Chemie-Manager fürchtet härteren Wettbewerb durch Freihandelsabkommen TTIP
Deutsche Chemieunternehmen sind kaum vorbereitet auf TTIP
Die Gesamtwahrnehmung der Standortbedingungen für die deutsche Chemieindustrie hält sich trotz der deutlich reduzierten Wachstumsprognosen für die Gesamtwirtschaft auf einem stabil positiven Niveau. "Mehr als die Hälfte der Befragten erwartet für die kommenden zwölf Monate zwar Zuwächse bei Umsatz, Ergebnis und Cash Flow, diese fallen aber im Vergleich zu vorherigen Befragungen geringer aus", sagt Dr. Josef Packowski, Managing Partner bei der Strategie- und Organisationsberatung CAMELOT Management Consultants.
Zwei Drittel (77%) der Befragten beurteilen die Situation am Chemie-Standort Deutschland als „gut“ oder „sehr gut“, das spricht zwar für eine hohe Zufriedenheit, ist aber andererseits der niedrigste Wert seit Mai 2013. Am schlechtesten bewerten die Panel-Teilnehmer erneut die Faktoren Arbeitskosten, Unternehmensbesteuerung und Energiekosten. Besonders die Großunternehmen werden vorsichtiger: Jedes dritte plant in den kommenden zwölf Monaten Stellen abzubauen. Ganz anders die mittleren und kleinen Unternehmen: Hier möchte jedes dritte Unternehmen neue Jobs schaffen. Das Thema Kostensenkung hat generell an Priorität verloren: So sank der Anteil der Unternehmen, die hier 2015 ihren Schwerpunkt setzen wollen auf unter 60 Prozent - in der Umfrage zu Beginn des Jahres 2014 waren das noch 70, im Oktober 2013 sogar noch mehr als 80 Prozent.
TTIP: Deutsche Chemiemanager sehen größere Chancen für USA
Das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen der Europäischen Union und den USA bewerten die deutschen Chemiemanager überwiegend positiv. Sie erwarten eine Belebung der Chemiebranche auf beiden Seiten des Atlantiks, die die beiden Wirtschafträume noch enger verbinden wird. Auffallend ist, dass jeder zweite Befragte für das eigene Unternehmen jedoch weder Vor- noch Nachteile sieht. Außerdem bewerten die Teilnehmer die Vorteile für die US-amerikanischen Chemieunternehmen höher (66%) als die für ihre europäischen Mitbewerber (58%). Deutlich mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen des CHEMonitor-Panels arbeitet für Unternehmen, die in den USA tätig und somit direkt von dem Abkommen betroffen sind. „Die deutschen Chemiemanager betrachten das Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA mit gemischten Gefühlen“, urteilt Dr. Sven Mandewirth, Partner und Leiter des Industriesegments Chemie bei CAMELOT Management Consultants. „Die eine Hälfte der Teilnehmer rechnet mit günstigeren Rohstoffimporten und einer größeren Zuliefer- und Kundenbasis. Die andere Hälfte erwartet aber auch einen steigenden Wettbewerbs- und Margendruck.“ Mehr als ein Drittel der deutschen Chemiemanager (34%) fürchtet außerdem Umsatzeinbußen.
Die erwartete Zuspitzung der Konkurrenzsituation spiegelt sich auch in den Investitionsprognosen wider: 56% erwarten mehr Investitionen US-amerikanischer Unternehmen in Deutschland, umgekehrt planen aber auch 32% der deutschen Chemieunternehmen zusätzliche Investitionen in den USA. Außerdem erwarten die Umfrageteilnehmer, dass TTIP beide Regionen attraktiver für Investitionen asiatischer Unternehmen machen wird. Erstaunlich ist, dass sich die wenigsten deutschen Chemieunternehmen gezielt auf TTIP vorbereiten oder gar versuchen, das Abkommen aktiv mitzugestalten: Nur sechs Prozent haben interne Arbeitskreise dafür etabliert oder Vertreter in Fachausschüsse zur Gestaltung des Abkommens entsandt.