Molekulare Gefäße im Attoliter-Maßstab

20.11.2003
Die Unterteilung von Flüssigkeiten in winzigste einzelne Kompartimente ist eine grundlegende Herausforderung für die heutige Wissenschaft. So will man mit immer geringeren Substanzmengen auskommen, immer komplexere miniaturisierte Systeme schaffen und sogar individuelle Moleküle sortieren und einzeln untersuchen. Hauptproblem ist weniger, winzige "Behälter" herzustellen und zu füllen, als diese in der Lösung wiederzufinden, zu unterscheiden und gezielt einzeln zu beobachten. Schweizer Forscher von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne und vom IBM Forschungslabor in Rüschlikon, haben eine einfache, schnelle Methode entwickelt, um derartige Super-Mini-Gefäße per Selbstorganisation in einem definierten Nanomuster zu fixieren. Das Team um Dimitrios Stamou und Horst Vogel drückt zunächst mit einem winzigen "Stempel" ein Muster aus geordneten Pünktchen im Nanometer-Maßstab auf eine Glasoberfläche ("Microcontact Printing"). Als "Tinte" dient Rinderserumalbumin, an das Biotin-Moleküle gekuppelt wurden. Der unbedruckte Teil der Oberfläche wird passiviert. Die Glasoberfläche wird nun mit einem weiteren Protein, Streptavidin, behandelt, das im Zusammenspiel mit Biotin wie ein Zweikomponentenkleber wirkt: Streptavidin heftet sich an die mit Biotin bedruckten Stellen und "aktiviert" sie. Nun wird eine Lösung winziger Vesikel aufgegeben, auf deren Oberfläche sich ebenfalls Biotin-Moleküle befinden. Diese "kleben" am Streptavidin fest und heften so jeweils ein einzelnes Vesikel auf ein gedrucktes Pünktchen. Die Vesikel bestehen, analog den Biomembranen, aus einer Lipid-Doppelschicht. Ihr Fassungsvermögen beträgt einige Attoliter (1 al = 0,000000000000000001 l). Sind sie mit Farbstoff gefüllt, kann man die einzelnen "Behälter" unter dem Fluoreszenzmikroskop deutlich erkennen. Auch chemische Reaktionen können verfolgt werden: Wird beispielsweise das Protein Gramicidin in die umgebende Lösung gegeben, lagert es sich in die Vesikel-Hülle ein und bildet Kanäle, durch die positiv geladene Ionen treten können. Auf diese Weise kann der pH-Wert in den Behältern und damit die Fluoreszenzfarbe des Farbstoffs verändert werden. Anhand von "Etiketten" aus DNA-Stückchen könnte eine fast beliebige Zahl von Atto-Behältern mit verschiedener Fracht eindeutig identifizierbar gemacht werden. So könnten "Substanzbibliotheken" im Nanomaßstab für parallele chemische Reaktionen hergestellt werden. Besonders interessant aber scheint die Idee, Vesikel direkt aus Zellen zu erzeugen. Jedes Vesikel trägt dann natürliche Rezeptor-Proteine in der Membran und/oder enthält bestimmte Signalmoleküle aus dem Cytosol. Anhand der fixierten Vesikel könnten die Bindung von Pharmawirkstoffen an Rezeptoren sowie die daraufhin ausgelösten Signalkaskaden untersucht werden.

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