Crop Grouping und CAGs: Gruppierungsmethoden bei der Erforschung der Lebensmittelsicherheit auf dem Vormarsch

Aktueller Stand zur Festlegung von Rückstandshöchstgehalten und der Durchführung kumulativer Risikobewertungen

16.03.2016 - Deutschland

Was für Auswirkungen haben Chemikalien in Lebensmitteln und wie hoch darf ihr Gehalt maximal sein, ohne dass gesundheitliche Folgen für den Menschen zu befürchten sind? Um diese Fragen drehte sich die jährliche internationale Konferenz „Food Safety and Dietary Risk Assessment“ der Akademie Fresenius. Wie schon im Vorjahr stand auch 2016 das Thema Harmonisierung ganz oben auf der Agenda der Veranstaltung.

Die OECD hat 2008 eine Arbeitsgruppe zur Harmonisierung der Berechnung von Rückstandshöchstgehalten (MRLs) gegründet. Ein entsprechendes Berechnungstool wurde 2010 verfügbar gemacht. Zwar hat dieses bereits entscheidend dazu beigetragen, eine einheitliche Methodik zur Einführung von MRLs in den OECD-Mitgliedstaaten zu etablieren, doch bleibt nach wie vor auf diesem Gebiet noch vieles zu tun. So stellt sich z.B. nach wie vor die Frage, wie bedeutend geographische Zonen und klimatische Unterschiede hinsichtlich der Konzentration von Pestizidrückständen bei der Definition von Höchstgehalten sind. Falls es keine systematischen Differenzen zwischen den geographischen Zonen gibt, könnten die Daten für eine Feldfrucht/Pestizid-Kombination verschiedener Zonen bei gleichen Anwendungsszenarien und angemessenen Wachstumsbedingungen kombiniert und integriert werden, um einen robusteren, im besten Fall sogar international gültigen, MRL für diese Kombination zu definieren, erläuterte David Miller (U.S. Umweltschutzbehörde, EPA). Die EPA arbeitet derzeit mit Kanadas Seuchenschutzbehörde PMRA und Crop Life America daran, weltweite Daten aus Feldversuchen auszuwerten, um auf diesem Weg herauszufinden, wie stark sich Pestizidrückstände systematisch zwischen den geographischen Zonen unterscheiden. Obwohl die Untersuchung noch nicht abgeschlossen ist, suggeriert die bisherige Analyse, dass entsprechende Unterschiede in den Rückstandsleveln weder systematisch noch signifikant oder substantiell sind. Bei der Festlegung von MRLs spielt in diesem Zusammenhang die Gruppierung von Feldfrüchten (Crop Grouping) eine bedeutende Rolle. Unterschiedliche Ansätze bei Durchführung der Methode könnten allerdings große Auswirkungen auf die internationalen Harmonisierungsbemühungen haben. Crop Grouping ist ein anerkanntes, ressourcenschonendes Verfahren, mit dem – sofern es von Messdaten gestützt wird – ein gemeinsamer Pestizidhöchstgehalt für alle Feldfrüchte einer Gruppe oder Subgruppe festgelegt werden kann. Unterschiedliche nationale Kriterien und Methoden bei der Festlegung der MRLs könnten aber zu verschiedenen Gruppen-Höchstgehalten zwischen den Ländern führen, in denen der Ansatz angewendet wird, gab Miller zu bedenken. Die EPA analysiere derzeit, wie der MRL-Kalkulator der OECD besser als bislang für das Festlegen von Crop Group-MRLs genutzt werden könne, so der EPA-Repräsentant. Darüber hinaus wies Miller darauf hin, dass die EPA gemeinsam mit dem Landwirtschaftsministerium der Vereinigten Staaten die Datenbank „GlobalMRL.com“ finanziert hat, die Nutzern weltweit nach Registrierung kostenfrei Zugang zu Informationen über Pestizidhöchstgehalte in den USA zur Verfügung stellt.

EFSA setzt Etablierung von CAGs fort

Auch bei der kumulativen Risikobewertung von Pestiziden wird immer öfter mit der Methode der Gruppierung gearbeitet. Die EFSA hat sich 2013 dafür ausgesprochen, Pestizide auf Basis ihres toxikologischen Profils in entsprechende Bewertungsgruppen (CAGs) einzuteilen, um beispielsweise Rückstandshöchstgehalte (MRLs) festlegen zu können. Entscheidend für die Gruppeneinteilung ist dabei, welche Pestizide ähnlich nachteilige Wirkungen auf die gleichen Organe oder Organsysteme haben. Noch bis Ende des Jahres will die EFSA toxikologische Daten für verschiedene Organe sammeln und analysieren sowie kumulative Expositionsbewertungen vor dem Hintergrund realer Expositionsszenarien durchführen. Bis 2018 sollen wissenschaftliche Berichte zur Verwendung von CAGs bei den untersuchten Effekten vorgelegt werden. Wie eine kumulative Bewertungsgruppe gebildet wird und welche Ergebnisse bereits für die Interaktion von Pestiziden mit neurotoxischen Effekten vorliegen, zeigte EFSA-Vertreter Antonio Hernández-Jerez (Universität Granada) auf der Konferenz auf. Die CAG-Methode bestehe aus vier Schritten, erklärte er eingangs. Zunächst werden die Effekte identifiziert, die sich negativ auf ein Organ/ein Organsystem auswirken. Danach werden diese näher charakterisiert und Daten bezüglich der Endpunkte und Dosen gesammelt, bei denen der spezifische toxische Effekt zu beobachten ist. Als letzter Schritt folgt die Gruppierung der Pestizide anhand der von ihnen ausgelösten toxikologischen Effekte. Neurotoxizität könne sich sowohl permanent in neuropathologischen Veränderungen als auch durch zeitweilige oder dauerhafte funktionale Veränderungen bemerkbar machen, so Hernández-Jerez. Letztere meinen Einschränkungen bei Motorik, Sensorik und vegetativen Funktionen sowie neurochemische Veränderungen. Insgesamt konnte die EFSA bislang 68 Pestizide identifizieren, die Auswirkungen auf das Nervensystem verursachen. 47 von ihnen resultieren in akuten, 64 in chronischen Effekten. Alle neurotoxischen Effekte würden im Zusammenhang mit anderen neurotoxischen Endpunkten und systemischen toxischen Indikatoren interpretiert, versicherte Hernández-Jerez.

Entscheidend für die Risikobewertung: Wie wahrscheinlich ist systemische Co-Exposition?

Alan R. Boobis (Imperial College London) merkte in Köln an, dass zu weite Definitionen zu konservativ sein könnten, um noch hilfreich zu sein. Allerdings sollte bei allen Untersuchungen von Co-Expositionen berücksichtigt werden, wie wahrscheinlich es sei, dass innerhalb einer relevanten Zeitspanne simultane systemische Exposition oder durch Chemikalien ausgelöste Effekte tatsächlich vorhanden seien, erklärte Boobis. Darüber hinaus müsse in die Betrachtung einfließen, wie lange die toxikodynamische Antwort andauere. Bislang sei dies in vielen Risikobewertungen für kombinierte Expositionen nur unzureichend implementiert, bemerkte der Experte. Er wies ebenso darauf hin, dass jede aktive Substanz eine Fülle an Metaboliten oder Abbauprodukten haben könne, die ebenfalls in die Bewertung einbezogen werden müssten. Hierfür sei die Anwendung eines Entscheidungsbaums empfehlenswert wie sie von der JMPR und der EFSA vorliegen, so Boobis.

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