsten entwickelten bodengebundenen Systemen zur Erstellung von thermodynamischen Profilen“, bestätigt Dr. David D. Turner vom National Severe Storms Laboratory in den USA als einer der Koautoren der Studie.

Lidar-System schließt Daten-Lücken

Will man den Wasser- und Energiekreislauf im Erdsystem besser verstehen, sind möglichst genaue Darstellungen von Wasserdampf- und Temperaturprofilen in der unteren Troposphäre elementar. Fernerkundung liefert bereits heute wichtige Daten. „Diese sind jedoch noch recht ungenau“, bemängelt Prof. Dr. Wulfmeyer. „Besonders die Daten in Bodennähe lassen sehr zu wünschen übrig, Profile können praktisch noch nicht erstellt werden.“

„Es ist kaum zu glauben, wie lückenhaft unser Wissen über die Temperatur- und Feuchteverteilung in der Region ist“, so der Experte. „Man muss diesen Bereich noch heute als Terra Incognita bezeichnen. Dieses mangelhafte Wissen behindert elementar Fortschritte in der Qualität von Wettervorhersagen und Klimasimulationen.“

Diese Lücken konnten die Forscher mit Lidar schließen. Der Laser sendet einen kurzen Impuls in die Atmosphäre aus und analysiert dann das zurückgestreute Licht. Um Informationen über die Temperatur zu erhalten, arbeiten die Forscher im nicht sichtbaren UV-Bereich, zur Wasserdampf-Messung schickt Lidar einen infraroten Laserstrahl gen Himmel. Die Laufzeit der Signale lässt auf die Entfernung schließen. Die Signale sind so stark, dass innerhalb von Sekunden genaue Profile bis zu einer Höhe von mehreren Kilometern gemessen werden können.

Lidar-System bringt auch der Klimaforschung Vorteile

Eine Besonderheit der Hohenheimer Methode besteht darin, dass sie auch dreidimensionale Darstellungen ermöglicht. „Dafür wird der Laser wie ein Radar während des Messvorgangs gekippt“, erläutert Prof. Dr. Wulfmeyer. „Ohne diese Technik erhält man nur Informationen aus dem Teil der Atmosphäre, der senkrecht über dem Laser steht. Mit unserer Messung legen wir dagegen einen kompletten Schnitt von mehreren Quadratkilometern über die Landschaft.“ Und das sei besonders für die Entwicklung besserer Wettervorhersagemodelle interessant.

Koautor Dr. Turner bestätigt: “Einige hochentwickelte Lidar-Systeme haben über 10 Jahre lang Daten zu Wasserdampf und Temperatur gesammelt. Dazu zählt auch der Wasserdampf-Lidar, den wir im ‚Atmospheric Radiation Measurement‘-Programm verwenden. Diese Systeme sammeln jedoch nur Daten der direkt darüber befindlichen Luftsäule. Ein Alleinstellungsmerkmal der Hohenheimer Lidar-Systeme ist ihre Fähigkeit, mit Hilfe eines Scanners Temperatur und Wasserdampf in allen drei Dimensionen zu messen."

Doch der Anwendungsbereich der neuen Technik beschränkt sich nicht nur auf die Wettervorhersage, sie ist für die Klimaforschung gleichermaßen von Bedeutung. „Modelle sind nur so gut wie die Daten, die für ihre Überprüfung genutzt werden“, so Prof. Dr. Wulfmeyer. „Klimamodelle haben immer noch ein Problem mit der Darstellung der Luftfeuchtigkeits- und Temperaturfelder nahe am Boden, sie müssen präziser werden. Diese Verbesserung ist auch entscheidend für eine genauere Simulation von Wolken und Niederschlag inklusive extremer Ereignisse.“

Dr. R. Michael Hardesty von der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) in Colorado/USA, ebenfalls Mitautor der Studie, erläutert: “Die Hohenheimer Lidar-Systeme gehören zu den weltweit ersten, deren Genauigkeit und Auflösung ausreicht, um Turbulenzmessungen durchzuführen und die neue Generation von hochauflösenden Wetter- und Klima-Modellen zu verifizieren. Ihre Auflösung ist mit der von handelsüblichen Doppler Lidar-Systemen für Windmessungen vergleichbar."

Lidar-System bereit für den Praxis-Einsatz

Nun bleibt für das Lidar-System der Sprung in die Praxis. „Die Technik ist praxisreif und kann jetzt kommerzialisiert werden“, so Prof. Dr. Wulfmeyer zum Stand der Dinge. Er wünscht sich ein möglichst dichtes Netzwerk an kompakten und permanent messenden Lidar-Systeme mit der neuen Hochleistungslasertechnologie in der Hand der Wetterdienste: „20 Systeme wären für den Anfang schon recht gut.“

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