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Strobilurine



 

Strobilurine sind eine Klasse von Naturstoffen und ihren synthetischen Abkömmlingen (Analoga). Ihr Name ist von den Pilzen der Gattung Strobilurus (Zapfenrüblinge) abgeleitet. Synthetisch hergestellte Strobilurine haben als Fungizidwirkstoffe im Pflanzenschutz große Bedeutung erlangt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die chemische Struktur von Strobilurin A wurde 1977 durch Timm Anke (Technische Universität Kaiserslautern) und Wolfgang Steglich (Universität Bonn) aufgeklärt. Da sich natürliche Strobilurine unter Lichteinfluss rasch zersetzen, wurde bei ihren synthetischen Analoga die zentrale Doppelbindung ersetzt, beispielsweise durch einen Phenylring. Dadurch konnte die Photostabilität entscheidend verbessert werden. Die ersten Strobilurin-Fungizide waren im Jahre 1996 erhältlich. Bereits 1999 wurden weltweit Strobilurine im Wert von 600 Millionen Dollar umgesetzt, was einem Anteil von 10% am Fungizidmarkt entsprach.

Naturstoffe

Natürlicherweise werden Strobilurine von Pilzen wie dem Kiefernzapfenrübling und einigen weiteren Ständerpilzen (Basidiomyceten) hergestellt. Die Naturstoffe werden im allgemeinen als Strobilurin A, Strobilurin B etc. bezeichnet, für Strobilurin A existiert der wenig benutzte Trivialname Mucidin. Der Schlauchpilz Camarops (Bolinea) lutea produziert die Strobilurine F, G und H. Die Biosynthese von Strobilurinen geschieht über Phenylalanin auf dem Shikimisäure-Weg. Sie haben eine fungizide Wirkung, zum Teil wirken sie auch cytostatisch (Strobilurin E) und antiviral.

Wirkungsweise

Strobilurine wirken in den Mitochondrien des Pilzes und inhibieren die Zellatmung. Das geschieht durch die Unterbrechung des Elektronentransports in der mitochondrialen Atmungskette am Cytochrom bc1 Komplex. Für diese biologische Wirkung der Strobilurine ist ihre (E)-3-Methoxy-acrylsäureester-Einheit (MOA) verantwortlich.

Toxizität und Ökotoxizität

Die Toxizität von Strobilurinen für Pflanzen und Säugetiere ist gering. Bei Warmblütern werden Strobilurine rasch enzymatisch durch Spaltung an der Estergruppe zur Säure umgewandelt. Fische, Wasserflöhe und Algen reagieren dagegen empfindlich auf Strobilurine. Wegen des raschen Abbaus dieser Stoffe in Boden, Sedimenten und im Wasser sind bei sachgerechter Anwendung keine Schadwirkungen zu erwarten.

Verwendung

Strobilurine wirken in der Regel protektiv und müssen daher vorbeugend eingesetzt werden. Zur Bekämpfung bereits vorhandener Schadpilze und zur Erweiterung des Wirkungsspektrums werden sie oft als Kombipräparate mit Fungizidwirkstoffen aus der Klasse der Azole verkauft. Die Wirkungsdauer der Strobilurine ist mit zirka vier Wochen deutlich länger als bei anderen Fungiziden.

Weitere Wirkungen

Die Behandlung mit Strobilurinen führt bei Pflanzen, insbesondere Getreide, zu einer intensiveren Grünfärbung der Blätter. Man bezeichnet das als Grüneffekt oder Greening-Effekt. Er beruht zu einem großen Teil darauf, dass mit Strobilurinen behandelte Pflanzen weniger durch Pilze geschädigt werden beziehungsweise weniger Energie in deren Abwehr investieren müssen. Weitere Gründe könnten in einer vermehrten Bildung wachstumsfördernder Phytohormone, einem Absenken des CO2-Kompensationspunkts oder einem Verzögern von Alterungsprozessen liegen. Strobilurine scheinen Alterungsprozesse der Pflanzen zu verzögern, indem sie ihren Protein- und Chlorophyllabbau stören. Bei Getreide kann das einerseits zu einer Ertragssteigerung führen, da länger Stärke in das Korn eingelagert werden kann. Andererseits kann unreifes, grünes Stroh schlecht gedroschen werden, weshalb Strobilurine nicht kurz vor der Ernte angewendet werden sollten. In der Praxis liegen die Mehrerträge infolge des Grüneffekts zwischen 0 und 5 dt Korn/ha und würden für sich alleine genommen den Einsatz von Strobilurinen nicht lohnen. Nachteilig ist der Einsatz von Strobilurinen für eine chemothermische Umwandlungen des Strohs. Da es zu unterschiedlichen Reifezeiten zwischen Stroh und Korn kommt, liegen zum Erntezeitpunkt höhere Chlorgehalte im Stroh vor. Dies bewirkt einerseits eine Chlorkorrosion an den Armaturen der Energieumwandlungsanlage und erniedrigt in Verbindung mit Alkalimetallen wie Kalium und Natrium den Ascheschmelzpunkt, was zu Ablagerungen bei der Verbrennung oder Vergasung führt.

Übersichtstabelle Strobilurin-Fungizide

Die folgende Tabelle enthält die derzeit (August 2005) erhältlichen Fungizidwirkstoffe aus der Gruppe der Strobilurine. Die Spalten D, A und CH zeigen die Zulassung in Deutschland, Österreich oder der Schweiz an.

Name CAS-Nummer Hersteller Einsatzbereich D A CH
Azoxystrobin 131860-33-8 Syngenta breites Spektrum X X X
Dimoxystrobin 149961-52-4 BASF   X    
Fluoxastrobin 361377-29-9 Bayer   X    
Kresoxim-methyl 143390-89-0 BASF breites Spektrum X X X
Metominostrobin 133408-50-1 Shionogi Reisanbau      
Orysastrobin 248593-16-0 BASF Reisanbau?      
Picoxystrobin 117428-22-5 Syngenta Getreideanbau X X X
Pyraclostrobin 175013-18-0 BASF breites Spektrum X   X
Trifloxystrobin 141517-21-7 Bayer breites Spektrum X X X

Galerie Strobilurin Strukturen

Hinweis: Die hier gezeigte Struktur des Strobilurin D ist möglicherweise falsch. Seine Struktur soll nach neueren Untersuchungen identisch mit der des Strobilurin G sein (muss noch überprüft werden). Literatur: Veronika Hellwig, Johannes Dasenbrock, Dörte Klostermeyer, Stefan Kroiss, Tilman Sindlinger, Peter Spiteller, Bert Steffan, Wolfgang Steglich, Michaela Engler-Lohr, Sylvia Semar, Timm Anke. New benzodioxepin type strobilurins from basidiomycetes. Structural revision and determination of the absolute configuration of strobilurin D and related beta-methoxyacrylate antibiotics. Tetrahedron, 1999, 55, 10101-10118.

Literatur

Bartlett et al., „Understanding the Strobilurin Fungicides“, Pesticide Outlook - August 2001, S. 143 [1]

 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Strobilurine aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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