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Naturfarbstoffe in der Antike



Aus der Wurzel des Krapp (lat: ’’rubia tinctorum’’ oder ’’rubia peregrina’’) gewann man bereits in der Antike einen roten Farbstoff. Plinius nennt diese Pflanze in seinem Werk ’’naturalis historia’’ ’’rubia’’ (Plin. XIX, 47), ’’erythrodanum’’ oder ’’ereuthodanum’’ (Plin. XXIV, 94). Plinius zufolge wurde der Krapp bereits um 50 n. Chr. in der Nähe von Rom angepflanzt. Dioskurides hingegen erwähnt, dass die Pflanze in den Olivenhainen bei Ravenna angepflanzt wurde. Die Entdeckung der Färbemethoden mit Purpur aus den Seeschnecken der Arten ’’murex brandaris’’ und ’’murex trunculus’’ geht auf die Phönizier zurück. Färbungen mit Purpur waren äußerst teuer, es gab daher auch zahlreiche Möglichkeiten Purpur mit billigeren Farbstoffen zu strecken. Purpurfärbungen wurden durch Überfärben mit Krapp, durch vorfärben bzw. grundieren des Textils mit dem Flechtenfarbstoff Orseille (’’rocella tinctoria’’) oder durch Zusatz von Urin vorgetäuscht. Diese Surrogate nannte man Conchylienpurpur, welcher im Gegensatz zu echtem Purpur relativ billig war, da man dafür nur wenig Schneckenpurpur benötigte. Ferner konnte man durch Vorfärbung mit Kermes oder Überfärbung mit sog. tyrischem Purpur eine billigere Purpurfärbung erzielen. Daraus gewann man einen bläulichroten Farbton, der als Hysgin – Purpur (aus der Pflanze ’’hyacinthus’’) bezeichnet wurde. Im spätantiken Ägypten imitierte man den Schneckenpurpur durch eine Mischung aus Indigo und Krapp und bezeichnete das Resultat als Ägyptischen Purpur. Für die Herstellung von billigeren Purpurfärbungen gab es in der Antike sogar eine eigene Industrie. Im ’’Payprus Graecus Holmiensis’’ ist beispielsweise eine Rezeptsammlung zur Herstellung von „falschem“ Purpur überliefert. Die römischen Gewänder, welche ’’vestes fucatae’’ genannt wurden, wurden möglicherweise mit Orseille - auch Lackmusflechte (lat: ’’rocella tinctoria’’, ’’fucus marinus’’, ’’alga maris’’) genannt - gefärbt. Diese Pflanze war eine Flechtenart, aus der man auch Farblacke herstellen konnte, welche als Künstlerpigmente verwendet wurden. Safran (lat: ’’crocus sativus’’) wurde Plinius zufolge in den Abruzzen und in Sizilien angebaut. Die Blütennarben verwendete man zum Gelbfärben von Frauenkleidung und zur Herstellung von Künstlerpigmenten.

Aus dem Kraut und dem Samen des Wau oder Färberwau (lat: ’’reseda luteola’’), welchen Plinius ’’herba lutea’’ nennt, wurde ein gelber Farbstoff gewonnen. Dieser Farbstoff wurde für die Färbung von Hochzeitskleidern (das Kopftuch der Braut wurde aufgrund er rotgelben Farbe ’’flammeum’’ genannt) oder der Gewänder der Vestalinnen verwendet. In der römischen Kaiserzeit wurde aus den Wurzeln des Kurkuma (lat: ’’curcuma domestica’’) eine gelbe Farbe gewonnen, welche insbesondere für das Färben von Wolle verwendet wurde. Kurkuma (ferner gelber Ingwer, Safran -, Gilb - oder Gelbwurzel genannt) in Pulverform wurde von den Römern als ’’terra merita’’ bezeichnet und das Rohmaterial aus dem Orient importiert. Der Färberwaid (lat: ’’Isatis tinctoria’’) fand u.a. auch Verwendung in der Indigofärberei. Da die Vorbereitung der Waidblätter zum Färben eine weniger aufwendige Prozedur war als jene beim indischen Indigo (lat: ’’indigofera tinctoria’’), war der Färberwaid in der Indigofärberei sogar gebräuchlicher. Das in den Blättern des Färberwaid enthaltene Isatan B ist ein Vorprodukt des Indigo. Isatan gehört zur Gruppe der Glukoside und wird durch das in der Pflanze enthaltene Glukosidase fermentativ in die Vorstufe des Indigo Indoxyl und Glukose aufgespalten. Durch Oxidation bildet sich an der Luft der wasserunlösliche Indigo. Durch Zugabe von Alkali in Form von abgestandenem Urin (wegen hohem Ammoniakanteil) oder von Pottasche (=Kaliumcarbonat K2CO3) kann man die in Wasser unlösliche Substanz unter Anwendung des Reduktionsmittels Glukose in wasserlösliche sog. Küpe überführen. Erst in dieser Form kann man den Indigo auf Wolle, Leinen oder Baumwolle auffärben, wobei sich das Material gelb färbt. Durch Reoxidation an der Luft erhält man schließlich die blaue Indigofärbung. Der „echte„ indische Indigo (lat: Indigofera tinctoria) wurde zuerst bei Vitruv in seinem Werk ’’de architectura’’ erwähnt, ferner wird diese Pflanze auch bei Dioskurides und Plinius genannt. Letztere kennen Herkunft, Reinigung, Verwendung und Verfälschungen des Indigos, zudem auch die Mittel die Fälschungen zu erkennen. Der Indigo wurde in der klassischen Antike überwiegend als Künstlerpigment und für Malerfarben verwendet, wobei der ähnliche Färberwaid ausschließlich zum Färben von Textilien diente. Indigo wurde ursprünglich in Ostindien angepflanzt, woher die Pflanze durch Kaufleute und Händler nach Kleinasien und Europa kam. Für Schwarzfärbungen wurde vor Allem Eichengallenextrakt (Galläpfel) verwendet, da diese einen hohen Tanningehalt (55 – 65 % Gallusgerbsäure) aufweisen. Diesen Extrakt färbte man auf Wolle, die mit Eisenacetat vorgebeizt war. Durch diese Verbindung mit Eisensalz entsteht auf der Wolle ein Gerbstoffschwarz, welches zur Herstellung von schwarzer Tinte, sog. Eisengallustinte verwendet wurde. Diese schwarze Färbung wurde von Plinius und von Theophrastus erwähnt. Die Rinde der Eiche wurde für das Färben von Kleidern verwendet. Die Rinde der Akazie oder Babulakazie (lat: Acacia nilotica, Acacia arabica) wurde bei den Römern für Brauntöne auf Alaunbeize und für dunkelgraubraune und schwarze Farbtöne auf Eisenbeize verwendet. Aus dem Extrakt der Blätter und der Stängel der Brautmyrte (lat: Myrtus commnis L.) wurde ein schwarzer Farbstoff zur Färbung der Haare hergestellt, was im Nahen Osten sehr beliebt war. Der Walnussbaum oder Persische Walnussbam (lat: Juglans regia) war ursprünglich in Persien und Kleinasien heimisch und wurde im 1. Jh. v. durch den Schriftsteller, Landwirt und Gelehrten Marcus Terentius Varro (116 – 27v.) in Italien eingeführt und fortan angepflanzt. Plinius zufolge wurden die grünen Walnussschalen zum Braunfärben von Wolle und von Haaren verwendet. Ferner benutzten die Römer die Gemeine Spitzklette (lat: ’’Xanthium strumarium L.’’) um die Haare zu färben. Man verwendete die Farbe der Holunderbeeren (lat: sambucus nigra) zum Färben von Wolle in violette Farbe, welche zuvor mit Alaunbeize bearbeitet wurde. Eine Gattung des Ginsters (lat: ’’genista’’) wurde ebenfalls zum Färben verwendet, heute nennt man diese Art Färberm - oder Pfriemginster (Genista tinctoria L.). Die Kenntnis von Färbepflanzen und deren Anwendung wurde durch die Römer in die eroberten Länder tradiert. Die Germanen lehrten die Römer wiederum, dass man Säfte diverser Früchte zum Färben verwenden konnte. Von den Nordeuropäern lernten die Römer beispielsweise, wie man eine grüne Mischfärbung erlangt: Man stellte zunächst eine blaue Färbung mit Waid (lat: ’’isatis tinctoria’’) her, welche dann mit dem gelben Farbstoff des Färberwau (lat: ’’reseda luteola’’) überfärbt wurde. Die Gallier erhielten grüne Wolle durch das Färben mit einer Mischung aus unreifen schwarzen Johannisbeeren (lat: ’’ribes nigrum’’) und Wacholderbeeren (lat: ’’juniperus communis’’). Ferner wurden hier die Heidelbeeren (lat: ’’vaccinium myrtillus L.’’) zum Färben von Sklavenkleidung in violetter Farbe verwendet.

Färbemethoden der Germanen und anderer nordeuropäischer Völker

Funde von Textilresten und vollständig erhaltenen Kleidungsstücken, die in Mooren und Baumsärgen in Norddeutschland, Dänemark und Schweden konserviert wurden, geben Hinweise, auf welche Art die Germanen ihre Textilien färbten. Da Moorfunde von Textilien durch die Huminsäuren (gebildet aus den Überresten abgestorbener Lebewesen im Boden) des Moores meist stark braun gefärbt sind, kann man andere Farbstoffe mit bloßem Auge meist nicht erkennen. Als einer der interessantesten Funde gilt der etwa 1600 Jahre alte Thorsberger Prachtmantel. Das Stück wurde 1859 im Thorsberger Moor in Schleswig-Holstein gefunden. Die vielen Fragmente wurden auf eine Stoffunterlage genäht und konnten zu einer Einheit rekonstruiert werden. Zunächst waren die Textilfragmente durch das Moor völlig braun gefärbt, erst durch Farbstoffanalyse wurde Indigo (von einer Färbung mit Waid) nachgewiesen. Die Rekonstruktion des Thorsberger Prachtmantels ist im Textilmuseum in Neumünster (Schleswig–Holstein) zu betrachten. Tacitus gibt in seinem Werk ’’Germania’’ wenig Hinweise auf die von den Germanen verwendeten Farbstoffe, erwähnt jedoch: „Bei den Germanen unterscheidet sich die Tracht der Weiber durch nichts von der Tracht der Männer. Nur hüllen sie sich öfter in leinene Gewänder die sie bunt mit Purpur verbrämen.“ Dieser erwähnte Purpur war wahrscheinlich kein „echter“ Purpur, den Germanen stand wohl eher Krapp als roter Farbstoff zur Verfügung. Als Ersatz dafür dienten wiederum die rotfärbenden Wurzeln diverser Labkräuter (lat: ’’galium’’), wie beispielsweise „echtes Labkraut“ (lat: ’’galium verum’’) und Wiesenlabkraut (lat: ’’galium mollugo’’). Die Blüten des Färbeginsters (lat: ’’genista tinctoria’’) wurden zum Gelbfärben verwendet, ferner auch das Kraut des Rainfarnes (lat: ’’tanacetum vulgare’’) und die Blätter, Stängel und Samen des Wau (lat: ’’reseda luteola’’).

Die Geschichte der Pigmente, Vorkommen und Verwendung

Bereits in den Höhlenmalereien von Südfrankreich und Spanien gibt es Befunde von prähistorischer Malerei, die mittels rotem und gelbem Ocker, Ruß und Pflanzenschwarz gefertigt wurden. Insbesondere die Phasen der ägyptischen Malereien sind sehr gut erforscht. Durch die große Anzahl an Wandmalereien, bemalten Stein– und Holzskulpturen, farbigen Stein– und Keramikgefäßen und mit Zeichnungen versehenen Papyri konnte man bereits im 19. Jhrd. klären, welche Pigmente in Ägypten verwendet wurden. Durch Untersuchungen, welche das Rathgen Forschungslabor Berlin (s. Literaturliste) durchführte, wurden 1974 folgende neue Kenntnisse gewonnen: Huntit wurde als Material zum Ausreiben von Ritzdekor in nubischer Keramik verwendet, Kobaltblau trat nur als Reaktionsprodukt beim Brand von Keramik auf, ferner wurden die Pigmente Paratacamit und Chrysokoll nachgewiesen. Eine weitere gut erschlossene Gruppe von Pigmenten bezieht sich auf die Epoche der griechischen Wandmalerei des 3. Jt. v. bis in die römische Zeit. Wie auch im ägyptischen Bereich wurden hier Kalkfarbe, gelber und roter Ocker, Hämatit, sehr häufig Zinnober, Ägyptischblau, Malachit und schwarze Kohlenstoffpigmente verwendet. Ägyptischblau ist bereits um 3000 v. auf Knossos und um 2500 v. auf Keros nachgewiesen. Forscher entdeckten, dass auf Knossos bereits in der Zeit um 1700/1600 v. ein natürlich vorkommendes Blau namentlich Glaukophan - entweder in reiner Form, meist aber mit Ägyptischblau vermischt - verwendet wurde. Später wurde dieses Pigment auch in Thera auf Santorin nachgewiesen. Um 330 v. entdeckte man die Verwendung des Krapp in Form von rosa Pigment zur Bemalung von Terrakottafiguren.

Am besten informiert ist die heutige Forschung jedoch über die Verwendung der Pigmente in römischer Zeit. Das Wissen stützt sich hauptsächlich auf die Ausgrabungen in Pompeji, welche ein sehr reiches Fundmaterial lieferten, da u.a. Läden von Farbhändlern nachgewiesen wurden.

Ferner war die Entdeckung einer römischen Villa auf einem Feld bei St. Médard des Prés in Frankreich ein wegweisender Fund. Etwa 80 m von dem Gebäude entfernt lag das Grab einer Frau, der Grabbeigaben wie Malerwerkzeuge, Mörser, Reibstein, Löffel, Pinsel, ferner etwa 80 Glasfläschchen mit Pigmenten und Bindemitteln beigegeben wurden.

1988 wurde ein Grab bei Herne – St. Hubert in Belgien aufgedeckt, in dem sich über 100 Farbwürfel und Malerwerkzeug befanden.

Die wichtigste wissenschaftliche Arbeit über Pigmente erschien im Jahre 1967 von S. Augusti, I colori pompeiani über die in Pompeji gefundenen Materialien. Insgesamt untersuchte er 27 weiße, 16 graue, 49 gelbe, 51 rote, 12 grüne, 46 blaue, 19 violette und eine schwarze Pigmentprobe.

Bei weißen Pigmenten unterscheidet Augusti eine Reihe Kreidesorten, welche sich durch Beimengungen unterscheiden. Das in der antiken Literatur genannte ’’paraetonium’’ hält er für ein Material mit geringem Anteil an Kieselsäure, Magnesium und Phosphat. Ferner glaubt Augusti die Kreidesorten aus verschiedenen Lagerstätten (’’melinum, erertira, selinusa, creta anularia’’ und ’’cimola’’) unterscheiden zu können. Bleiweiß konnte Augusti in Pompeji jedoch nicht nachweisen. Bei den gelben Pigmenten stieß der Forscher relativ häufig auf das gelbe Bleioxid (PbO) Massicot, was in der Malerei jedoch aufgrund der geringen Lichtbeständigkeit und der daraus resultierenden raschen Verfärbung in Braun nicht nachgewiesen ist. Bei roten Pigmenten überwiegen diverse Arten von rotem Ocker, seltener Zinnober, Mennige und Realgar, während als rotviolettes Element sehr häufig Purpur auf kalkhaltigem oder kieselhaltigem Substrat nachgewiesen wurde. Augusti konnte als blaues Pigment in nur das Ägyptischblau nachweisen, Azurit, Ultramarin und Indigo sind in der antiken Literatur zwar oft genannt, jedoch in Pompeji nicht nachgewiesen. Bei grünen Pigmenten konnte er Grünspan, seltener Malachit oder „Grüne Erde“ nachweisen. Die einzige schwarze Probe stellte sich als Kohlenstoffschwarz heraus.

Literaturliste

  • Helmut Schweppe: ’’Handbuch der Naturfarbstoffe. Vorkommen, Verwendung, Nachweis’’. 1992
  • Hugo Bluemner: ’’Technologie und Terminologie der Gewerbe und Künste bei Griechen und Römern’’ 1912
  • Josef Riederer: ’’Archäologie und Chemie. Einblicke in die Vergangenheit. Ausstellung des Rathgen – Forschungslabors SMPK“’’. September 1987 – Januar 1988
  • Vinzenz Brinkmann (Hrsg.): ’’Bunte Götter. Die Farbigkeit antiker Skulptur. Eine Ausstellung der Staatlichen Antikensammlung und Glyptothek München in Zusammenarbeit mit der Ny Carlsberg Glyptothek Kopenhagen und den Vatikanischen Museen, Rom’’. Glyptothek München, 16. Dezember 2003 bis 29. Februar 2004
  • Selim Augusti: ’’I colori pompeiani’’. 1967
  • Franz Christian Czygan: ’’Farbstoffe in Pflanzen’’. 1975
  • Ute Meyer: ’’Farbstoffe aus der Natur. Geschichte und Wiederentdeckung’’. 1997
  • G. Wittke: ’’Farbstoffchemie’’. 1979
  • Plinius d. Ä.: ’’Naturalis historia’’.
  • Tacitus: ’’Germania’’.
  • Caesar: ’’De bello Gallico’’.
 
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