Informatiker erhält hohe Auszeichnung für Bioinformatik-Bibliothek

Oliver Kohlbacher vom Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken mit dem diesjährigen Heinz-Billing-Preis ausgezeichnet

24.11.2000

Oliver Kohlbacher vom Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken erhält den Heinz-Billing-Preis 2000. Die mit 5000 Mark dotierte Auszeichnung wurde im Rahmen einer Feierstunde am Donnerstag Abend in Göttingen verliehen. In die "Endrunde" der Preisausscheidung kamen auch Kurt Sätzler vom Max-Planck-Institut für medizinische Forschung, Heidelberg, sowie eine Gruppe aus dem Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz (Oliver Biermann, Roland Faller, Hendrik Meyer, Florian Müller-Plathe, Dirk Reith und Heiko Schmitz).

Bei der Aufklärung des Erbguts von Lebewesen mit molekularbiologischen Methoden oder der Abbildung der dreidimensionalen Struktur von Proteinen mittels Röntgenstrukturanalyse und magnetischer Kernresonanz erzeugen die Wissenschaftler eine sehr große Menge an Daten. Um diese Informationsflut der "Post-Genom-Ära" zu bewältigen, sind neue Programme notwendig. Kohlbachers Biochemical Algorithms Library (BALL) ist ein Werkzeug, um solche Programme in kurzer Zeit zu entwickeln. "Sinn ist es, den Weg von der Idee zum fertigen Code zu verkürzen", sagt Oliver Kohlbacher. BALL gestattet es den Forschern, strukturbiologische Daten zu gewinnen, zu verarbeiten und visuell darzustellen.

In der Laudatio des Heinz-Billing-Preises heißt es: "BALL zeichnet sich durch ein sorgfältiges Design aus, bei dem die Wiederverwendbarkeit des Codes, die Kompatibilität mit häufig genutzten Programmbibliotheken, die Robustheit gegenüber verschiedenen Inputformaten und eine klare Dokumentation im Vordergrund stehen." Die Flexibilität und Nutzerfreundlichkeit verleihen der Biochemical Algorithms Library den Charakter eines "richtungsgebenden und zukunftsorientierten Werks in der explosionsartig sich entwickelnden Bioinformatik".

Die aufwändigen Rekonstruktionsalgorithmen von Kurt Sätzler erlauben es erstmals, in Verbindung mit modernster Computergrafik und schnellen Rendertechniken auch größere biologische Objekte auf der Auflösungsstufe der Elektronenmikroskopie von wenigen Nanometern dreidimensional zu rekonstruieren. Zusammen mit physiologischen Messungen liefert das Softwarepaket CAR - angewendet auf Serienschnitte durch eine Riesensynapse im Hirnstamm der Ratte - bisher einmalige Einblicke in die mikroskopischen Vorgänge bei synaptischer Transmission.

omputersimulationen werden als Werkzeug zum Entwurf neuer Werkstoffe immer wichtiger. Als besonders nützlich haben sich molekulare Modelle, zum Beispiel von Polymeren, erwiesen. Mit ihnen lassen sich Eigenschaften von Materialien verstehen und vorhersagen. Die Qualität solcher Modelle hängt jedoch stark von der Wahl ihrer Parameter ab. In der Vergangenheit war die Parameteroptimierung "von Hand" mühsam und fehleranfällig. Oliver Biermann, Roland Faller, Hendrik Meyer, Florian Müller-Plathe, Dirk Reith und Heiko Schmitz haben hierfür ein automatisches und systematisches Verfahren erarbeitet, mit eigener Software implementiert und dadurch die Modellentwicklung beschleunigt und verbessert.

Der Heinz-Billing-Preis zur Förderung des wissenschaftlichen Rechnens wurde im Jahr 1993 zum ersten Mal verliehen. Damit sollen die Leistungen derjenigen anerkannt werden, die in zeitintensiver und kreativer Arbeit die notwendige Hard- und Software entwickeln, die heute für neue Vorstöße in der Forschung unverzichtbar sind. Der Preis ist benannt nach Prof. Heinz Billing, Emeritiertes Wissenschaftliches Mitglied des Max-Planck-Instituts für Astrophysik und langjähriger Vorsitzender des Beratenden Ausschusses für Rechenanlagen in der Max-Planck-Gesellschaft. Billing stand mit der Erfindung des Trommelspeichers und dem Bau der Rechner G1, G2 und G3 als Pionier der elektronischen Datenverarbeitung am Beginn des wissenschaftlichen Rechnens. Die eingereichten Arbeiten werden in der Buchreihe "Forschung und wissenschaftliches Rechnen" veröffentlicht.

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