Forscher entwickeln neue Laborquelle für ultrakurze, harte Röntgenimpulse mit bisher unerreichtem Photonenfluss
MBI
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Heutzutage sind viele Wissenschaftler bestrebt, den Atomen beim "Arbeiten" zu zuschauen, d.h. sie wollen direkt die Bewegung der Atome bei einer Schwingung, chemischen Reaktion oder auch Materialmodifikation beobachten. Atomare Bewegungen erfolgen typischerweise in einem Zeitbereich von Femtosekunden (1 Femtosekunde = 10 hoch -15 Sekunden). Daher benötigt man für solch einen "Röntgenfilm" eine extrem kurze Belichtungszeit mit entsprechend kurzen Röntgenblitzen. Es gibt weltweit zwei komplementäre Herangehensweisen um ultrakurze, harte Röntgenimpulse zu erzeugen. Auf der einen Seite gibt es die Großmaschinen, z.B. Elektronenbeschleuniger wie die Freien Elektronen Laser (FEL) in Stanford USA (LCLS bei SLAC) oder bei SACLA in Japan. Auf der anderen Seite kann man kompakte Laborquellen für ultrakurze, harte Röntgenimpulse bauen, die von Femtosekunden-Lasersystemen getrieben werden. Obwohl der Röntgenfluss aus den Beschleunigerquellen deutlich höher ist als in den Laborquellen, haben sich die letzteren als geeignete Kameras für die Femtosekunden-"Röntgenfilme" herausgestellt. Die Qualität solcher Filme ist letztendlich durch die Anzahl der von der untersuchten Probe gestreuten Röntgenphotonen bestimmt. Ein gemeinsames Team vom Max-Born-Institut (MBI) in Berlin und der Technischen Universität Wien hat jetzt einen Durchbruch für kompakte Laborquellen geschafft und den Fluss harter Röntgenstrahlung um einen Faktor 25 gesteigert. In der neuesten Ausgabe der Fachzeitschrift Nature Photonics beschreiben sie eine Kombination aus einem neuen optischen Treiberlaser, der Femtosekunden-Lichtimpulse bei Wellenlängen um 4000 nm (4 µm) im mittleren Infrarot liefert, und einem Metallband-Target in einer Vakuumkammer, welche ultrakurze Impulse harter Röntgenstrahlung bei einer Wellenlänge von 0,154 Nanometern mit einer nicht da gewesenen Effizienz erzeugt.
Die Röntgenerzeugung erfolgt in 3 Schritten (Abb. 1), (i) Elektronenextraktion aus dem Metallband mittels des elektrischen Feldes des Treiber-Lichtimpulses, (ii) Beschleunigung der Elektronen im Vakuum durch das starke optische Feld und Rückkehr in das Band mit einem ungeheuren Gewinn und kinetischer Energie, und (iii) die Erzeugung von Röntgenblitzen durch inelastische Stöße der energetischen Elektronen mit den Metallatomen im Band. Längere optische Wellenlängen entsprechen einer längeren Oszillationsperiode des optischen Feldes und führen daher zu einer längeren Beschleunigungszeit der Elektronen im Vakuum. Eine Konsequenz der längeren Beschleunigungszeit ist die deutlich höhere kinetische Energie, mit der die Elektronen in das Metallband einschlagen, was zu einer deutlich höheren Effizienz bei der Röntgenerzeugung führt. Die Situation ähnelt stark der von Turmspringern, die von verschieden hohen Plattformen eines Sprungturms ins Wasser springen (Abb. 2). Auch dort bestimmt die Zeitspanne Δt des freien Falls die kinetische Energie des Springers beim Eintauchen in das Wasser. Die Energie ist proportional zu Δt hoch 2. Die feldgetriebenen Exkursionen der Elektronen im Vakuum wurden im Detail in theoretischen Rechnungen analysiert und werden in der beigefügten Animation gezeigt.
Die Experimente wurden an der TU Wien durchgeführt, wo die Forscher ein neues Treiber-Lasersystem, das auf dem Konzept der "Optical Parametric Chirped Pulse Amplification" OPCPA) beruht, mit einer Röntgen-Erzeugungskammer des MBI kombinierten. Lichtimpulse von 80 fs Dauer und einer Energie bis zu 18 mJ bei einer Zentralwellenlänge von 3900 nm (3,9 µm) wurden auf ein 20 µm dickes Kupferband fokussiert. Dieses Konzept erlaubt die nie da gewesene Erzeugung von einer Milliarde harter Röntgenphotonen pro Laserschuss bei einer Wellenlänge von 0,154 nm. Gegenüber früheren Experimenten mit einer Treiberwellenlänge von 800 nm zeigt sich eine Überhöhung um den Fakor 25, was etwa dem Quadrat des Wellenlängenverhältnisses (3900 nm/800 nm) hoch 2 entspricht. Dieses Verhalten ist in quantitativer Übereinstimmung mit der theoretischen Analyse basierend auf dem 3-Stufen Konzept in Abb. 1. Die bahnbrechenden Ergebnisse weisen den Weg für neue, kompakte Laborquellen, mit denen man bis zu 10 hoch 10 x-ray Röntgenphotonen pro Laserschuss bei einer Wiederholrate von 1000 Hz erzeugen wird.