Wassermoleküle in Bewegung: Überraschende Dynamik auf 2D-Materialien

TU Graz und University of Surrey zeigen, wie sich Wasser auf ultradünnen 2D-Materialien überraschend unterschiedlich bewegt

03.12.2025
A. Tamtögl - TU Graz

Wassermoleküle in Bewegung.

Wissenschafter der TU Graz und der University of Surrey haben zusammen aufgedeckt, wie sich einzelne Wassermoleküle über zwei der dünnsten Materialien der Welt – Graphen und hexagonales Bornitrid (h-BN) – bewegen. Die Ergebnisse sind unerwartet unterschiedlich.

In einer neuen Studie, die in Nature Communications veröffentlicht wurde, zeigen die Forschenden, dass einzelne Wassermoleküle über die Oberfläche von h-BN eher „laufen“ als „springen“ und sich dabei geschmeidiger und freier bewegen als auf Graphen. „Wir neigen dazu, Wasser als simpel anzusehen, aber auf molekularer Ebene verhält es sich ziemlich außergewöhnlich“, sagt Marco Sacchi von der University of Surrey . „Unsere Arbeit zeigt, dass kleinste Details einer Oberfläche die Bewegung von Wasser verändern können – etwas, das uns helfen könnte, bessere Beschichtungen, Sensoren und Geräte zu entwickeln.“ 

Moleküle mit eigenem Willen

Sowohl Graphen als auch h-BN sind ultradünne, blattartige Materialien mit ähnlichen Wabenstrukturen. Während Graphen jedoch elektrisch leitfähig ist, ist h-BN ein Isolator. Dieser subtile Unterschied verändert die Art und Weise, wie jede Oberfläche mit Wasser interagiert.

Mithilfe einer hochpräzisen Technik namens Helium-Spin-Echo-Spektroskopie, mit der die Bewegung von Molekülen verfolgt werden kann, ohne sie zu beschädigen, beobachtete das Grazer Team, wie sich einzelne Wassermoleküle über jedes Material bewegten. Sie entdeckten, dass sich Wassermoleküle auf h-BN drehen und rollen, während sie sich bewegen – wie ein winziger Kreisel, der über eine Tischplatte gleitet –, anstatt wie auf Graphen zwischen festen Stellen zu springen.

„Es ist fast so, als würde das Molekül gehen statt hüpfen“, sagt Anton Tamtögl vom Institut für Experimentalphysik der TU Graz. „Diese kontinuierliche, rotierende Bewegung war völlig unerwartet.“ 

Weniger Reibung, mehr Freiheit

Um zu verstehen, warum das so ist, modellierten die Forscher die Bewegung auf atomarer Ebene mittels Computersimulationen. Sie fanden heraus, dass Wasser auf h-BN leichter gleitet, wenn dieses Material auf einer Nickelschicht liegt. Es gibt dort weniger Reibung, sodass sich ein einzelnes Wassermolekül einfacher bewegen kann. Auf Graphen ist es umgekehrt: Das Metall darunter „verbindet“ die inneren Schwingungen des Wassermoleküls stärker mit der Oberfläche. Dadurch entsteht mehr Reibung, und das Molekül kann sich weniger geschmeidig fortbewegen.

„Die Unterlage unter dem 2D-Material erwies sich als entscheidend“, erklärt Marco Sacchi. „Sie kann das Verhalten von Wasser komplett verändern – und sogar das Gegenteil von dem bewirken, was wir erwartet hatten.“ 

Ein Schritt in Richtung Designer-Oberflächen

Diese Erkenntnisse könnten Technologien beeinflussen, die auf der Steuerung von Wasser im Nanobereich beruhen – von Enteisungsbeschichtungen und mikrofluidischen Geräten bis hin zu Schmierstoffen und Energiematerialien der nächsten Generation.

„Wenn wir durch die Wahl des richtigen Materials und Substrats die Bewegung von Wasser steuern können, könnten wir Oberflächen entwickeln, die die Benetzung kontrollieren oder der Vereisung widerstehen“, sagt Anton Tamtögl. „Das ist für alles, von Beschichtungsanwendungen bis hin zu Entsalzungsmembranen, von großem Wert.“

Die Arbeit ist auch ein Beispiel dafür, wie internationale Zusammenarbeit zu neuen Entdeckungen führt. Nachwuchswissenschafterinnen wie Philipp Seiler, Anthony Payne, Neubi Xavier Jr, Louie Slocombe und Adam Payne spielten eine wichtige Rolle bei den Experimenten und Simulationen. „Diese Studie war eine echte Teamleistung“, fügt Marco Sacchi hinzu. „Sie vereint modernste experimentelle Physik in Graz und computergestützte Chemie in Surrey , um etwas völlig Neues über eines der häufigsten Moleküle der Erde aufzudecken.“

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