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Selektive katalytische Reduktion



Mit SCR (selective catalytic reduction) bezeichnet man die Technik der selektiven katalytischen Reduktion von Stickoxiden in Abgasen von Feuerungsanlagen und Motoren. Die chemische Reaktion der Reduktion ist selektiv, das heißt, es werden nicht alle Abgaskomponenten reduziert, sondern nur die Stickoxide (NO, NO2).

Zum Ablauf der Reaktion wird Ammoniak (NH3) benötigt, der dem Abgas zugemischt wird. Die Produkte der Reaktion sind Wasser (H2O) und Stickstoff (N2). Chemisch gesehen handelt es sich bei der Reaktion um eine Komproportionierung der Stickoxide mit Ammoniak zu Stickstoff. Es gibt zwei Arten von Katalysatoren. Die eine Art besteht im Wesentlichen aus Titandioxid, Vanadiumpentoxid und Wolframoxid. Die andere Art verwendet Zeolithe.

Inhaltsverzeichnis

SCR in der Kraftwerksfeuerung

Abhängig vom Feuerungskonzept (Wirbelschicht-Feuerung, Trockenstaubfeuerung, Schmelzkammerfeuerung, etc.), dem Brennstoff und der Feuerungstemperatur entstehen in Kraftwerksanlagen durch die Verbrennung Stickoxide, die zum Schutz der Umwelt aus dem Rauchgas entfernt werden müssen.

Die dazu nötigen Anlagen werden als "DeNOx"-Anlagen bezeichnet und zählen zu den sekundären Minderungsmaßnahmen der Rauchgasentstickung. In Deutschland hat sich die SCR zur Rauchgasentstickung gegenüber den anderen Verfahren (z.B. Aktivkohle-, oder Simultanverfahren etc.) durchgesetzt.

Bei der Anordnung der SCR im Rauchgasstrom der Kraftwerksanlage unterscheidet man zwei Schaltungsvarianten:

  • High-Dust
  • Low-Dust

High-Dust

Bei der so genannten High-Dust-Schaltung ist die Entstickung der Rauchgase zwischen dem Speisewasservorwärmung (Economiser) und dem Luftvorwärmer (LuVo) vorgesehen. Die Anlagen zur Staubfilterung befindet sich in diesem Konzept hinter der Entstickung.

Zu den Vorteilen dieser Schaltung gehört vor allem, dass die zur katalytischen Reaktion benötigten Rauchgastemperaturen von 300-400°C ohnehin im Abgas vorhanden sind.

Nachteilig ist allerdings die hohe Staubbeladung, die die Standzeit des Katalysators merklich verringert. Weiterhin wurde dem Rauchgas in dieser Schaltung das enthaltene Schwefeldioxid (SO2) noch nicht entzogen (Rauchgasentschwefelung). Da das zur Entstickung nötige NH3 direkt in das Rauchgas eingespritzt wird, kann es zu einer unerwünschten Nebenreaktion des SO2 mit nicht verbrauchten Restmengen an NH3 zu Ammoniumbisulfat kommen, das im Luftvorwärmer ausfällt.

Low-Dust

In diesem Konzept ist die SCR nach der Rauchgasentschwefelung angeordnet, sodass hier die zusätzlichen Belastungen durch SO2 und Staub entfallen - dadurch verlängert sich die Standzeit des Katalysators. Der Nachteil in dieser Schaltungsvariante ist darin zu sehen, dass das Rauchgas nur noch Temperaturen um 50-100°C aufweist (bei nasser RGR). Bei Systemen mit trockener RGR (mit NaHCO3) liegt die Temperatur im Bereich von 180-190°C was die Nacherwärmung überflüssig macht. Um die für die SCR benötigte Temperatur zu erreichen, muss das Gas sonst vorgewärmt werden (z.B. Kanalbrenner), was den Gesamtwirkungsgrad des Systems verschlechtert.

SCR in der Fahrzeugtechnik

In der Fahrzeugtechnik wird das SCR-Verfahren angewendet, um bei Dieselfahrzeugen, vor allem bei Nutzfahrzeugen, die Schadstoffemissionen zu senken. Damit können diese Dieselfahrzeuge die EU5-Norm erfüllen. Der benötigte Ammoniak wird hierbei nicht direkt, d. h. in reiner Form, verwendet, sondern in Form einer 32,5%igen, wässrigen Harnstofflösung, von der Industrie einheitlich mit AdBlue® bezeichnet. Die Zusammensetzung ist in der DIN 70070 geregelt. Die Lösung wird vor dem SCR-Katalysator in den Abgasstrang, z. B. mittels Dosierpumpe oder Injektor, eingespritzt. Aus der Harnstoff-Wasser-Lösung entstehen durch eine Hydrolysereaktion Ammoniak und Wasser. Der so erzeugte Ammoniak kann in einem speziellen SCR-Katalysator bei entsprechender Temperatur mit den Stickoxiden im Abgas reagieren. Die Menge des eingespritzten Harnstoffs ist von der motorischen Stickoxidemission und damit von der momentanen Drehzahl und dem Drehmoment des Motors abhängig. Der Verbrauch an Harnstoff-Wasser-Lösung beträgt abhängig von der Rohemission des Motors etwa 2 bis 8% des eingesetzten Dieselkraftstoffs. Es muss deshalb ein entsprechendes Tankvolumen mitgeführt werden.

AdBlue® ist eingetragenes Warenzeichen des Verbandes der Automobilindustrie e. V. (VDA).

Der Grund dafür, dass der benötigte Ammoniak nicht in reiner Form mitgeführt wird, ist die Gefährlichkeit dieses Stoffes. Ammoniak wirkt auf Haut und Schleimhäute (insbesondere auch auf die Augen) ätzend, zudem bildet es an Luft ein explosionsfähiges Gemisch.

Jüngst hat DaimlerChrysler in den USA einen PKW, den E 320 Bluetec® mit einem Speicherkatalysator zur nachmotorischen Entstickung eingeführt. In Zukunft soll bei SUVs ein SCR-System mit AdBlue-Einspritzung zur Anwendung kommen, das einen höheren Wirkungsgrad bei der Stickoxidminderung aufweist. Eine Studie wurde als Vision GL 420 CDI Bluetec bereits gezeigt.

Vorteile

Durch eine selektive katalytische Reduktion werden Stickoxide aus dem Abgas zu großen Teilen entfernt. Im Gegensatz zum Dieselpartikelfilter (DPF) stellt sich kein Kraftstoffmehrverbrauch ein. Dieser Vorteil gilt auch gegenüber der alternativen Technologie zur Reduktion von Stickoxiden mittels eines NOx-Speicherkatalysators, der wie der DPF eine zeitweise Abwendung von optimalen Verbrennungsverhältnissen erfordert.

Nachteile

Der wesentliche Nachteil bei der Verwendung der SCR-Technologie in z.B. Lastfahrzeugen ergibt sich aus dem benötigten Ammoniak in Form von AdBlue. Dieser weitere Betriebsstoff muss wegen seiner besonderen Eigenschaften in einem Edelstahl- oder Kunststofftank mitgeführt und kontinuierlich in den Abgasstrom eingesprüht werden. Dadurch ergibt sich neben dem SCR-Katalysator und der Einsprühanlage die Notwendigkeit eines zweiten, meist kleineren Tanks neben dem Dieseltank. Es gibt eine Reihe von Versuchen, das Speicherproblem durch die Verwendung von Stoffen mit höherer Speicherdichte zu verringern oder durch die direkte Erzeugung von Ammoniak aus Kraftstoff im Fahrzeug zu umgehen. Da diesen jedoch bisher der Erfolg versagt blieb, hat sich die SCR-Technologie mit AdBlue-Tank, SCR-Katalysator und Einspritzregelung bei nahezu allen großen LKW-Herstellern zur Erreichung der Euro-5-Abgasnorm durchgesetzt.

Das Problem der flächendeckenden Versorgung mit wässriger Harnstofflösung AdBlue für den Schwerlastverkehr beginnen seit Anfang 2005 eine Reihe von Anbietern zu lösen. Heute, da die ersten Euro-5-LKWs bereits betrieben werden, gibt es AdBlue-Depots bei Speditionen und einigen öffentlichen Tankstellen.

Ein anderer Nachteil besteht darin, dass AdBlue variabel eingespritzt werden muss. Er muss bisher über ein so genanntes Feed-Verhältnis dem NOx im Abgasmassenstrom angepasst werden. Wird dabei zuviel Harnstoff zudosiert, so kann das daraus gebildete Ammoniak nicht mit NOx reagieren. Bei dieser Fehldosierung kann Ammoniak in die Umgebung gelangen. Da Ammoniak bereits in sehr kleinen Konzentrationen wahrgenommen werden kann, führt dies zu einer Geruchsbelästigung. Abhilfe schafft man, indem hinter dem SCR-Katalysator ein Oxidationskatalysator eingebaut wird. Dieser wandelt im Falle einer Ammoniak-Emission das NH3 wieder in NOx um. Eine weitere Möglichkeit, den sogenannten Ammoniak-Schlupf zu verhindern, ist eine größere Auslegung des Katalysators, um damit eine gewisse Speicherfunktion zu erhalten. Ein NOx-Sensor hinter dem SCR-Katalysator ist zur Lösung dieses Problems entwickelt worden. Er kommt ab 2006 in SCR-Fahrzeugen zum Einsatz.

Literatur

  • Helmut Effenberger: Dampferzeugung. Springer-Verlag 2000, ISBN 3-540-64175-0
  • K. Strauß: Kraftwerkstechnik, 4. Auflage, Springer-Verlag, ISBN 3-540-64750-3
  • Kugeler, Phlippen: Energietechnik, 2. Auflage, Springer-Verlag, ISBN 3-540-55871-3

Siehe auch

 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Selektive_katalytische_Reduktion aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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