Biochemie - Frühwarnsystem für gefährliche "Wasserblüten"

21.03.2001
Cyanobakterien sind mikroskopisch kleine einzellige Lebewesen. Im Sommer kommt es in freien Gewässern oft zu einer massenhaften Vermehrung dieser Blaugrünalgen. Für Badende stellen sie ein ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko dar, da sie gefährliche Giftstoffe enthalten. An der TU Berlin wurde jetzt ein System entwickelt, mit dem bereits im Frühjahr Gewässer auf eine potenzielle Gefährdung untersucht werden können. Wem im Sommer die Freibäder zu überfüllt und verchlort sind, der sucht sein Badevergnügen in der Natur. Doch ein Bad in freien Gewässern kann unerwünschte Folgen haben: Übelkeit, Erbrechen, gerötete Augen, Kopfschmerzen und manchmal auch Fieber. Der Grund sind Giftstoffe (Cyanotoxine) in Cyanobakterien. Die Bakterien sind in jedem natürlichen Gewässer vorhanden, doch durch die unnatürliche Überdüngung vieler Seen und Teiche kommt es gerade im Hoch- und Spätsommer zu einer massenhaften Vermehrung. Als geschlossene grüne Teppiche bedecken dann die Cyanobakterien die Wasseroberfläche. Wissenschaftler vom Max-Volmer-Institut für Biophysikalische Chemie und Biochemie der Technischen Universität Berlin können nun mit ihrem Frühwarnsystem Cyanotoxine im Wasser feststellen. Bereits eine geringe Anzahl von Bakterien in einer Wasserprobe reicht aus, um die spezifische Zusammensetzung der Toxingemische bestimmen zu können. "Mithilfe zusätzlicher Daten wie zum Beispiel dem Phosphorgehalt des Gewässers können wir bereits im Frühjahr abschätzen, ob die Gefahr einer für den Menschen gefährlichen 'Wasserblüte' der Cyanobakterien besteht", so Projektleiter Dr. Hans von Döhren. Bei ihrer Analyse konzentrieren sich die TU-Wissenschaftler auf eine bestimmte Stoffgruppe der Cyanotoxine, die sogenannten Microcystine. Diese Stoffgruppe wird unter anderem im Cyanobakterium Microcystis gebildet. Das Toxin ist ein Peptid, das in erster Linie die Leber schädigt. Es blockiert Enzyme, die beim Energie- und Baustoffwechsel von Zellen eine wichtige Rolle spielen. Untersuchungen des Umweltbundesamtes in Berliner und Brandenburger Badeseen zeigen, dass gerade Microcystis und somit das Toxin im Sommer in großer Menge auftritt. Noch gibt es keine Grenzwerte für die Cyanobakterien-Belastung, nur einen Richtwert von der Badewasserkommission des Umweltbundesamtes. Dieser Richtwert wurde in den Untersuchungen zum Teil um das 10-fache, in zwei Fällen sogar um das 100-fache überschritten. "Menschen, besonders Kinder, würden sich bei einem Bad an einer solchen Stelle einer erheblichen gesundheitlichen Gefahr aussetzen", erklärt Dr. Hans von Döhren. Um die Cyanotoxine in einer Wasserprobe zu bestimmen, setzen die Wissenschaftler eine spezielle Analysemethode ein, die "MALDI-TOF Massenspektrometrie". Bei dieser Methode werden die in der Probe enthaltenen Moleküle mit einem Laser ionisiert. Die entstandenen Ione werden dann in einem starken elektromagnetischen Feld (ca. 20 kV) beschleunigt und treffen nach einer Flugstrecke von ein bis drei Metern (abhängig vom Gerätetyp) auf einen Detektor. Dieser misst den Aufprall. Aus der Zeit, die das Ion für die Flugstrecke benötigte, lässt sich die Masse des Teilchens und seine chemische Struktur bestimmen. Die Analysen werden von der Firma Anagnostec in Luckenwalde durchgeführt. Ehemalige Mitarbeiter des TU-Instituts haben sich selbständig gemacht und Fördergelder ermöglichten die Anschaffung der aufwendigen und teuren Technik eines "MALDI-TOF Massenspektrometers". In Deutschland liegt das größte Gefahrenpotenzial der Cyanotoxine für den Menschen beim Kontakt in Badegewässern. Bei Tieren, die stark cyanobakterienhaltiges Wasser trinken und so eine sehr hohe Dosis der Gifte zu sich nehmen, kann dies tödlich enden. Gerade für Kühe oder andere Weidetiere ist dies eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Bei Trinkwasser besteht jedoch kein Risiko, da es überwiegend aus dem Grundwasser gewonnen wird und Cyanotoxine dort nicht in gefährlicher Konzentration vorliegen. Anders ist

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