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Kernchemie



Die Kernchemie (Nuklearchemie) ist das Teilgebiet der Chemie, das sich mit den Eigenschaften der Atomkerne befasst. Von der Kernphysik unterscheidet sich die Kernchemie dadurch, dass sie zur Untersuchung der Eigenschaften der Atomkerne chemische Methoden anwendet, also chemische Analyse und Synthese. Die in der Kernchemie (als Grundlagenforschung) gewonnenen Kenntnisse über die Eigenschaften radioaktiver Nuklide werden in vielen Bereichen angewandter Forschung, industrieller Produktion und medizinischer Diagnose und Therapie eingesetzt, wie in Radiochemie, Radiopharmazie, Nuklearmedizin, Umweltanalytik.

Inhaltsverzeichnis

Historie

Historisch gesehen waren es Chemiker, die als erste die entweder natürlich auftretenden Alpha-Zerfallsreihen (ausgehend von den radioaktiven Th- und U-Isotopen) oder (kernphysikalisch) induzierte Kernreaktionen untersuchten. Die dabei auftretenden Umwandlungen von Elementen (Transmutation, der uralte Traum der Alchemisten) ließen sich nur mit hochentwickelten chemischen Analysemethoden studieren, insbesondere da die Reaktionsprodukte oft nur in minimalen Mengen vorkommen. Als Beispiele seien die Abtrennung von Radium und Polonium aus Pechblende durch die Chemikerin Marie Curie und die Entdeckung der Kernspaltung durch die Chemiker Otto Hahn und Fritz Strassmann genannt.

Kernchemische Fragestellungen

Allgemein

Beim Kernzerfall des Atoms eines radioaktiven Elements entsteht oft kein stabiles Zerfallsprodukt, sondern ein ebenfalls radioaktives Element. Das bedeutet, dass selbst aus einem reinem radioaktiven Element mit der Zeit ein Gemisch mehrerer Elemente entsteht. Die von einem solchen Gemisch ausgehende Strahlung ist naturgemäß schwerer zu identifizieren als diejenige eines einzelnen Elements. Durch eine chemische Trennung der Elemente voneinander können anschließend die einzelnen Elemente anhand ihrer Strahlung identifiziert werden. Auch lässt sich dadurch klären, in welcher Reihenfolge mehrere Zerfälle erfolgen und es kann eine Zerfallsreihe aufgestellt werden. Die Kernchemie ermöglicht damit die Zuordnung der Strahlung und damit letztendlich die Zuordnung von Atomkerneigenschaften zu einem bestimmten Element.

Äußere Einflüsse auf Halbwertszeit

Im Fall des radioaktiven Zerfalls durch Elektroneneinfang gibt es messbare Einflüsse äußerer Bedingungen wie Aggregatzustand, Druck oder chemischer Bindung auf die Lebensdauer radiaktiver Atome. Die Ursache ist, dass im speziellen Fall des Elektroneneinfangs die Zerfallsrate von der räumlichen Verteilung der Elektronen der innersten Atomschale abhängt. Diese sind wiederum von den äußeren Schalen beeinflusst, die die chemische Bindung vermitteln. Ein seit dem Ende der 40er Jahre diskutierter Fall ist der EC-Zerfall des Be-7 zu Li-7 (s. Segrè und Hensley). T. Ohtsuki et al. untersuchten die Halbwertszeit von radioaktivem Be-7 zum einen in Be-Metall und zum anderen in C60-Käfigen (Buckminster-Fulleren). Sie fanden die Halbwertszeiten 52.68±0.05 Tage (Metall) und 53.12±0.05 Tage (C60), d.h. eine Differenz von 0,83%.

Fortführung des Periodensystems

Bei den Elementen mit Ordnungszahlen größer etwa 100 könnten durch quantenmechanische Effekte Umordnungen im Periodensystem auftreten. Es ist daher ein aktuelles Forschungsthema der Kernchemie, die chemischen Eigenschaften der schwersten bisher synthetisierten Elemente zu ermitteln. Dabei müssen physiko-chemische Experimente mit teilweise nur einem Atom durchgeführt werden. Die schwersten bisher untersuchten Elemente (Dubnium, Seaborgium, Bohrium) zeigen noch keine fundamentalen Änderungen gegenüber ihren Homologen (Ta, W, Re).

Literatur

  • K.-H. Lieser: Einführung in die Kernchemie. 3. Auflage, VCH-Verlag, Weinheim 1991
  • E. Segrè, C.E. Wiegand: Experiments on the Effect of Atomic Electrons on the Decay Constant of Be-7, Physical Review, vol. 75, Issue 1, pp. 39-43 (1949)
  • T. Ohtsuki et al.: Enhanced Electron-Capture Decay Rate of 7Be Encapsulated in C60 Cages, Physical Review Letters, vol. 93, Issue 11, id. 112501 (2004)
  • M. Schädel: Chemie superschwerer Elemente. Angewandte Chemie 2006, 118, 378-414
 
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