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Bläschenfusion



Die Bläschenfusion (auch Sonolumineszenz-Fusion/Sonofusion,) ist der Popularname für Experimente zur Herbeiführung einer kontrollierten Kernfusion mit Hilfe einer extremen Form von durch Schallwellen ausgelöster Kavitation. Die dabei entstehenden hohen Temperaturen, Drücke, Strahlungs- und Neutronendichten erhöhen die Chance, eine technisch nutzbare Kernfusion zu erzeugen.

Inhaltsverzeichnis

Erklärung

Rusi P. Taleyarkhan vom Oak Ridge National Laboratory und Kollegen meldeten im Magazin Science, dass eine akustische Kavitation im Experiment mit deuteriertem Aceton, d. h. Aceton, bei dem ein oder mehrere Wasserstoffatome durch das Wasserstoffisotop Deuterium ersetzt wurden, zur Produktion von Tritium und Neutronen geführt habe, was sie auf eine Fusion zurückführten. Bei dem Versuch hatten sich in der durch starke Ultraschallwellen angeregten Aceton-Mischung sowie Bestrahlung mit Neutronen sehr viele kleine Gasbläschen in der Größe von etwa 50 nm gebildet, die sich auf etwa 1 bis 6 mm ausdehnten und innerhalb von Nanosekunden sofort wieder zusammenfielen (Kavitation).

Obwohl bei jeder dieser Implosionen nur eine geringe Energiemenge frei wird, ist die Energiedichte sehr hoch, was zum Effekt der Sonolumineszenz führt: Kleine Lichtblitze werden ausgesendet und an der Oberfläche der Bläschen können Temperaturen von über 10.000 °C gemessen werden. Die Vermutung ist, dass die Temperaturen im Inneren der Bläschen bei weit über 1 Milliarde Kelvin lägen und ein extrem hoher Druck entstünde, so dass Deuterium-Kerne zu Tritium verschmelzen könnten.

Seit den Berichten über eine kalte Fusion von Stanley Pons und Martin Fleischmann im Jahr 1989, die eine anfängliche Euphorie auslösten, letztlich aber nicht wiederholt werden konnten, steht die wissenschaftliche Welt, Meldungen über dieser Art einfach herbeigeführte Kernfusionen sehr skeptisch gegenüber – entsprechend waren auch die Reaktionen auf den Bericht von Taleyarkhan. Um seinen Kritikern zu entsprechen, wurde das Experiment 2004 mit leicht geändertem Versuchsaufbau von einer anderen Forschergruppe, aber wieder unter Beteiligung Taleyarkhans, wiederholt. Die im Januar 2005 vorgelegten Ergebnisse übertrafen sogar diejenigen des ersten Experiments, so dass Taleyarkhan seine Theorie bestätigt sah.

Anderen Labors ist eine Wiederholung bis heute jedoch nicht gelungen. Die Kritik an Taleyarkhans Experiment (insbesondere von den ebenfalls im Oak Ridge National Laboratory arbeitenden Kernphysikern Dan Shapira und Michael J. Saltmarsh) entzündet sich in erster Linie allerdings nicht an der theoretischen Möglichkeit einer Kernfusion – dies ist weitgehend unbestritten – sondern an der Messgenauigkeit. Der Beweis einer Kernfusion ist durch den Nachweis von neu entstandenen Neutronen gegeben. Da eine Neutronen aussendende Quelle jedoch Bestandteil des Versuchsaufbaus ist, erfordert der Nachweis zusätzlicher, durch eine Fusion entstandener Neutronen höchste Präzision. Kritiker verlangen, dass ein Neutron innerhalb der Nanosekunde gemessen wird, in der auch der Lichtblitz auftritt, da sonst die Wahrscheinlichkeit zu hoch ist, dass es sich um von der Neutronenquelle stammende Neutronen handelt. Taleyarkhan konnte dies jedoch bislang nur innerhalb eines Zeitraums von einer Mikrosekunde erfüllen.

Eine zweite Bestätigung des Taleyarkhan-Experimentes durch eine Gruppe seiner Studenten und Postdocs um Yiban Xu und Adam Butt mit deutlich vereinfachtem Versuchsaufbau wurde im Juli 2005 gemeldet. Die Gruppe benutzte eine kontinuierliche Neutronenquelle anstelle einer gepulsten Neutronenquelle, welche von Taleyarkhans Team benutzt wurde. Zweifel konnten zwar noch nicht ausgeräumt werden, nichts desto trotz wird von allen Wissenschaftlern, auch Kritikern, eine weitere Erforschung befürwortet.

Eine neue Analyse der von Taleyarkhans veröffentlichten Spektren durch Brian Naranjo kommt zu dem Schluss, dass es sich hierbei nicht um Emissionlinien aus Fusionsreaktionen handelt, sondern vielmehr um Linien aus dem radioaktiven Zerfall von in den Apparaten enthaltenen Stoffen.

Die Zeitschrift Nature hat 2006 eine Befragung der Kollegen von Taleyarkhan durchgeführt, bei der diese berichteten, dass sie selbst nie die Rohdaten der Experimente zu sehen bekommen haben und dass Taleyarkhan seine Apparaturen entfernte bevor sie diese überprüfen konnten.

Das US-Verteidigungsministerium als Auftraggeber von Taleyarkhan hat 2006 seine Patentanträge auf die Bläschenfusion wieder zurückgezogen. Im März 2007 wurde vom US-Repräsentantenhaus eine Untersuchungskommission zur Klärung des Vorwurfs wissenschaftlichen Fehlverhaltens gebildet. [1] Zuvor war das Ergebnis einer Untersuchungskommission der Purdue University u.a. in der Zeitschrift Nature als undurchsichtig kritisiert worden. [2]

Quellen

  1. Süddeutsche Zeitung vom 27. März 2007, S. 18
  2. Nature Band 445 vom 15. Februar 2007, S. 690 f. Hier findet sich auch die Angabe, dass die Autoren Yiban Xu und Adam Butt aus der Arbeitsgruppe Taleyarkhan stammen.

Literatur

  • R. P. Taleyarkhan et al.: Evidence for nuclear emissions during acoustic cavitation. Science 295, 1868–1873 (2002)
  • D. Shapira and M. Saltmarsh: Nuclear Fusion in Collapsing Bubbles — Is It There? An Attempt to Repeat the Observation of Nuclear Emissions from Sonoluminescence, Phys. Rev. Lett. 89, 104302 (2002)
  • Y. Didenko and K. Suslick: Nature 418, 394 (2002)
  • R. P. Taleyarkhan et al.: Additional Evidence of Nuclear Emissions During Acoustic Cavitation. Physical Review E 69, 036109, 22 March 2004.
  • B. Naranjo et al.: Nature 434, 1115–1117 (2005)

Siehe auch

Kernfusion, kalte Fusion, Plasmaphysik

 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Bläschenfusion aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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