Umweltfreundliche Beschichtungen für Aquakulturnetze

Neuer Ansatz zur Vermeidung von Biofouling

04.04.2019 - Deutschland

In kürzester Zeit siedeln sich auf Oberflächen in maritimen Anwendungen, wie zum Beispiel Schiffsrümpfen, Organismen wie Algen, Muscheln oder Seepocken an. Die bislang überwiegend verwendeten Schutzanstriche enthalten umweltschädliche Stoffe wie Kupfer. Auch Netze, die in der Fischzucht eingesetzt werden, sind zum Großteil mit kupferhaltigen Beschichtungen imprägniert und geben umwelttoxische Kupferverbindungen ins Wasser ab. Ein Team der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) forscht an umweltfreundlichen Polymerbeschichtungen, die den Bewuchs von maritimen Organismen minimieren. Im Projekt „CleaNet“ wollen sie gemeinsam mit einem Hersteller von Fischnetzen ein Beschichtungsmaterial speziell angepasst für die besonderen Anforderungen von Netzen in der Aquakultur entwickeln. Das am 1. April gestartete Projekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und dem Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand gefördert, 200.000 Euro gehen an die CAU.

© Martina Baum

Mit der umweltfreundlichen Beschichtung des Kieler Forschungsteams lassen sich die nur leicht angehafteten Seepocken und Muscheln in kurzer Zeit abbürsten.

Mehrere Kilo an Biomasse pro Quadratmeter kommen zusammen, wenn sich marine Organismen auf Netzen ansiedeln, die in der Meeres- und Küstenaquakultur genutzt werden. Dadurch kann die Zufuhr von Sauerstoff und Nährstoffe ins Innere des Netzes stark verringert werden, was sich nachteilig auf die Entwicklung der Fische auswirkt. Die mechanische Belastung durch das zusätzliche Gewicht kann die Netze soweit schädigen, dass sie reißen und die Zuchtfische ins Meer gelangen. Neben dem wirtschaftlichen Verlust der Fischzucht drohen hierfür in zahlreichen Ländern wie zum Beispiel Norwegen außerdem hohe Geldstrafen.

Bisher werden mit Organismen besetzte Netze aufwendig gereinigt, häufig ausgewechselt oder mit kupferhaltigen Schutzanstrichen beschichtet. „Mit unserer umweltfreundlichen Beschichtung wollen wir den Bewuchs auf Netzen so weit reduzieren, dass sie sich einfach und kostengünstig reinigen lassen oder die Organismen bereits durch die Wasserströmung abgelöst werden“, so Dr. Martina Baum, Technische Biologin in der Arbeitsgruppe „Funktionale Nanomaterialien“ an der CAU. Gleichzeitig muss die Beschichtung äußeren Einflüssen wie der Wasserströmung oder der UV-Strahlung standhalten. Im jetzt gestarteten Projekt will das Team in Kooperation mit dem Netzhersteller Mechanische Netzfabrik Walter Kremmin GmbH & Co. KG aus Oldenburg ein Material sowie ein entsprechendes Beschichtungsverfahren bis zur Marktreife entwickeln, abgestimmt auf Beschaffenheit und Herstellung handelsüblicher Netze.

Hierbei kann Baum auf Erkenntnisse aus ihrer bisherigen Forschung zu umweltfreundlichen Polymerbeschichtungen für Schiffsanstriche zurückgreifen. Der Biofouling-Anstrich, den sie mit der Firma Phi-Stone AG in enger Zusammenarbeit entwickelt hat, verringert die Ansiedlung von Organismen auf Schiffsrümpfen und gibt keine umweltschädlichen Substanzen ins Meer ab – anders als weitverbreitete selbstpolierende Beschichtungen (self-polishing coatings).

„Der Anstrich basiert auf einem Polymerkomposit aus Polythiourethan, kurz PTU, und speziell geformten Keramikpartikeln. Diese verbessern die mechanischen Eigenschaften der Beschichtung und sorgen für eine extrem glatte Oberfläche, an der Organismen nur schwer haften können“, erklärt Baum. Diese Erkenntnisse gilt es jetzt an die besonderen Anforderungen von Netzen in der Aquakultur anzupassen. In einem Kieler Fischzuchtbetrieb sollen dazu Tests unter realen Bedingungen durchgeführt werden, mit Phi-Stone sind Klimatest für Langzeitbeschichtungen geplant.

Vom 1. bis 5. April 2019 präsentiert das Forschungsteam Konzept und Anwendungsmöglichkeiten des Biofoulingkonzepts am Stand der CAU auf der Hannover Messe.

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