Krise bremst Ausbildung in der Chemie- und Pharmabranche

Ausblick 2026: Unternehmen fahren auf Sicht

10.11.2025
HessenChemie

V.l.n.r.: Dr. Thomas Koppe (Merck KGaA), Dennis Priegnitz (IGBCE), Jürgen Funk (HessenChemie)

Die anhaltende wirtschaftliche Krise hinterlässt zunehmend Spuren auch auf dem Ausbildungsmarkt der Chemie- und Pharmaindustrie in Hessen. Im Jahr 2025 wurden insgesamt 1.511 Ausbildungsplätze angeboten – ein Rückgang um 12 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Nach dem Rekordwert von 1.708 Ausbildungsplätzen im Jahr 2024 zeigt sich damit eine deutliche Abkühlung. Die aktuellen Zahlen wurden im Rahmen des „Runden Tisches für Ausbildungs- und Arbeitsmarktfragen“ von HessenChemie und IGBCE Hessen-Thüringen vorgestellt und gemeinsam bewertet.

Wirtschaftliche Lage zwingt Unternehmen zu Zurückhaltung 

„Hauptgrund für den Rückgang des Ausbildungsplatzangebotes ist die anhaltende Unsicherheit über die weitere geschäftliche Entwicklung“, erklärt Jürgen Funk, der bei HessenChemie für die Duale Berufsausbildung zuständig ist. „Produktion, Umsätze und Erträge befinden sich in der Chemie im Sinkflug – stabiler zeigt sich derzeit nur der Pharmabereich.“ Knapp 45 Prozent der Ausbildungsbetriebe haben ihre Ausbildungsplätze gegenüber dem Vorjahr reduziert. „Hohe Energie und Arbeitskosten, ungünstige wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen und die angespannte geopolitische Lage führen dazu, dass viele Unternehmen vorsichtiger planen müssen“, betont Funk.

Übernahmequoten gesunken – höhere Besetzungsquote

Die Übernahmequote ist in der Chemie- und Pharmaindustrie von 91 auf 86 Prozent gesunken. Ein positives Signal kommt vom Bewerbermarkt: Die Besetzungsquote stieg von 90,3 auf 92,7 Prozent, ein im Branchenvergleich überaus guter Wert. Dies zeigt, dass viele junge Menschen die Berufe und Unternehmen attraktiv finden. 

Dennis Priegnitz, Gewerkschaftssekretär der IGBCE Hessen-Thüringen, betont: „Der Rückgang von 197 Ausbildungsplätzen schmerzt sehr. Angesichts der demografischen Entwicklung, insbesondere dem Berufsausstieg der Babyboomer in den kommenden Jahren, sollten die Unternehmen ihr Ausbildungsengagement besser hochhalten. Zudem sollte möglichst jeder Ausbildungsplatz auch besetzt werden. Dazu brauchen wir eine noch intensivere Berufsorientierung an den Schulen – insbesondere auch an den Gymnasien. 

Unsere ‚Start-in-den-Beruf‘-Programme könnten von den Unternehmen noch stärker genutzt werden, um jungen Menschen einen Einstieg zu ermöglichen, die vor der Ausbildung noch Unterstützung benötigen. Eine unbefristete Übernahme nach der Ausbildung sollte der Regelfall sein. So steht es schließlich auch im Tarifvertrag.“

Ausblick 2026: Unternehmen fahren auf Sicht

Für das kommende Jahr wollen 66 Prozent der Chemie- und Pharmaunternehmen ihr Ausbildungsangebot konstant halten, 10 Prozent planen eine Ausweitung, während 24 Prozent eine weitere Reduzierung in Betracht ziehen. „Die Ausbildung ist für uns die wichtigste Säule der Nachwuchsgewinnung. Dafür werden wir weiterhin werben“, so dass gemeinsame Fazit vom Arbeitgeberverband HessenChemie und IGBCE Hessen-Thüringen. Die Tarifparteien vereinbarten im ersten Quartal 2026 im Rahmen einer Steuerungsgruppe eine aktualisierte Prognose der regionalen Ausbildungs- und Übernahmesituation für das laufende Jahr zu erstellen, und gegebenenfalls Maßnahmen zur Verbesserung vorzuschlagen.

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