Licht an für die Siliziumphotonik

Der Nachweis von Elektrolumineszenz bei Terahertz-​Frequenzen aus einer Silizium-​Germanium-Legierung markiert einen wichtigen Schritt in Richtung des lang ersehnten Ziels eines Lasers auf Siliziumbasis

10.03.2021 - Schweiz

Wenn es um Mikroelektronik geht, dann gibt es ein chemisches Element ohnegleichen: Silizium, das «Arbeitspferd» der Transistortechnologie, die unsere Informationsgesellschaft antreibt. Die unzähligen elektronischen Geräte, die wir im Alltag verwenden, sind ein Indiz dafür, wie heute eine sehr grosse Anzahl an Komponenten auf Siliziumbasis zu sehr geringen Kosten hergestellt werden kann. Es erscheint daher naheliegend, Silizium auch in anderen Bereichen einzusetzen, in denen die Eigenschaften von Halbleitern – wie es Silizium einer ist – technologisch genutzt werden, und nach Wegen zu suchen, um verschiedene Funktionalitäten zu vereinigen. Von besonderem Interesse in diesem Zusammenhang sind Diodenlaser, wie sie in Barcode-​Scannern oder Laserpointern verwendet werden. Diese basieren typischerweise auf Galliumarsenid (GaAs). Leider funktionieren jedoch die physikalischen Prozesse, die in GaAs Licht erzeugen, in Silizium überhaupt nicht gut. Es bleibt daher ein seit vielen Jahren angestrebtes Ziel, einen alternativen Weg zur Realisierung eines «Lasers auf Silizium» zu finden.

Università Roma Tre, De Seta Group

Rastertransmissionselektronenmikroskopische Bilder einer der Ge/SiGe-​Heterostrukturen bei verschiedenen Vergrösserungen. Die SiGe-​Schichten erscheinen dunkler.

Ein internationales Team unter der Leitung der Professoren Giacomo Scalari und Jérôme Faist vom Institut für Quantenelektronik berichtet nun in einem in der Fachzeitschrift Applied Physics Letters erschienenen Artikel über einen wichtigen Schritt in Richtung eines solchen Geräts. Sie haben Elektrolumineszenz – elektrisch erzeugtes Licht – aus einer Halbleiterstruktur auf der Basis von Silizium-​Germanium (SiGe) beobachtet. Dieses Material ist mit herkömmlichen Herstellungsverfahren für Silizium-​Bauelemente kompatibel. Darüber hinaus liegt die beobachtete Emission im Terahertz-​Frequenzband, welches zwischen denen der Mikrowellenelektronik und der Infrarotoptik liegt und im Hinblick auf eine Vielzahl von Anwendungen von hohem aktuellen Interesse ist.

Silizium zum Leuchten bringen

Der Hauptgrund, weshalb Silizium nicht in der selben Weise wie GaAs für Laser verwendet werden kann, hängt mit der unterschiedlichen Art ihrer Bandlücken zusammen. Bei letzteren ist diese direkt, bei ersteren aber indirekt. Kurz gesagt, in GaAs rekombinieren Elektronen mit Löchern über der Bandlücke, wodurch Licht erzeugt wird; in Silizium erzeugen sie Wärme. Lasertätigkeit in Silizium erfordert daher einen anderen Ansatz. Der ETH-​Doktorand David Stark und seine Kolleginnen und Kollegen erkunden einen solchen neuen Weg. Sie arbeiten auf einen Quantenkaskadenlaser (engl. quantum cascade laser, QCL) auf Siliziumbasis hin. QCLs bewerkstelligen Lichtemission nicht durch Elektronen-​Loch-Rekombination über die Bandlücke, sondern indem Elektronen durch sich wiederholende Stapel präzise konstruierter Halbleiterstrukturen tunneln, wobei Photonen emittiert werden.

Das QCL-​Paradigma wurde in einer Reihe von Materialien demonstriert – erstmalig 1994 von einem Team der Bell Laboratories in den USA, zu dem auch Jérôme Faist gehörte – aber trotz vielversprechender Vorhersagen nie in siliziumbasierten Halbleitern. Die Umsetzung dieser Vorhersagen in die Realität steht im Mittelpunkt eines von der Europäischen Kommission finanzierten interdisziplinären Projekts, in dem ein Team führender Expertinnen und Experten zusammenarbeiten, für die Herstellung hochwertiger Halbleitermaterialien (an der Università Roma Tre), deren Charakterisierung (am Leibniz-​Institut für innovative Mikroelektronik in Frankfurt an der Oder) und Integration in Bauelemente (an der Universität Glasgow). Die ETH-​Gruppe von Scalari und Faist ist verantwortlich für die Durchführung von Messungen an diesen Elementen, aber auch für das Design des Lasers, mit numerischer und theoretischer Unterstützung durch Partner in der Firma nextnano in München sowie an den Universitäten von Pisa und Rom.

Von der Elektrolumineszenz zu Laserstrahlung

Mit diesem gebündelten Wissen und Know-​how entwarf und baute das Team Elemente mit einer Einheitsstruktur aus SiGe und reinem Germanium (Ge) mit einer Höhe von weniger als 100 Nanometern, die sich 51-​mal wiederholt. Aus diesen Heterostrukturen, die mit im Wesentlichen atomarer Präzision hergestellt wurden, wiesen Stark et al. wie vorhergesagt Elektrolumineszenz nach, wobei die spektralen Merkmale des austretenden Lichts gut mit den Berechnungen übereinstimmten. Weiteres Vertrauen, dass die Bauelemente wie beabsichtigt funktionieren, schöpften die Forschenden aus einem Vergleich mit einer GaAs-​basierten Struktur, die mit identischer Bauelementgeometrie hergestellt wurde. Während die Emissionen aus der Ge/SiGe-​Struktur immer noch erheblich schwächer sind als bei ihrem GaAs-​basierten Gegenstück, signalisieren diese Ergebnisse doch deutlich, dass das Team auf dem richtigen Weg ist. Der nächste Schritt besteht nun darin, ähnliche Ge/SiGe-​Strukturen gemäss eines bereits entwickelten Laserdesigns zusammenzusetzen. Das ultimative Ziel ist es, den Betrieb eines QCL auf Siliziumbasis bei Raumtemperatur zu erreichen.

Ein solches Gerät wäre in mehrfacher Hinsicht von grosser Bedeutung. Es würde nicht nur endlich einen Laser auf einem Siliziumsubstrat realisieren und dadurch die Siliziumphotonik befeuern. Die Emission der von Stark et al. erschafften Strukturen befindet sich in der Terahertz-​Region, für die derzeit kompakte Lichtquellen weitgehend fehlen. QCLs auf Siliziumbasis mit ihrer potenziellen Vielseitigkeit und reduzierten Herstellungskosten könnten ein Segen für den breiten Einsatz von Terahertz-​Strahlung in bestehenden und neuen Anwendungsbereichen sein, von der medizinischen Bildgebung bis zur drahtlosen Kommunikation.

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