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Narkotikum



Ein Narkotikum (griech., Plural: Narkotika) ist ein Arzneimittel zur Erzeugung einer Narkose.

Inhaltsverzeichnis

Systematik

 

Die Narkotika lassen sich entsprechend den Zielen einer Narkose in vier Gruppen einteilen:

  1. Hypnotika (Schlafmittel)
  2. Analgetika (schmerzdämpfende Mittel), wobei Opioide Verwendung finden.
  3. Muskelrelaxantien (Mittel zur Erschlaffung der Willkürmuskulatur)
  4. Reflexdämpfende Mittel

(Diese Einteilung ist etwas mutig, da klassisch nur die Hypnotika und die Analgetika zu den Narkotika gehören. Moderne Narkosen setzen aber eine Kombination der beschriebenen Mittel voraus.)

Die Grenzen zwischen den Gruppen sind fließend, so haben z.B. die Hypnotika oft auch analgetische Wirkung und die Analgetika hypnotische Eigenschaften. In der Praxis werden einzelne Medikamente der Gruppen miteinander kombiniert. Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass dieses Vorgehen eine Dosisreduktion der Einzelmedikamente erlaubt, was zu weniger Nebenwirkungen führt.

Hypnotika

Bei den Hypnotika finden sich einige medizinische Gase, volatile (dampfförmige) und injizierbare (einspritzbare) Medikamente. Gase und Dämpfe unterscheiden sich in ihren physikalischen, chemischen und biologischen Kenngrößen grundlegend von den Injektionsnarkotika.

Gase und Dämpfe

In Gas- und Dampfform verabreichte Narkosemittel werden als Inhalationsanästhetika bezeichnet.

Beschreibung

  • Zu den Gasen gehören:
  1. Lachgas
  2. Xenon
  • Zu den volatilen (verdampfbaren) Narkotika gehören:
  1. Ether
  2. Chloroform
  3. Halothan
  4. Methoxyfluran
  5. Enfluran
  6. Isofluran
  7. Sevofluran
  8. Desfluran

Die volatilen Narkotika werden durch spezielle Verdampfer (Vapor) dem Frischgas im Narkosesystem beigefügt.

Narkosegase werden dem Patienten durch die Atmung (Ventilation) zugeführt. Dabei ist die Unterscheidung der Narkosephasen

  • Einleitung,
  • Unterhaltung und
  • Ausleitung

wichtig. Eine Definition hierzu siehe Artikel Narkose.

Die Einleitung der Narkose mittels Inhalation wird als unangenehm empfunden und kommt nur in Ausnahmefällen in Anwendung (z. B. bei Kindern oder bei Erwachsenen, die eine Venenpunktion zur Injektionseinleitung strikt ablehnen). Da es sich um Gase oder Dämpfe handelt, muss die Konzentration in der Einatemluft höher sein als die Konzentration in der Ausatemluft. Fast immer werden aber Inhalationsnarkosen per Injektion eingeleitet und dann mit Gasen/Dämpfen fortgeführt (siehe auch balancierte Anästhesie im Artikel Narkose).

Während der Unterhaltung (statische Phase) der Narkose muss die Zufuhr des Narkosemittels der Ausfuhr entsprechen. Die Konzentration des gasförmigen Narkosemittels in der Einatemluft ist der Konzentration in der Ausatemluft gleich.

Zur Ausleitung (Abflutung) werden die Narkosegase dem Organismus durch die Ventilation entzogen. Dazu muss nur die Zufuhr des Narkosemittels unterbrochen und die abgeatmeten Gase müssen abgeleitet werden. Die Konzentration in der Einatemluft ist niedriger als diejenige in der Ausatemluft.

Vergleichende pharmakologische Daten

Sollte ein Mittel eine schnelle Ein- oder Ausleitung ermöglichen, dann wird es als gut steuerbar bezeichnet. Diese Eigenschaft hängt von verschiedenen physikalisch-biologischen Faktoren ab, die wesentlich die Güte eines Inhalationsanästhetikums beschreiben.

Zwei der wichtigsten Parameter sind:

  • Blut/Gas-Verteilungsquotient
  • Minimale alveoläre Konzentration
Blut/Gas-Verteilungskoeffizient (BGV)
Beschreibt das Lösungsverhalten eines gas- oder dampfförmigen Anästhetikums. Ein hoher Koeffizient bedeutet, dass bei einer Narkoseeinleitung erst große Mengen an Anästhestikum im Blut gelöst werden, bevor ein Ausgleich zwischen den Partialdrücken in Atemluft (der Luft in den Lungenbläschen - Alveole) und Blut eintritt. Somit kommt es indirekt zu verzögerter Abgabe des Narkotikums in das Gehirn, womit sich die Einleitungsphase verlängert. Geringe Blut/Gas-Verteilungskoeffizienten stehen für hohe Qualität des Narkotikums (siehe Tabelle).
Minimale alveoläre Konzentration (MAC)
Maß für die Wirkungsstärke eines Anästhetikums. Die MAC gibt die Konzentration des Anästhestikums in den Alveolen an, bei der 50 % aller Patienten nicht mehr auf einen Hautschnitt reagieren. Je niedriger die MAC eines Anästhetikums ist, umso größer ist seine Wirkstärke.
Blut-/Gasverteilungskoeffizient und MAC einiger typischer Inhalationsnarkosemittel
Name BGV MAC in % Bemerkung
Ether 12,1! 58 starke Nebenwirkungen (ausgeprägte Erregungsphase, Übelkeit, brennbar), nur von historischem Interesse
Chloroform 8,4  ? starke Nebenwirkungen bis hoch giftig (Leberschäden), nur von historischem Interesse
Halothan 2,3 0,76 Nebenwirkungen auf die Leber (sog. Halothanhepatitis) u. a. durch hohe Verstoffwechslung in der Leber (20 %), deshalb heute immer seltener in Anwendung
Sevofluran 0,59 2,05 geringste Nebenwirkungen, gut verträglich, modernes Anästhetikum
Lachgas 0,47 104 Lachgas (auch Stickoxydul) ist ein gutes Schmerzmittel, es muss zu Narkosezwecken mit einem Schlafmittel kombiniert werden. Durch die hohe verwendete Konzentration (für gewöhnlich werden 70 % eingesetzt) und seine schlechte Blutlöslichkeit besteht bei der Ausleitung der Narkose die Gefahr des Sauerstoffmangels (sog. Diffusionshypoxie), deshalb werden solche Narkosen mit 100 % Sauerstoff ausgeleitet. An der hohen MAC ist auch zu erkennen, dass man eine Narkose ohne Kombination mit anderen Mittel nur unter erhöhtem Umgebungsdruck machen könnte. Stickoxydul wird in der Anästhesiologie immer seltener angewandt.
Desfluran 0,42 6-7 stechender Geruch kann zu Hustenreflex führen
Xenon 0,14 71 Sehr gut, aber zu teuer, bisher keine Routineanwendung in der Klinik. Aus der hohen MAC von 71 ergibt sich, dass Xenon dann nicht verwendet werden kann, wenn die Zufuhr von hohen Sauerstoffkonzentrationen (>30 %) benötigt werden sollte. Es ist also nicht universell einsetzbar.
Die intravenöse Verabreichung von Xenon in einer Fettlösung ist in der Literatur beschrieben worden, bisher konnte der hypnotische Effekt jedoch nicht reproduziert oder naturwissenschaftlich erklärt werden.

Also kann der Anästhesist mit Sevofluran eine Narkose wesentlich schneller ein- und ausleiten als mit Äther. Bis 1959, also über 100 Jahre der Anästhesiegeschichte stand außer Äther (im Wesentlichen) nur noch Chloroform als gasförmiges Anästhetikum zur Verfügung. Siehe dazu den folgenden Überlieferungsbericht.

Überlieferungsbericht

Ch. Rieger, Frankfurt/Oder berichtete das Folgende: Den alten Anästhesisten war bekannt, dass eine Narkoseeinleitung mit Äther sehr langsam vonstatten gehen konnte (bis zu einer halben Stunde, wenn man es ungeschickt anfing!), was sehr unangenehm für die Patienten war. Auf der anderen Seite stand Chloroform zur Verfügung, das besser steuerbar war. Chloroform hatte aber den Nachteil, dass seine Anwendung sehr komplikationsanfällig war (siehe Tabelle oben).

Man machte es so, dass die Narkose mit Chloroform begonnen wurde. Um die Einwirkung des gefährlichen Mittels so kurz wie möglich zu halten, ließ man die Patienten zählen. Irgendwann im Laufe der Einleitung verzählten sich die Leute, was das Zeichen für den Anästhesisten war, dass die Patienten am Einschlafen waren. Die kritische Phase war überstanden und somit konnte jetzt Äther zur Fortführung der Narkose eingesetzt werden.

Äther und Chloroform werden in den Industrienationen seit langem nicht mehr eingesetzt; Lachgas, Halothan und Enfluran nur noch vereinzelt. In der klinischen Routine befinden sich derzeit Isofluran, Sevofluran und Desfluran.

Injektionsnarkotika

Beschreibung

Injektionsnarkotika sind flüssige oder in Lösung befindliche Substanzen, die dem Patienten injiziert (eingespritzt) werden müssen. Das kann durch eine mit der Hand bediente Injektionsspritze erfolgen oder durch Spritzen, die durch programmierbare Automaten (Spritzenpumpe) betätigt werden. Letzteres ist im Rahmen der TIVA (totale intravenöse Anästhesie) gebräuchlich.

Aufnahme und Elimination eines Injektionsnarkotikums unterscheiden sich generell von den Inhalationsnarkotika. Während die Gase im Wesentlichen durch die Atmung dem Organismus zugeführt oder entzogen werden, erfolgt die Zufuhr bei den Injektionsnarkotika durch einspritzen (Injektion) und die Elimination durch Verstoffwechslung in der Leber oder Ausscheidung durch die Nieren.

Die Einleitungsphase ist bei den Injektionsnarkotika wesentlich kürzer als bei den Inhalationsnarkotika. Sie dauert nur so lange, bis das Narkotikum den Weg von der Injektionsstelle (meist periphere Vene) bis zum Gehirn zurückgelegt hat (wenige Sekunden).

In der statischen Unterhaltungsphase müssen Zufuhr und Elimination im Gleichgewicht stehen, um immer eine konstante Konzentration im Blut (und damit Narkosetiefe) zu halten.

In der Ausleitungsphase wird die Zufuhr gestoppt, damit lediglich die Eliminationsprozesse zur Geltung kommen können.

Vergleichende pharmakologische Daten

Zu den wichtigsten Parameter gehören:

Clearance in ml/kg/min
Die Clearance bezeichnet diejenige Menge an Blut, die je Zeiteinheit durch die Wirkung der Nieren von der betreffenden Substanz befreit wird. Eine hohe Clearance spricht also für hohe Extinktionsleistung der Niere. Da die Entfernung der Substanz aus dem Organismus schnell abläuft, kann die Zufuhr gut an den Bedarf angepasst werden. Die Wirkung des Narkosemittels wird in diesem Falle gut steuerbar.
HWZ
Ist die Halbwertzeit im Sinne der Konzentration im Blut. Kurze Halbwertzeiten sprechen für gute Steuerbarkeit. Halbwertzeiten sind das Ergebnis von Umverteilungsvorgängen, Extinktion durch Leber und Nieren, sowie enzymatischen und spontanen Abbauvorgängen.
Hepatische Ausscheidung
Ist das Maß für die Elimination des Narkosemittels über die Leber.
Clearance, Halbwertzeit (HWZ), hepatische Ausscheidung einiger typischer Injektionsnarkotika
Name Clearance
(ml/kg/min)
HWZ
(Stunden)
hepatische
Ausscheidung
Bemerkung
Methohexital 10,9 3,9 0,5 Barbiturat
Etomidat 17,9 4,6 0,9
Propofol 59,4 0,9 0,9 meist gebräuchlich im Rahmen der TIVA (siehe oben), Propofol wirkt antiemetisch (d.h. es ist gegen Übelkeit wirksam), (siehe Narkose), diese Wirkung ist im Rahmen der TIVA von Bedeutung
S(+)-Ketamin 20-33 2-3,5 Sehr neu, weniger psychotrope Nebenwirkungen als bei seinem Razemat, das Mittel ist eigentlich auch ein Analgetikum. Man kann es verwenden, ohne es mit anderen Mitteln zu kombinieren, das ist bei den anderen Injektionsnarkotika nicht der Fall (siehe Einleitung zu Punkt Narkotika)
Diazepam 0,4 32 0,03 Die Daten zeigen: Diazepam wird kaum über Niere und Leber ausgeschieden und hat deshalb eine extrem lange HWZ und damit Wirkdauer. Es ist somit sehr schlecht steuerbar und kaum für die Durchführung einer Narkose geeignet
Midazolam 7,5 2,5 0,51 Weiterentwicklung des Diazepam und schon aufgrund dieser Daten besser zu Narkosezwecken geeignet

In den meisten Fällen wird die Halbwertzeit zur Abschätzung der Wirkdauer eines Narkotikums herangezogen. Es muss aber darauf hingewiesen werden, dass dieser Schluss nur sehr indirekt und bedingt zulässig ist. Durch regionale Anreicherungs- und Umverteilungsvorgänge ergeben sich Abweichungen von einfachen exponentiellen Konzentrationsverläufen im Gehirn, dem hauptsächlichen Wirkort der Narkotika. Dieses Verhalten ist durch die pharmakologischen Kompartmentmodelle beschrieben. (Siehe auch kontextsensitive Halbwertszeit)

Alle aufgeführten Injektionsnarkotika sind heute gebräuchlich. Zuletzt sind Midazolam, Propofol und S(+)-Ketamin auf den Markt gekommenen.

Opioide

Opioide werden unter einem eigenen Artikel abgehandelt. Nur wenige Opioide sind für die Verwendung bei einer Narkose geeignet. Dies sind vor allem Fentanyl, Sufentanil und Remifentanil, weil sie relativ kurz wirksam sind und eine hohe analgetische Potenz haben. Langwirksame Opioide wie zum Beispiel Piritramid oder Buprenorphin werden eher in der Schmerztherapie verwendet.

Muskelrelaxantien

Diese Mittel werden unter einem eigenen Stichpunkt beschrieben (Muskelrelaxantien).

Reflexdämpfende Mittel

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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Narkotikum aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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