Heidelberger Forscher entdeckt Vorlesungsmanuskript von Robert Wilhelm Bunsen aus dem Jahr 1859

Am 17. Mai wird in Heidelberg das Manuskript einer Vorlesung des Chemikers Robert Wilhelm Bunsen der Öffentlichkeit vorgestellt

14.05.2004

Am 17. Mai wird in Heidelberg das Manuskript einer Vorlesung des Chemikers Robert Wilhelm Bunsen der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Universität lädt die Medien herzlich zu einem Pressetermin ein (10 Uhr, Rektorat, Grabengasse 1). Den Mitschrieb hatte Ferdinand Karl Friedrich König, Bunsens Assistent an der Ruperto Carola, 1859 verfasst. Danach blieb das Dokument jedoch über mehrere Generationen kaum beachtet im Besitz der Familie, bis es zufällig Dr. habil. Christof Schulz vom Physikalisch-Chemischen Institut der Universität Heidelberg unter die Augen kam.

"Seit Jahren habe ich gute Freunde in Stanford, mit denen ich auch im vergangenen Herbst Thanksgiving feierte. Dabei lernte ich die Mutter eines Bekannten kennen, die mir von einem alten deutschen Manuskript erzählte. So kamen wir ins Gespräch, und verabredeten uns auf den nächsten Tag, ohne dass ich sonderlich große Erwartungen hegte. Dafür war die Überraschung um so größer, als ich die brüchigen Blätter in die Hand nahm", weiß Christof Schulz zu berichten. "Zwar wusste Inge Koenig ein wenig um die Bedeutung dieses Zeitzeugen der Chemie, war sie doch selbst bis zu ihrer Pensionierung Chemikerin. Doch die wahre Dimension ihres Erbes für die Universität Heidelberg - immerhin handelt es sich hier um eine kleine Sensation - blieb ihr wohl verborgen."

Christof Schulz machte einige Fotos, die er mit einem Bericht an die Bunsen-Gesellschaft, die Fachgesellschaft für Physikalische Chemie, schickte. Dort schlug die Meldung sofort große Wellen, so dass für den 17. Mai ein Treffen in Heidelberg anberaumt wurde, zu dem Frau König das Original-Manuskript mitbringen wird. Bei diesem Treffen wird dann auch Prof. Dr. Klaus Funke, der Präsident der Gesellschaft für Physikalische Chemie, einen Blick auf die rund 50 mit Tinte beschriebenen Seiten werfen. "Er wird zudem die Gelegenheit nutzen, und drei Tage später in seinem Eröffnungsvortrag zur Jahrstagung der Gesellschaft in Dresden auf das Manuskript eingehen."

Zwar ist bislang eine wissenschaftliche Erarbeitung des Inhalts nicht angedacht - auch wenn das Dokument zumindest in Hinsicht auf die Wissenschaftsgeschichte genug hergebe. Indes hofft man zumindest auf die Freigabe für ein Faksimile, wie Christof Schulz meint. "Natürlich ist uns klar, dass auf den Schulheftseiten keine chemische Sensation zu finden sein wird, handelt es sich doch wohl lediglich um den Tafelanschrieb einer Grundlagen-Vorlesung. Und doch haben wir es hier mit einem 'Glücksfund' zu tun, der uns Einblicke in die Lehrtätigkeit von Bunsen vermittelt." Christof Schulz, der gegenwärtig noch am Lehrstuhl von Prof. Jürgen Wolfrum tätig ist, und nach seiner kürzlich erfolgten Habilitierung nach Duisburg wechseln wird, ist sich der besonderen Bedeutung des Dokuments für die Ruperto Carola bewusst, eröffnet es doch auch einen tiefen Blick in die Wissenschaft des 19. Jahrhunderts in der Neckarstadt.

"So zeigt denn eine der für mich schönsten Seiten des Manuskripts die damals noch viel kürzere Liste der bekannten chemischen Elemente, die bereits nach Gruppen notiert waren. Auf dieser Seite wurden jedoch nachträglich zwei Elemente eingefügt, die Bunsen gemeinsam mit G. R. Kirchhoff 1861 in Odenwälder Mineralwässern entdeckte. Er sammelte tatsächlich Proben im Odenwald, unterzog diese einer Flammenspektroskopie - und konnte dabei erstmals die beiden Elemente Cäsium und Rubidium nachweisen, die dann im 1859 entstandenen Manuskript an der richtigen Stelle, also bei den Alkalimetallen, eingeordnet wurden."

Alleine dies deutet darauf hin, dass das Manuskript über mehrere Jahre in der Lehre genutzt wurde, trug man doch zwischenzeitlich gemachte Fortschritte der Chemie kurzerhand nach. "Doch auch die anderen Blätter bieten interessante Facetten der Forschung des 19. Jahrhunderts wie Skizzen chemischer Apparaturen", erklärt Christof Schulz, der im Bereich der Laserdiagnostik und Verbrennungsprozesse arbeitet, und somit selbst in bester Bunsen-Tradition forscht. "Deshalb war es für mich auch ein absoluter Glücksfall, als ich nach jenem Thanksgiving im letzten Herbst erstmals vor dem Manuskript saß. Immerhin wurde mir dadurch wieder einmal deutlich, in welcher Forschertradition ich selbst stehe. Folglich ist dieses Dokument auch mehr als ein alter Vorlesungsmitschrieb. Es ist Zeitzeuge jener Epoche, die die Grundlagen für unsere eigene Arbeit schuf. So wie wir heute die Grundlagen für künftige Forscher bereiten. Und das vermittelt einem als Wissenschaftler letztlich ein richtig gutes Gefühl."

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