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4-Hydroxybutansäure



Strukturformel
Allgemeines
Name 4-Hydroxybutansäure
Andere Namen
  • γ-Hydroxybuttersäure
  • γ-Hydroxybutansäure
  • HGHB steht für die freie Säure
  • GHB (Sammelbez. mit Salzen)
  • γ-Hydroxybutyrat (Salz)
  • Oxybat (Salz)
  • Anetamin (Na-Salz)
  • Somsanit® (Na-Salz)
  • Xyrem® (Na-Salz)
Summenformel C4H8O3
CAS-Nummer 591-81-1
SMILES

C(CCC(O)=O)O

Kurzbeschreibung farblose Flüssigkeit [1]
Eigenschaften
Molare Masse 104,11 g·mol−1
Aggregatzustand flüssig
Schmelzpunkt −17 °C [2]
Siedepunkt 178–180 °C (Zersetzung) [2]
Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung
R- und S-Sätze R: 22-36
S: ?
LD50

4800 mg/kg (Maus, oral) [3]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

4-Hydroxybutansäure, veraltet auch γ-Hydroxybuttersäure, kurz GHB, ist eine Hydroxy-Carbonsäure, deren Salze als 4-Hydroxybutyrate oder in der Pharmazie als Oxybate bezeichnet werden.

GHB ist eng verwandt mit dem menschlichen Neurotransmitter GABA (γ-Aminobuttersäure) und ist zugleich ein eigenständiger Neurotransmitter im menschlichen Körper. Es ist in der Nahrung (z. B. im Fleisch) in Spuren enthalten. GHB wird in der Medizin unter dem Handelsnamen Somsanit® (D) als intravenöses Narkotikum bei Kaiserschnittentbindungen, in der Geburtsanästhesie und bei Risikofällen aller Art (z. B. Patienten mit Leberschaden, Herzkatheterisierung usw.) benutzt. Neuerdings hat GHB in der EU und USA die Zulassung als Medikament zur symptomatischen Behandlung der Narkolepsie. Der Handelsname ist Xyrem®. Seit Ende der 1990er Jahre wird die Substanz verstärkt als Partydroge (Liquid Ecstasy) genutzt.

Inhaltsverzeichnis

Historische Informationen

GHB wurde erstmals im Frühjahr 1960 synthetisiert. Die Synthese erfolgte durch den Chemiker und Pharmakologen Camille Georges Wermuth im Auftrag der französischen Marine im Rahmen eines Forschungsprogrammes, das von dem Chirurgen Henri Marie Laborit am Marinestützpunkt Toulon in Südfrankreich durchgeführt wurde. Der Entwickler von GHB ersetzte die Aminogruppe des GABA-Moleküls durch eine Hydroxylgruppe und machte so das Molekül (GHB) für die Blut-Hirn-Schranke passierbar. In den 1960er und 1970er Jahren wurde GHB intensiv als Narkotikum genutzt. Auch als Hilfsmittel zum Alkoholentzug und als Nahrungsergänzung für Sportler wurde GHB verwendet. Die Indikation vom Xyrem® beschränkte sich zuerst auf Narkolepsie mit Kataplexie, wurde aber später auf generelle Behandlung der Narkolepsie erweitert.

Chemische Eigenschaften

4-Hydroxybutansäure cyclisiert in einer Gleichgewichtsreaktion, abhängig vom pH-Wert und der Temperatur, zum Butyro-1,4-lacton (GBL).[4][5]

Die Salze der 4-Hydroxybutansäure sind geruchlos und teilweise hygroskopisch. Natriumoxybat weist einen deutlich salzigen Geschmack auf.

Wirkung

Abhängig von der Dosierung wirkt GHB entweder als Entaktogen oder Hypnotikum.

In niedrigen Dosen von circa 0,5 g bis 1,5 g dominiert der stimulierende Effekt. GHB wirkt dann angstlösend, leicht euphorisierend und sozial öffnend. Ferner tritt eine Einschränkung der motorischen Kontrolle, ähnlich wie bei einem Alkoholrausch, auf. In höheren Dosierungen bis circa 2,5 g kommt unter Umständen eine aphrodisierende Wirkung hinzu, oder allgemein, wieder wie bei Alkohol, eine Verstärkung vorhandener Antriebe und Stimmungen.

In noch höheren Dosen wirkt GHB stark einschläfernd. Auch aufkommender Brechreiz wird häufig beschrieben. Überdosierungen können zu plötzlichem narkotischem Schlaf führen, aus dem die betreffende Person kaum zu wecken ist. Zur Behandlung von Narkolepsie wird GHB über längere Zeit nachts verabreicht. Nach einigen Wochen zeigt sich ein deutlicher Rückgang der Kataplexien. Auch auf die Tagschläfrigkeit bei Narkolepsie soll es sich positiv auswirken.

GHB-Überdosen (d.h. Dosen, die zu einer unerwünschten Narkose führen) sind physiologisch verhältnismäßig unproblematisch, solange kein Mischkonsum mit anderen Drogen vorliegt. Über toxische Dosierungen beim Menschen liegen keine Angaben vor. Nach den Beobachtungen scheint aber die therapeutische Breite relativ groß zu sein.

Gefährlich ist dagegen die Kombination mit Alkohol, atemdepressiv wirkenden Medikamenten oder Benzodiazepinen. Dabei kann es zu Übelkeit und Erbrechen kommen, was durch die narkotisierende Eigenschaft der Droge zum Erstickungstod führen kann. Außerdem können lebensbedrohliche Atemdepressionen und Herzrhythmusstörungen auftreten. Wegen der übereinstimmend einschläfernden Wirkung wird der Zustand der betroffenen Person von Sanitätern und Helfern oft falsch eingeschätzt. Meist wird eine Überdosierung von Benzodiazepinen vermutet, so dass oft eine intensivmedizinische, symptomatische Behandlung (u. U. auch die zusätzliche Gabe von Flumazenil) vorgenommen wird.

GHB ist nach den bisherigen Erkenntnissen nicht placentadurchgängig, kann also von schwangeren Narkolepsiepatientinnen unter ärztlicher Kontrolle weiter verwendet werden, um die Kataplexien einzuschränken. Allerdings ist NaGHB mammadurchgängig und wird deshalb mit der Muttermilch an den Säugling weiter gegeben. Deshalb sollte nach einiger Zeit abgestillt werden.

GHB wird im Körper wahrscheinlich zu der verwandten GABA metabolisiert und beeinflusst als solche indirekt den Dopamin-Haushalt. Die Hypothese, dass GHB zuerst die Ausschüttung von Dopamin behindert (was zur Müdigkeit führt) und anschließend dessen erhöhte Ausschüttung auslöst (der sog. Dopamin-Rebound, welcher zur Folge hat, dass man nicht schlafen kann), konnte allerdings nicht gehalten werden.

Beim Absetzen von GHB nach längerem Gebrauch stellen sich Entzugsbeschwerden ein, welche qualitativ denen bei Benzodiazepinen gleichen, jedoch in Intensität und Dauer (12–96 Stunden) nicht das Ausmaß erreichen.

GHB ist maximal zwölf Stunden via GC-MS im Urin nachweisbar und wird im Körper innerhalb von 24 Stunden vollständig über Bernsteinsäure im Citratzyklus metabolisiert. Als Abbauprodukte bleiben letztlich nur Kohlendioxid und Wasser.

Abhängigkeit und Entzug

GHB ist auch bekannt als Liquid Ecstasy, Liquid E, Liquid X, Fantasy u. ä. Es besitzt keinerlei chemische Verwandtschaft zu Ecstasy (MDMA) und hat auch in seiner Wirkung kaum Ähnlichkeit. Die Bezeichnungen sind vor allem ein Verkaufsargument. Es ist auf dem Schwarzmarkt als hygroskopischer Feststoff oder als farblose oder gefärbte (Lebensmittelfarbe) Flüssigkeit in Flaschen erhältlich, wobei es sich um eine wässrige Lösung von GHB-Salzen handelt. Oft werden seit dem Verbot von GHB ersatzweise GBL oder BDO konsumiert, die im Körper unmittelbar zu GHB verstoffwechselt werden und deshalb annähernd die gleiche Wirkung haben.

Bei häufiger bzw. regelmäßiger Einnahme kann sich eine psychische und physische Abhängigkeit einstellen. Entzugserscheinungen treten in Form von anhaltender Übelkeit, Schweißausbruch, Zittern der Hände und Schlaflosigkeit auf. Die Symptome bilden sich jedoch meist nach 1–3 Tagen zurück.

Bei Konsumenten, die Entzugserscheinungen nur mit täglichem Konsum von mehr als ca. 15 g unterdrücken konnten, wurde beobachtet, dass ein langfristiger Gebrauch zu akustischen Halluzinationen in Form von (imperativen) Stimmen führte, welche sich, gepaart mit hinzukommendem stark unwohlen Körpergefühl, Tagträumen und visuellen Halluzinationen, bei einem (kalten) Entzug verstärkt haben.

Herstellung

Ein Weg zur Herstellung von GHB ist die hydrolytische Spaltung der inneren Esterbindung von γ-Butyrolacton durch die äquivalente Menge eines Alkalimetallhydroxids unter initialer Wärmezufuhr.

Verwendung

Medizinische Verwendung

Medizinisch werden die Salze der 4-Hydroxybuttersäure als Alternativnarkotikum ohne analgetischen Effekt unter dem Handelsnamen Somsanit® eingesetzt. Die flüssige 4-Hydroxybuttersäure ist zu instabil (Umlagerung zu GBL) und stark sauer.

In Österreich wird die Substanz unter dem Handelsnamen Alcover® zur Behandlung von Entzugserscheinungen bei Alkoholkranken verwendet. In den USA und seit 2005 auch in Deutschland ist die Substanz als (BtM-)rezeptflichtiges Medikament unter dem Handelsnamen Xyrem® für Narkolepsie-Patienten zugelassen. Diesbezüglich gibt es auch klinische Studien in Deutschland. Wirksam wird es nach mehrtägigem Einsatz als Narkotikum tagsüber gegen die Kataplexien, die bei Narkolepsie häufig auftreten.

Doping

In den 1980er Jahren wurde die Substanz von Sportlern als Doping-Mittel eingesetzt, da es zum einen verstärkt Wachstumshormone freisetzt, zum anderen für einen besonders erholsamen Schlaf sorgt. Seit Ende der 90er-Jahre ist GHB immer mal wieder, v. a. unter dem Namen Liquid Ecstasy oder kurz Liquid in diversen Techno-/Clubszenen als Partydroge aufgetaucht, obwohl es weder chemisch noch in den Effekten denen von Ecstasy ähnelt.

K.o.-Tropfen

Etwa seit 2004 wird GHB in der Presseberichterstattung auch wiederholt als so genannte Vergewaltigungsdroge erwähnt. Kriminelle sollen die Substanz als K.-o.-Tropfen benutzen, um es in Getränke zu mischen und die so betäubten Opfer zu vergewaltigen oder auszurauben. Der bekannteste Kriminalfall, bei dem GHB eingesetzt worden sein soll, ist der Fall des Millionenerben Andrew Luster. Der salzige bis seifige Geschmack kann jedoch nur durch einen starken Eigengeschmack des Getränkes, z. B. durch Fruchtsäuren und Bitterkomponenten (Bitterlemon, Grapefruitsaft) überdeckt werden. Die Wirkung (Schläfrigkeit/Komatöser Schlaf) tritt innerhalb von 15–30 Minuten ein. Innerhalb von 12 Stunden wird GHB im Körper bis unter die Nachweisgrenze abgebaut. Die Erinnerung an die Zeit unter Drogeneinfluss ist meist nur lückenhaft (anterograde Amnesie, Halcion-Effekt).

Der konkrete Nachweis derartiger Vorfälle ist aufgrund des schnellen Abbaus schwierig. Einzelne bekannt gewordene Fälle in den USA und Japan führten dazu, dass US-Medien GHB zu einer Date-Rape-Drug stilisierten.

Rechtliche Situation

Mit der 16. Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften vom 28. November 2001, in Kraft getreten am 1. März 2002, wurde GHB in Deutschland den betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften unterstellt. Jeglicher Umgang (mit Ausnahme des Konsums) mit dieser Substanz ist für die Allgemeinheit verboten. Seitdem ist GHB in Anlage III zu § 1 BtMG (verkehrsfähige und verschreibungsfähige Stoffe) aufgelistet. Eine Ausnahme bilden injizierbare Mittel wie Somsanit, die der einfachen Verschreibungspflicht unterliegen.

In der Schweiz unterliegt GHB seit dem 31. Dezember 2001 den betäubungsmittelrechtlichen Bestimmungen.

In Österreich wurde GHB 2002 in das Suchtmittelgesetz aufgenommen. Daher ist jeder Besitz, Handel, sowie Ein- und Ausfuhr strafbar und wird mit Geld- und Freiheitsstrafen geahndet.

Quellenangaben

  1. M. Sylvia Stein (2003): Stellungnahme zur Nicht Geringen Menge von γ-Hydroxybuttersäure. In: Toxichem. Krimtech. Bd. 70, Nr. 2, S. 87-92. PDF
  2. a b Witkowski, M.R. et al. (2006): GHB free acid: II. Isolation and spectroscopic characterization for forensic analysis. In: J. Forensic. Sci. Bd. 51, S. 330-339. PMID 16566766 doi:10.1111/j.1556-4029.2006.00074.x
  3. 4-Hydroxybutansäure bei ChemIDplus
  4. Ciolino, L.A. et al. (2001): The chemical interconversion of GHB and GBL: forensic issues and implications. In: J. Forensic. Sci. Bd. 46, S. 1315-1323. PMID 11714141.
  5. Hennessy, S.A. et al. (2004): The reactivity of gamma-hydroxybutyric acid (GHB) and gamma-butyrolactone (GBL) in alcoholic solutions. In: J. Forensic. Sci. Bd. 49, S. 1220-1229. PMID 15568693 PDF

Literatur

  • Snead, O.C. & Gibson, K.M. (2005): gamma-Hydroxybutyric acid. In: N. Engl. J. Med. Bd. 352, S. 2721-2732. PMID 15987921 PDF
  • Ward Dean, John Morgenthaler & Steven Fowkes: GHB: The Natural Mood Enhancer. Smart Publications, Petaluma, CA, USA 1998.

Siehe auch

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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel 4-Hydroxybutansäure aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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