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Irreversibilität



  Irreversibilität (lat. Irreversum) bedeutet Nichtumkehrbarkeit bzw. Unumkehrbarkeit. Das Wort wird in verschiedenen Fachsprachen verwendet und ist das Gegenteil des Begriffes Reversibilität.

Inhaltsverzeichnis

In der Physik

Ein physikalischer Prozess ist irreversibel, wenn er nicht umkehrbar ist. Als Beispiel diene ein Glas, welches von einem Tisch auf den Boden fällt und zerspringt. Nach Rudolf Clausius ist dieser Prozess irreversibel, da er nicht spontan in umgekehrter Richtung ablaufen kann. In der Tat ist noch nie beobachtet worden, wie die Splitter eines Glases sich spontan wieder zusammensetzten und das neu entstandene Glas auf einen Tisch sprang.

Diese Definition ist jedoch noch unvollständig, was zuerst Max Planck erkannte. Um den Planck’schen Irreversibilitätsbegriff zu illustrieren, stellen wir uns vor, dass das zersprungene Glas eingeschmolzen wird, ein neues Glas entsteht, welches dann auf den Tisch gestellt wird. Nun ist offensichtlich der Ausgangszustand (Glas auf dem Tisch) wiederhergestellt worden, nur auf eine andere Art und Weise. Während des Schmelzens und Formen des Glases haben jedoch zusätzliche irreversible Prozesse stattgefunden; der Versuch, einen irreversiblen Prozess rückgängig zu machen, hat also seinerseits eine tiefe Spur der Irreversibilität in der Umgebung zurückgelassen.

Eine gute Definition der Irreversibilität ist also die folgende: Es gibt keine Möglichkeit, einen irreversiblen Prozess auf irgendeine Art und Weise rückgängig zu machen, und gleichzeitig alle dafür benutzten Hilfsmittel (falls es solche Hilfsmittel gibt) wieder in ihren Ausgangszustand zurückzuversetzen.

Diese Planck’sche Formulierung der Irreversibilität ist wesentlich stärker als die von Clausius, da alle Freiheiten und jedes Mittel bei der Umkehrung eines Prozesse eingesetzt werden dürfen. Wenn man davon ausgeht, dass es bestimmte irreversible Prozesse in der Natur auf jeden Fall gibt, wie die Umwandlung von mechanischer Arbeit in Wärme (z. B. durch Reibung), ist es möglich zu zeigen, dass thermodynamische Zustände eine natürliche Ordnung in Bezug auf ihre zeitliche (irreversible) Abfolge besitzen. Diese Ordnung kann für Gleichgewichtszustände durch eine Zahl, die thermodynamische Entropie, ausgedrückt werden.

Ausgehend vom Irreversibilitätsbegriff können die Gesetze der Thermodynamik abgeleitet werden – die Thermodynamik wird zu einer Theorie der Irreversibilität. Diesen Zugang bezeichnet man als axiomatische Thermodynamik. Nach Max Planck ist dieser Ansatz unter anderem von Constantin Carathéodory, R. Giles und Peter T. Landsberg weiterentwickelt worden.

Bemerkenswert ist, dass der Entropiebegriff der axiomatischen Thermodynamik weder eine statistische Interpretation noch die Argumentation mit Hilfe reversibler Kreisprozesse (siehe Carnot-Prozess) benötigt. Auch in neuerer Zeit werden immer wieder Arbeiten publiziert, die diese Interpretation der Entropie vertiefen.

In der Entwicklung

Weitgehend irreversibel sind Anlagen, Vorgänge der somatischen Konstitution, der Sinnestüchtigkeit, des Temperaments und der Reifungsprozesse. Sie sind Teile der inneren Bedingungen der Entwicklung eines Menschen. Die Entwicklung eines Lebewesens strebt unter normalen Voraussetzungen vorwärts. Sie ist durch Hemmungen störbar, kann aber nicht im rückläufigen Sinne erfolgen. Das gilt auch unter anderem für den menschlichen Lebenslauf.

In der Medizin

In der Medizin werden nicht wieder heilbare Schäden durch Krankheit oder Verletzungen als irreversibel bezeichnet.

In der Landwirtschaft

In der Landwirtschaft werden nicht wieder heilbare Schäden am fruchtbarem Ackerboden sowie Krankheiten und Schädigungen an Nutzpflanzen und Nutztieren die nicht mehr geheilt werden können und zum vorzeitigen Tode des Lebenwesens führen als irreversibel bezeichnet.

In der Wirtschaft

Die Korrekturkräfte des Marktes und seine Möglichkeiten zur Selbstregulation durch die „unsichtbare Hand“ werden durch Irreversibilität beschränkt. Werden in einem Markt als System von den Marktteilnehmern Prozesse als Marktversagen definiert, die im geschlossenen System irreversibel sind und wurden Arten solchen Marktversagens definiert, die uneingeschränkt korrigierbar sein müssen oder angesichts ihrer Unumkehrbarkeit zu vermeiden sind, so ergibt sich daraus die Notwendigkeit, das geschlossene System für marktfremde Interventionen zu öffnen. Jedoch lassen sich in der Praxis auch im offenen System Schäden, die auch nach marktwirtschaftlicher Definition Schäden sind, nicht immer umkehren.

In der Chemie

In der Chemie bezeichnet man Reaktionen, die isoliert nicht umkehrbar sind, als irreversibel. Z.B. verbinden sich Kohlenstoff und Sauerstoff zu Kohlenstoffdioxid.

In der Justiz

Die Todesstrafe ist unumkehrbar. In vielen Ländern gilt, dass die Möglichkeit von Justizirrtümern ein wichtiger Grund für die Ablehnung der Todesstrafe sei. Die Wirkung von Zeitstrafen ist angesichts der Unumkehrbarkeit der Zeit ebenfalls irreversibel, aber es kann der Versuch unternommen werden, das im Fall eines Irrtums mit finanziellen Mitteln zu kompensieren. Eine perfekte Behebung eines durch Fehler verursachten Schadens ist auch hier nicht möglich.

In der Kryptologie

Einige kryptographische Verfahren zielen auf Unumkehrbarkeit. Beispiele sind asymmetrische Verschlüsselungsverfahren und Hash-Funktionen. Ein klassische Methode ist das Anagrammieren.

 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Irreversibilität aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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