Ein einziger Laser genügt

Neue Methode mit der spektroskopische Untersuchungen einfacher und schneller gemacht werden könnten

15.05.2017 - Schweiz

Mit Hilfe sogenannter Doppel-Frequenzkämme lassen sich Umweltgase schnell und präzise spektroskopisch untersuchen. ETH-Forschende haben nun eine Methode entwickelt, mit der solche Frequenzkämme wesentlich einfacher und billiger als bisher erzeugt werden können.

ETH Zürich / Sandro Link

Pulsierendes Laserlicht – der Schlüssel zur schnellen und präzisen Analyse von Gasen.

ETH Zürich / Sandro Link

Das Prinzip der neuen Metho Ein Laser emittiert zwei Strahlen mit unterschiedlichen Pulsfrequenzen. Schickt man diese gemeinsam durch die Probe, entsteht ein Messsignal, das mit herkömmlicher Elektronik registriert werden kann.

ETH Zürich / Sandro Link
ETH Zürich / Sandro Link

Laserlicht hat, im Gegensatz zum Licht einfacher Lampen, eine sehr genau definierte Frequenz. Dadurch eignet es sich hervorragend für präzise spektroskopische Untersuchungen, in denen die Eigenschaften von Stoffen anhand der Frequenzen bestimmt werden, bei denen sie Licht absorbieren. Für eine komplette spektroskopische Analyse muss man allerdings in der Regel Geduld mitbringen, da die Frequenz des Lasers nach und nach verändert («gescannt») werden muss, damit ein vollständiges Spektrogramm entsteht. Physiker an der ETH Zürich unter Leitung von Ursula Keller am Institut für Quantenelektronik haben nun eine wegweisende Methode demonstriert, mit der spektroskopische Untersuchungen in Zukunft einfacher und schneller gemacht werden könnten. Dazu entwickelten sie eine neuartige Technik zur Erzeugung sogenannter doppelter Frequenzkämme.

Ein Frequenz-Lineal aus Licht

Anders als ein normaler Laser, der Licht bei einer Frequenz aussendet, weist ein Frequenzkamm eine Vielzahl von Frequenzen in konstantem Abstand voneinander auf – ähnlich wie die Markierungen auf einem Lineal. Möglich wird dies durch den Einsatz von Lasern, die extrem kurze, periodische Lichtpulse erzeugen. Solche Pulsfolgen haben ein kammähnliches Frequenzspektrum, das mit bestimmten optischen Materialien noch breiter aufgefächert werden kann. Im Jahr 2005 wurde der Nobelpreis für die laserbasierte Präzisionsspektroskopie einschliesslich der optischen Frequenzkammtechnik verliehen, zu der Ursula Keller in Zusammenarbeit mit Harald Telle von der PTB Braunschweig im Jahr 1999 die wesentliche Schlüsseltechnologie zur Stabilisierung der optischen Frequenzkämme lieferte.

Im Prinzip könnte man mit einem solchen Frequenzkamm eine Substanz mit vielen Frequenzen gleichzeitig untersuchen. Bei der Spektroskopie mit einem normalen Laser schickt man einen Teil des Lichts durch den zu untersuchenden Stoff, und den anderen Teil benutzt man als Referenz. Nun scannt man die Laserfrequenz stetig und misst zugleich mit Hilfe zweier Photodetektoren, wie stark das Laserlicht von dem Stoff bei verschiedenen Frequenzen im Vergleich zum Referenzstrahl absorbiert wird. Aus dem Frequenzscan ergibt sich dann das für den Stoff charakteristische Spektrogramm. Leider lässt sich dieses Verfahren aber nicht ganz so einfach auf einen Frequenzkamm anwenden. Zwar würden die verschiedenen, gleichzeitig vorhandenen Frequenzanteile tatsächlich verschieden stark absorbiert. Der Photodetektor könnte sie allerdings nicht voneinander unterscheiden. Dazu müsste er die einzelnen, überlagerten Schwingungen des Lichts direkt aufzeichnen, was aber wegen deren hoher Frequenz von mehreren hundert Terahertz (eine Billion Schwingungen pro Sekunde) in der Praxis nicht möglich ist.

Der Trick des Klavierstimmers

Die von Keller und ihren Mitarbeitenden entwickelte Technik «übersetzt» diese schnellen, nicht direkt messbaren Schwingungen nun in viel langsamere, die leicht mit herkömmlicher Elektronik nachgewiesen werden können. Dabei wird ein Trick eingesetzt, der in ähnlicher Form auch von Klavierstimmern angewendet wird: Um die verschiedenen Saiten desselben Tons auf die gleiche Stimmung zu bringen, orientiert sich der Klavierstimmer an der Schwebung, die entsteht, wenn sich zwei verschiedene Frequenzen überlagern. Die Schwebung pulsiert mit einer Geschwindigkeit, die der Differenz der beiden überlagerten Frequenzen entspricht.

Die ETH-Forscher wenden eine ganz ähnliche Methode an, indem sie einen zweiten Frequenzkamm erzeugen, dessen Frequenzen einen etwas anderen Abstand voneinander haben als die des ersten. Dadurch entstehen Frequenzpaare, von denen jedes zu einer leicht unterschiedlichen Schwebungsfrequenz führt. Diese Schwebungsfrequenzen liegen nun im Megahertz-Bereich und können problemlos mit Photodetektoren gemessen werden.

Zwei Frequenzkämme zum Preis von einem

Diese Doppelkamm-Spektroskopie gibt es zwar schon seit einigen Jahren, doch mit der nun an der ETH entwickelten Technik wird sie deutlich einfacher und kostengünstiger, wie Sandro Link, Doktorand und Erstautor der Studie, erklärt: «Das eigentlich Neue ist, dass wir die beiden Frequenzkämme mit nur einem einzigen Laser erzeugen anstatt mit zweien, die dann aufwendig zueinander stabilisiert werden müssten.» Der Trick: Die Forscher setzen einen doppelbrechenden Kristall in einen Laser ein, wodurch das Licht je nach Polarisierung (also Schwingungsrichtung der elektromagnetischen Welle) etwas verschiedene Wege zurücklegt. Die beiden so entstehenden Laserstrahlen weisen dadurch leicht unterschiedlichen Pulsperioden auf, und dadurch entstehen Frequenzkämme mit verschiedenen Frequenzabständen. Da die beiden Frequenzkämme von demselben Laser erzeugt werden, wird eine gegenseitige Stabilisierung überflüssig.

Schon jetzt zeichnen sich vielfältige mögliche Anwendungen der neuen Technik ab. Da sie ein komplettes Spektrogramm in weniger als einer tausendstel Sekunde erstellen kann, eignet sie sich beispielsweise hervorragend, um die Konzentration von Substanzen in der Umwelt oder in Fabrikabgasen zu messen. Auch schnell strömende Gase in der Petrochemie könnten damit rasch analysiert werden, um beispielsweise Produktionsabläufe zu überwachen und zu steuern.

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