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Hochtemperatursupraleiter



Als Hochtemperatursupraleiter (HTSL) wird eine Klasse von keramischen Supraleitern (sog. Kuprate) mit besonders hohen Sprungtemperaturen bezeichnet. Sie zählen zu den unkonventionellen Supraleitern, da ihr Verhalten nicht mit der BCS-Theorie beschrieben werden kann. Allerdings erfolgt der Ladungstransport ebenfalls mit Cooper-Paaren. Der Wortbestandteil „Hochtemperatur“ bezieht sich darauf, dass diese Materialien bei höheren Temperaturen als metallische Supraleiter supraleitend sind, es handelt sich dabei aber noch immer um sehr niedrige Temperatur im herkömmlichen Sinn (unter -140 °C).

Geschichte

Aufbauend auf Arbeiten von A. Sleight bei DuPont, der bereits früher Supraleitung bei Keramik nachwies, hatten Johannes Georg Bednorz und Karl Alexander Müller seit 1983 mit Perowskit-Strukturen experimentiert. Durch Austausch bestimmter Atome gelang es ihnen, den Abstand zwischen den Kupfer- und Sauerstoffatomen in ganzen Ebenen gezielt zu beeinflussen.

Bei der Substanz Lanthan-Barium-Kupferoxid (La1,85Ba0,15CuO4) entdeckten sie schließlich im April 1986 Supraleitung mit einer Sprungtemperatur von 35 K. Dieses Ergebnis stellten sie auf einer Tagung der Amerikanischen Physikalischen Gesellschaft in New York vor. Dort erregte die Veröffentlichung sehr große Aufmerksamkeit und in kürzester Zeit bestätigten weltweit mehrere Forschungseinrichtungen die Entdeckung. Bereits im darauffolgenden Jahr erhielten Bednorz und Müller dafür den Nobelpreis für Physik.

Parallel begann eine intensive Suche nach weiteren ähnlichen Substanzen mit noch höheren Sprungtemperaturen. Wichtige Meilensteine waren 1987 die Entdeckung des YBa2Cu3O7 mit 93 K und 1988 des Bi2Sr2Ca2Cu3O10 mit 110 K Sprungtemperatur, die beide mit kostengünstigem flüssigen Stickstoff im supraleitenden Zustand gehalten werden können. Den Rekord hält seit 2000 Hg0,8Tl0,2Ba2Ca2Cu3O8 mit 138 K.

Die technische Nutzbarmachung der Hochtemperatursupraleitung war von Beginn an eine wesentliche Triebkraft für die weitere Forschung. Sprungtemperaturen über 77 K erlauben zwar eine preiswerte Kühlung, allerdings verhindert die im Vergleich zu konventionellen Supraleitern geringe kritische Feldstärke des Meißner-Ochsenfeld-Effekts eine Supraleitung bei ähnlich hohen Magnetfeldern wie bei konventionellen Supraleitern. Zudem ist es wegen der Sprödigkeit der Materialien sehr schwierig, (flexible) Drähte aus Hochtemperatursupraleitern herzustellen.

Heute werden Hochtemperatursupraleiter gerne in SQUIDs zur Präzisionsmessung von Magnetfeldern eingesetzt, weil die Kühlung mit flüssigem Stickstoff technisch deutlich leichter zu realisieren ist als die aufwendige Heliumkühlung, die SQUIDs aus konventionellen Supraleitern benötigen.


Theorie

Bisher ist die Ursache der hohen Sprungtemperaturen nicht bekannt, aufgrund der Experimente (ungewöhnliche Isotopeneffekte) kann jedoch eine anziehende Wechselwirkung durch Phononen wie bei der konventionellen Supraleitung (BCS-Theorie) ausgeschlossen werden. Stattdessen vermutet man antiferromagnetische Spin-Spin-Wechselwirkungen, die durch die spezielle Gitterstruktur der keramischen Supraleiter zu einer anziehenden Wechselwirkung benachbarter Elektronen und damit einer Paarbildung ähnlich den Cooper-Paaren der BCS-Theorie führen. Allerdings lassen sich mit diesen Wechselwirkungen die Isotopeneffekte erst recht nicht erklären. Alternativ gibt es auch Modifikationen (GLAG-Theorie) der BCS-Theorie oder gänzlich neue Erklärungsansätze wie das Bisolitonen-Modell.

Nach dem bisherigen Stand der Theorie scheint jedoch Supraleitung bei Zimmertemperatur (293 K, 20 °C) kaum möglich zu sein.

 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Hochtemperatursupraleiter aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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