Bewegte Moleküle schreiben Buchstaben

Eingesperrte Moleküle offenbaren ihre Thermodynamik

02.03.2015 - Deutschland

Wer Hochleistungsmaterialien für Gasspeicherung, thermische Isolierung oder Nanomaschinen entwickeln möchte, muss ihre thermischen Eigenschaften bis hinunter auf die molekulare Ebene verstehen. Doch die Thermodynamik, entwickelt vor 200 Jahren, um die Effizienz von Dampfmaschinen zu verbessern, betrachtet typischer Weise nur die Mittelwerte einer sehr großen Zahl von Molekülen. Ein Team von Wissenschaftlern hat nun eine Methode entwickelt, mit der gezielt die Thermodynamik einzelner Moleküle untersucht werden kann.

C.-A. Palma / TUM

Gefangen in einer modifizierten Nanopore bildet das Molekül bei präziser Einstellung der Temperatur durch seine Wärmebewegung Buchstaben des Alphabets nach.

C.-A. Palma / TUM

Die Nanopore begrenzt die Bewegungsmöglichkeiten des eingefangenen Moleküls.

C.-A. Palma / TUM
C.-A. Palma / TUM

Auf der Suche nach Hochleistungsmaterialien für Anwendungen wie Gasspeicherung, thermische Isolierung oder Nanomaschinen ist es entscheidend, das thermische Verhalten der Materialien bis auf die Ebene einzelner Moleküle zu verstehen. Die klassische Thermodynamik mittelt allerdings über einen Zeitraum und eine große Anzahl von Molekülen. Ein Molekül kann in dieser Zeit im Raum fast unendlich viele Zustände annehmen. Die Untersuchung einzelner Moleküle ist so nahezu unmöglich.

Forscher der Technischen Universität München (TUM) und der Universität Linköping (LIU) haben nun eine Methode entwickelt, mit der sie die Gleichgewichtsthermodynamik von Einzelmolekülen mit atomarer Auflösung bei unterschiedlichen Temperaturen untersuchen können. Die bahnbrechende Studie basiert auf zwei Säulen: Eine Technologie die es ermöglicht, Moleküle in zweidimensionalen Nanoporen einzuschließen und umfangreiche rechnerische Modellierungen.

Am Lehrstuhl für Molekulare Nanowissenschaften und chemische Physik von Grenzflächen des Physik-Departments der TU München, geleitet von Prof. Dr. Johannes V. Barth, entwickelte PD Dr. Florian Klappenberger eine Methode, um geordnete metall-organische Netzwerke auf einer Silberoberfläche zu erzeugen. Das Netzwerk bildet Nanoporen, die die Bewegungsfreiheit einzelner adsorbierter Moleküle in zwei Dimensionen drastisch beschränken. Mit einem Rastertunnelmikroskop konnten die Forscher die Bewegungen der Moleküle bei verschiedenen Temperaturen mit Sub-Nanometer-Auflösung vermessen.

Parallel zu den Experimenten bauten die Forscher ausgeklügelte Computermodelle auf, um die Temperaturabhängigkeit der Dynamik der eingefangenen Moleküle zu modellieren. "Mit Hilfe von Supercomputern gelang es uns, die Wechselwirkungen und die Energielandschaft der Bewegung der Moleküle zu beschreiben", sagt Jonas Björk von der Universität Linköping.

Beim Vergleich experimenteller und modellierter Daten erkannten die Wissenschaftler, dass sich unter bestimmten Bedingungen die integrale Theorie auf eine einfache Projektion der räumlichen Molekülpositionen reduzieren lässt. Dies ist ein Ansatz, der in der statistischen Mechanik häufig angewandt wird. Bisher war es aber unmöglich damit ein Experiment zu beschreiben, denn ohne Beschränkung durch den zweidimensionalen Käfig wären unendlich viele mögliche Molekülpositionen und Energien zu berücksichtigen.

„Es war sehr spannend, die zweidimensionalen Netzwerke zu nutzen, um die Zahl der verfügbaren Konfigurationen eines einzelnen Moleküls einzuschränken, ähnlich wie ein Chaperon es tut, wenn es ein Protein formt", sagt Dr. Carlos Andres-Palma, der Hauptautor der Studie. „In Analogie zur Biologie hat eine solche Form der Einbindung das Potenzial, daraus Sensoren, Nanomaschinen und möglicherweise Logik-Bausteine aufzubauen, die molekular kontrolliert werden können."

Mit ihrem Wissen über die charakteristischen Gleichgewichtskonfigurationen modifizierten die Forscher Nanoporen so, dass ein eingefangenes Molekül durch präzise Einstellung der Temperatur Buchstaben des Alphabets, wie L, I und U nachbilden konnte.

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