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Heparin



Steckbrief
Name (INN) Heparin
Wirkungsgruppe

Handelsnamen

Heparin-Natrium-ratiopharm®
Liquemin®

Klassifikation
ATC-Code AB01,BA03,XA14
CAS-Nummer 9005-49-6
Verschreibungspflichtig: Ja


Fachinformation (Heparin)
Chemische Eigenschaften

IUPAC-Name: Glucuronsäure-O-sulfatmucopolysaccharid
Summenformel unspezifisch
Molare Masse 6000-30000 g/mol

Heparine sind therapeutisch eingesetzte Substanzen zur Blutgerinnungshemmung. Chemisch gesehen handelt es sich um Polysaccharide, bestehend aus einer variablen Anzahl von Aminozuckern mit einer molaren Masse zwischen 4.000 und 40.000 (Häufigkeitsgipfel etwa 15.000). Naürliche Heparine werden am ergiebigsten aus Dünndarmmukosa vom Schwein oder aus Rindelungen extrahiert. Heparin wird nicht aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert und muss deshalb parenteral appliziert werden.

Die gerinnungshemmende Wirkung beruht darauf, dass im Blut Antithrombin III zirkuliert, ein Enzym, das aktivierte Gerinnungsfaktoren hemmt. Heparin bindet nun an Antithrombin III, was die von diesem katalysierte Reaktion etwa 1000fach schneller ablaufen lässt.

Neben den unfraktionierten Heparinen werden auch noch niedermolekulare, fraktionierte Heparine angewendet, die kürzere Ketten aufweisen (molar Masse um 5.000) und die sich in der Wirkung insofern unterscheiden, welche Gerinnungsfaktoren sie hemmen.

Heparin wird angewandt zur Prophylaxe und Therapie von Thrombosen. Seine Dosis wird nicht in Gramm angegeben, sondern in Internationalen Einheiten (IE): 1.000 IE vermögen 1l Schafs- oder Rinderblut bei 37 °C eine Stunde lang ungerinnbar zu machen.

Als unerwünschte Nebenwirkungen treten auf:

  • überschießende Blutungsneigung (Antidot in diesem Fall Protamin)
  • erhöhtes Plasma-Kalium
  • erhöhte Leberenzyme (GOT, GPT, GGT)
  • wesentlich seltener heparininduzierte Thrombozytopenie HIT-TypI und HIT-TypII.

Inhaltsverzeichnis

Struktur

Heparine bestehen aus jeweils abwechselnden Folgen von D-Glucosamin und einer Uronsäure (D-Glucuronsäure oder L-Iduronsäure). Mit einer Kettenlänge von fünf Monosacchariden (drei D-Glucosamine und zwei Uronsäuren) sind sie bereits gerinnungshemmend. Den Kettenbausteinen entsprechend besitzen sie viele negative Ladungen, über welche sie auch an Antithrombin III koppeln. Heparine mit Kettenlängen von 5 bis 17 werden als niedermolekulare Heparine (NMH), mit Kettenlängen ab 18 als unfraktionierte Heparine (UFH) bezeichnet.

Wirkungsmechanismus

Sowohl NMH als auch UFH wirken über Antithrombin III (AT III) und beschleunigen die Inaktivierung von aktivierten Gerinnungsfaktoren um das 1000fache. NMH inaktiviert vornehmlich den Prothrombinasekomplex, bestehend aus aktiviertem Faktor X (Stuart Prower Faktor), aktiviertem Faktor V (Proakzelerin), Calciumionen und Phospholipiden. UFH inaktiviert neben dem Prothrombinasekomplex auch den aktivierten Faktor II = Thrombin. Insofern erklärt sich die schneller gerinnungshemmende Wirkung von UFH gegenüber NMH. Des Weiteren werden die Faktoren IX (Antihämophilie Faktor B bzw Christmas Faktor), XI (Rosenthal Faktor), XII (Hagemann Faktor) und Kallikrein inaktiviert.

Pharmakokinetik

Heparin wird intravenös oder subkutan verabreicht. Bei subkutaner Gabe von UFH resultiert eine 30%ige Bioverfügbarkeit. Bei intravenöser Applikation kommt es initial zu einer schnellen Elimination von 40% des injizierten UFH (schnell ablaufender Sättigungsprozess aufgrund der vielen negativen Ladungen bindet UFH am Endothel und an Makrophagen sowie an Plasmaproteine) mit einer Halbwertszeit von 5-15 Minuten, welche dann in eine langsamere Elimination mit einer HWZ von 60-90 Minuten (renale Elimination über glomeruläre Filtration und tubuläre Sekretion). Erst wenn alle Bindungsstellen abgesättigt sind, wird die Dosis-Wirkungs-Beziehung linear und der therapeutisch wirksame Spiegel erreicht. UFH ist nicht plazentagängig und tritt nicht in die Muttermilch ein -> kann somit in der Schwangerschaft und Stillzeit eingesetzt werden.

NMH weisen eine geringere Affinität zu Plasmaproteinen, vaskulären Matrixproteinen, Makrophagen, Thrombozyten und Endothelzellen auf. Daraus erklärt sich eine bessere Bioverfügbarkeit, die längere Eliminationshalbwertszeit und die ausschließlich renale Clearance der NMH. Nach subkutaner Injektion ergibt sich eine 90%+ Bioverfügbarkeit. NMH ist nicht plazentagängig, ein Übertritt in die Muttermilch ist nicht bekannt.

Indikationen

UFH ist unter anderem indiziert:

  • Prophylaxe peri- und postoperativer Thrombosen
  • Therapie der tiefen Venenthrombose und der Lungenembolie
  • Therapie arterieller Embolien
  • Antikoagulans bei extrakorporaler Zirkulation (z. B. Dialyse)
  • unter besonderen Gesichtspunkten:
    • zur Therapie der DIC (=disseminierte intravasale Coagulation)
    • zur Begleittherapie der Thrombolyse
    • zur Therapie des akuten Myokardinfarktes

NMH ist unter anderem angezeigt:

  • zur peri- und postoperativen Prophylaxe von venösen Thrombosen
  • Therapie der tiefen Venenthrombose
  • Therapie der nicht massiven Lungenembolie
  • Thromboseprophylaxe bei instabiler Angina Pectoris
  • Antikoagulans bei der Hämodialyse

Ferner wird Heparin inform eines s. g. Heparinblocks zum Offenhalten von Gefäßkathetern verwandt. Die Zuleitung wird dazu mit heparinisierter NaCl-Lösung gespült, so dass darin keine Koagulation stattfinden kann.

Anmerkung: in Deutschland besteht für viele NMH noch keine Zulassung für jede dieser Indikationen.

Kontraindikationen

Eine kritische Nutzen/Risiko-Analyse und sorgfältige laboranalytische Überwachung des Patienten sind notwendig. Der Begriff "Kontraindikation" ist in diesem Rahmen relativ zu sehen.

  • therapieresistente arterielle Hypertonie und Retinopathie
  • Leber- und Nierenerkrankungen mit eingeschränkter Funktion, akute Pankreatitis
  • schwere Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus
  • fortgeschrittenes Malignom
  • fortgeschrittenes Alter (mit erhöhter Morbidität)
  • Überempfindlichkeit oder vorausgegangene HIT II

hochdosiert:

  • bestehende oder drohende innere Blutungen
  • Punktion an Arterien und parenchymatösen Organen, intramuskuläre Injektionen (<7 Tage)
  • frische Operationen (Abhängig von Dauer und Art des Eingriffs)
  • bakterielle Endokarditis
  • Mitralklappenfehler mit Vorhofflimmern

Unerwünschte Wirkungen

  • Blutungsgefahr (wie bei allen Antikoagulantien)
das Blutungsrisiko ist sorgfältig abzuwägen. Es ist bei NMH nicht wesentlich geringer als bei UFH
->Gabe des Antidots Protamin (basisches argininreiches Protein vom Lachs - ein Polykation -> bindet somit an das Polyanion Heparin, UFH und NMH
  • Osteoporose und Spontanfrakturen nach längerer Behandlung (bei NMH seltener)
für die Fortsetzung der antikoagulatorischen Therapie sind Cumarine in Erwägung zu ziehen
  • in seltenen Fällen reversibler Haarausfall, und allergische Reaktionen:
Urticaria, Rhinitis, Tränenfluß, Fieber, Bronchospasmus und Blutdruckabfall
  • Heparin-induzierte Thrombozytopenie HIT (=durch Heparin hervorgerufener Blutplättchenmangel)

Siehe auch

Antikoagulation, Blutgerinnung, Hämostase, Blutgerinnsel, Heparinoide

 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Heparin aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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