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Georg Max Julius Kaßner



  Georg Max Julius Kaßner (* 4. Februar 1858 in Lüben; † 30. März 1929 in Münster) war ein deutscher Chemiker und Pharmazeut.

Wie bei so vielen Wissenschaftlern seiner Zeit ging auch Kaßners Weg zum Forscher und Hochschullehrer über den Beruf des Apothekers. Er studierte in Basel, Zürich und Breslau. Nach seinen Militärdienst in Posen kehrte er 1884 nach Breslau zurück und wurde Assistent bei Geh. Rat Theodor Poleck.

Er habilitierte sich 1889 in Breslau mit einer Arbeit Über ein neues Verfahren zur Nutzbarmachung des Sauerstoffs der Luft und die demselben zugrundeliegenden Verbindungen 1891 erfolgte seine Berufung als a.o. Professor für pharmazeutische Chemie und chemische Technologie an die Universität Münster als Nachfolger von Arthur Meyer.

In 35-jähriger Lehr- und Forschungstätigkeit hat Kaßner bei der Erforschung, Urbarmachung, Neugewinnung wissenschaftlicher Forschungsgebiete an der Universität Münster Hervorragendes geleistet, die zu der Zeit die Zentralstelle für die Pharmazie bedeutete.

Einer außergewöhnlich große Anzahl Schüler vermittelte Kaßner neben einer guten allgemeinen Ausbildung besonders die Grundlagen in der Maßanalyse, weil er erkannte, dass sie das wertvollste Rüstzeug für den Apotheker und Chemiker darstellt. In vielen Laboratorien wurden Kaßners Arbeitsmethoden der Maßanalyse eingeführt. Auch nach seiner Emeritierung im Jahre 1926 fanden seine Schüler bei ihm stets das größte Interesse. Um ihnen die Liebe und den Kontakt zur Wissenschaft zu erhalten, richtete Kaßner schon lange vor dem Kriege Fortbildungskurse ein, die von sehr vielen ehemaligen Schülern besucht wurden.

Die bei der Mitarbeit bei Poleck in Breslau empfangenen Impulse sollten das Lebenswerk Kaßners sehr stark beeinflussen. Die Erforschung der Bleioxidverbindungen geht wie ein roter Faden durch seine wissenschaftliche Forschungsarbeit.

Schon in Breslau beschäftigte er sich intensiv mit der Erforschung der Plumbate. Als Erster stellte er das Calciumplumbat her, das bei der Erforschung seiner besonderen Eigenschaften dann 1889 zu der Erfindung des Verfahrens zur Herstellung von Sauerstoff aus der Luft mit Hilfe von Calciumplumbat führte. Calciumplumbat spaltet sich mit reiner Kohlensäure in Calciumcarbonat und Bleioxid, wobei gleichzeitig Sauerstoff abgespalten wird. Aus dieser Mischung von Calciumcarbonat und Bleioxid bildet sich dann beim Erhitzen mit Luft wieder Calciumplumbat zurück.

Ca2PbO4 + 2 CO2 – (2 CaCO3 + PbO) + O2 CaCO3 + PbO + Luft (4 N + O) = 2 CO2 + 4N + Ca2PbO4

Der bei 700°C sich abspielende Prozess hat den Nachteil, dass zum Austrieb des Sauerstoffs reine Kohlensäure erforderlich ist. Er ist daher an Orte gebunden, an denen reine Kohlensäure in genügenden Mengen zur Verfügung steht, wie z.B. in Herste/Westf., wo dieses Verfahren bei der dort vorhandenen Kohlensäurequelle einige Jahre in Betrieb gewesen war. Kurze Zeit darauf kam aber Carl von Linde mit der Entdeckung der flüssigen Luft. Das Linde-Verfahren erzeugt ebenfalls reinen Sauerstoff, verursacht aber bedeutend geringere Kosten.

Für die Entwicklung des Linde-Verfahrens kam aber zu gleicher Zeit der günstige Umstand hinzu, dass der bis dahin noch sehr geringe Absatz an Sauerstoff sich durch die zu gleicher Zeit erfundene Methode der Metallverarbeitung mit Sauerstoff-Wasserstoff oder mit Acetylen-Sauerstofflamme (Autogenschweißen) ganz erheblich besserte. Das Kaßnersche Verfahren konnte sich in der bisherigen Ausbildung dem physikalischen Verfahren von Carl von Linde gegenüber nicht mehr behaupten. Dieser Rückschlag hatte jedoch auf die Forschungstätigkeit Kaßners nicht den geringsten Einfluss. Kaßner schloss sich der Lindeschen Ansicht, dass der Luftsauerstoff der billigste sei, vollinhaltlich an.

Er erkannte aber sogleich, dass die Möglichkeit weiterer Fortschritte zur wirtschaftlichen Gewinnung des Luftsauerstoffes auf dem Gebiet der Chemie liegen müsse. Auf diesem als richtig erkannten Wege forschte er unermüdlich weiter, bis es ihm nach vielen Versuchen im Jahre 1911 gelang, in einer Doppelverbindung von NatriumPlumbit und Natriummananat , die er "Plumboxan" nannte das Mittel zu erfinden, das die chemische Gewinnung des Sauerstoffes aus der Luft mit den wirtschaftlich billigsten Mitteln sicherte.

Bei diesem neuen Verfahren mit Plumboxan erfolgt die Spaltung der Luft in ihre beiden Komponenten Stickstoff und Sauerstoff ebenfalls in 2 Phasen, und zwar im Sinne der beiden nachfolgenden Gleichungen:

Gleichung 1: Gewinnung des Sauerstoffes:

(Na2PbO3' Na2MnO4) + 4 H2O = O + Na4PbO4' MnO2 + H2O

Gleichung 2: Gewinnung des Stickstoffes und gleichzeitige Regenerierung:

Na4PbO4' MnO2 + Luft (4 H + O) = Na2PbO3 + Na2, MnO4 + 4 N

Das Plumboxanverfahren hat gegenüber dem früheren Kaßnerschen Verfahren mit Calciumplumbat den großen Vorzug, dass es mit bedeutend geringerer Temperatur arbeitet und gleichzeitig unabhängig von einer Kohlensäurequelle ist. Dabei erhält man reinen Sauerstoff und nahezu reinen Stickstoff.

Die Höhe der erforderlichen Temperatur von etwa 400°C lässt es zu, dass dieses Verfahren in eisernen Apparaten, die nicht angegriffen werden, durchgeführt werden kann. Im Jahre 1912 führte Kaßner dieses Verfahren auf der Naturforscherversammlung in Münster einem größeren Kreise von Fachleuten und Wissenschaftlern vor und hatte damit vollen Erfolg.

Für alle Tagesfragen und Bedürfnisse der Technik hatte Kaßner stets das größte Interesse, und so wusste er sein Forschungsgebiet immer mit den großen Tagesfragen in Einklang zu bringen. Als schon während des Krieges der Ruf nach Salpetersäureverbindungen auftrat, um uns unabhängig von Chilesalpeter zu machen, dehnte Kaßner sein Forschungsgebiet auch hierauf aus.

Die Folge davon war, dass er 1922 in der Doppelverbindung von Barium-Metaplumbat und Barium-Manganat einen Katalysator für die Oxidierbarkeit des Ammoniaks fand. Dieser Katalysator ermöglicht die Übertragung des Sauerstoffs der Luft auf das Ammoniakmolekül bei einer Temperatur von 500°C unter Bildung von Salpetersäure und nitrosen Gasen.

Außer für pharmazeutische Chemie hatte Georg Kaßner einen Lehrauftrag für technologische Chemie und forensische Chemie. Diese Mannigfaltigkeit seines Lehrauftrages brachte es mit sich, dass er sich mit verschiedenen Aufgaben aus diesen Gebieten beschäftigte.

So erschien bereits 1901 eine Abhandlung Über die Tierversuche mit giftigen Gasen, insbesondere mit Kohlenoxid, in denen er, anschließend an die Grehantschen Versuche, zeigt, dass die Behandlung des durch Kohlenoxid vergifteten Hämoglobins durch Sauerstoff wirksamer ist als durch Luft.

Eine ganze Reihe anderer Arbeiten, wie beispielsweise

  • Die Beschreibung eines Verfahrens zur Gewinnung und Trennung von Rohrzucker und anderen Zuckerarten aus unreinen, fremde Stoffe enthaltenden Zuckerlösungen wie z.B. aus Melasse, Pflanzensäften und dergl. 1895
  • Ein neuer Fall von Rrystall-Chloroform und Leprarin-Chloroform. 1900
  • Über das fette Öl des Quittensamens. 1899
  • Beitrag zur Kenntnis des Äthers. 1912
  • Bildung von Mennige durch Licht und Luft. 1903

und viele andere Arbeiten bestätigen das oben Gesagte.

Als 1903 das Gesetz über die Herstellung und den Verkauf von Phosphorzündwaren wirksam wurde, gab Kaßner wertvolle Anregungen zur Verwendung der Plumbate bei der Herstellung von feuerungefährlichen Zündhölzern. Diese Anregungen fielen auf fruchtbaren Boden und so enthalten sehr viele Sicherheitszündhölzer das von Kaßner erfundene Calciumplumbat.

 
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