Neuer Prozess um Chemiekatastrophe mit 31 Toten

Neues Kapitel im Justizdrama um eine verheerende Explosion in einer französischen Düngemittelfabrik

24.01.2017 - Frankreich

(dpa) Der Knall war noch mehr als 40 Kilometer entfernt zu hören. Wo eine Lagerhalle der Düngemittelfabrik AZF in Toulouse gestanden hatte, klaffte am 21. September 2001 plötzlich ein riesiger Krater. Rundherum: ein Bild der Verwüstung. Die Explosion war eine der größten Chemiekatastrophen der französischen Geschichte. 31 Menschen starben, Tausende wurden verletzt, rund 27.000 Gebäude beschädigt. Mehr als 15 Jahre danach steht das Drama erneut vor Gericht. 

Im Berufungsprozess in Paris sind der damalige Werkschef und das Unternehmen Grande Paroisse, eine Tochter des Ölriesen Total, wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Ein Mammutprozess - mit 187 Zeugen, fast 2.700 Nebenklägern und 53 geplanten Verhandlungstagen bis Ende Mai.

Grund für das neue Verfahren ist eine Justizpleite. Nachdem die Angeklagten in erster Instanz zunächst freigesprochen wurden, befand sie ein Berufungsgericht in Toulouse 2012 für schuldig. Es verurteilte den damaligen Chef Serge Biechlin zu einem Jahr Haft und zwei weiteren Jahren auf Bewährung sowie zu einer Geldstrafe in Höhe von 45.000 Euro; der Betreiber Grande Paroisse sollte 225.000 Euro zahlen. Doch der Kassationsgerichtshof hob das Urteil wieder auf - unter anderem, weil einer der Richter zugleich in einer Opferhilfe-Organisation aktiv war.

Im Mittelpunkt dürfte erneut die Frage stehen, ob in der Fabrik schlampig oder zumindest unvorsichtig gearbeitet wurde - und ob dies der Grund für die Explosion war. Die Ermittler gingen davon aus, dass in der Lagerhalle ein Chlorprodukt in Kontakt mit Ammoniumnitrat gelangt war. Total erklärt allerdings, dass die Explosionsursache nie endgültig geklärt worden sei. Da die Explosion sich zehn Tage nach dem Anschlag auf das World Trade Center ereignete, war damals auch über einen möglichen Terrorakt spekuliert worden. Dies hatten die Ermittler dann aber ausgeschlossen.

Total hatte nach der Katastrophe Entschädigungszahlungen von mehr als zwei Milliarden Euro geleistet. Mehrere Nebenkläger sind der Ansicht, dass der Konzern auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden müsste - dies hatten die Gerichte bislang verneint.

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