Meine Merkliste
my.chemie.de  
Login  

Gitterführung



Inhaltsverzeichnis

Physikalisches Phänomen

Die Gitterführung bzw. der Gitterführungseffekt (channelling auf Englisch) ist ein physikalisches Phänomen, das in der Ionenstrahlphysik Anwendung findet. Werden Einkristalle mit gebündelten Ionen unter einem Winkel nahe einer Kristallachse bestrahlt, dringen diese tief in den Kristall ein. In typischen Rückstreuexperimenten (Rutherford Backscattering, siehe Rutherford-Streuung) misst man eine geringere Rückstreurate, weil gerade entlang der Kristallachse der Zusammenstoß mit Gitteratomen unwahrscheinlicher wird. Wären die Atome perfekt hintereinander angereiht, dann würden die Ionen sogar nur eine einzige Ebene sehen; es ist so als würden die Teilchen entlang des Gitters durch Kanäle eindringen, sogar von der abstoßenden Wirkung der Gitteratome im Kanal gehalten (da beide positiv geladen), was die englische und deutsche Bezeichnung erklärt.

Varianten

Selbst negative und neutrale Teilchen zeigen den Gitterführungseffekt. Das Experiment kann auch mit radioaktiven Ionen durchgeführt werden. In diesem Falle sind nicht mehr die Ionen sondern die von ihnen emittierten Teilchen, die man detektiert; dann spricht man von Emissionchannelling.

Anwendungen

Eine direkte Anwendung dieser Technik ist die Bestimmung der Kristallinität einer Probe. Eine interessantere Anwendung ist zum Beispiel die Gitterplatzbestimmung, denn man kann die Probe mit radioaktiven Isotopen eines Elementes bestrahlen, das (natürlich als stabiles Isotop) als Dotierung eines Halbleiters in der Chipherstellung verwendet wird: die Wirkung als Akzeptor oder Donator hängt eben vom Gitterplatz ab und kann mit der Technik vorausgesehen bzw. erklärt werden. Andere Anwendungen sind in der Oberflächenphysik (Oberflächenrelaxation, Oberflächenkontaminierung, Strukturanalyse an der Schnittstelle zwischen zwei unterschiedlichen Schichten, ...).

Experimentelles

Wenn man die Teilchen zweidimensional detektiert, dann erhält man typische Rückstreuungsmuster, die von der Kristallstruktur, der speziellen Kristallachse und vom Gitterplatz der rückstreuenden Atomen abhängen. Das beschleunigt auch die Messung gegenüber eindimensionalen Detektoren.

Geschichte

Vorausgesehen wurde dieser Effekt schon bevor die ersten Experimente mit X-Strahlung Beugungseffekte an Einkristallen überhaupt gezeigt haben; erst 1912 wurde eine solche Hypothese veröffentlicht (J.Stark). Mehr als 50 Jahre danach kamen die ersten experimentellen Beweise (Piercy et al., 1963) und die ersten Computersimulationen (Robinson und Oen, 1963). Mittlerweile haben die Studien um diesen Effekt eine sehr gute wenn auch nicht vollkommen ausgereifte theoretische und experimentelle Entwicklung erfahren.

Allgemeine Literatur

  • J.W. Mayer and E. Rimini, Ion Beam Handbook for Material Analysis, (1977) Academic Press, New York
  • L.C. Feldman, J.W. Mayer and S.T.Picraux, "Material Analysis by Ion Channelling", (1982) Academic Press, New York
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Gitterführung aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
Ihr Bowser ist nicht aktuell. Microsoft Internet Explorer 6.0 unterstützt einige Funktionen auf ie.DE nicht.