Das menschlichen Genom ist das bisher größte Objekt der Genomsequenzierung. Es ist das erste Genom eines Wirbel- und Säugetiers, das in solchem Umfang sequenziert und analysiert
wurde und 25 mal umfangreicher als das größte bisher untersuchte Genom der Fruchtfliege.
Unter Beteiligung der Abteilung Genomanalyse des Institutes für Molekulare
Biotechnologie (IMB) in Jena, hat das Internationale Konsortium zur Sequenzierung des Human-Genoms eine
weitere wichtige Etappe seiner Arbeit abgeschlossen. Am 15. Februar publizieren 20 Genom-Zentren aus 6 Ländern gemeinsam eine erste umfassenden Analyse des Human-Genoms in
der Fachzeitschrift NATURE. In enger Zusammenarbeit haben diese Zentren im Zeitraum von 1995-2000 90% (2,7 Gigabasen) des Genoms bestimmt und kontinuierlich in öffentlichen
Datenbanken zugänglich gemacht. Die vorliegende Arbeitsversion weist zwar noch ca. 145.000 Lücken auf und garantiert nur für 91% der 2.7 Gigabasen eine kleinere Fehlerrate als 1 zu
10.000, bietet aber trotzdem eine verläßliche Basis für eine erste umfassende bioinformatische Analyse der Erbinformation des Menschen.
Diese Analyse der Arbeitsversion zeigt, dass menschliche Gene aus vergleichsweise kleinen Bausteinen aufgebaut sind, die sich wiederum über große genomische Bereiche verteilen. Das
erschwert die rechnergestützte Suche nach Genen, besonders in einer noch lückenhaften und unvollständigen Arbeitskopie. Deshalb kann im Moment nur ein vorläufiger und mit Sicherheit
unvollständiger Genindex präsentiert werden. Es bestätigen sich aber die Annahmen, dass der Mensch mit etwa 30.000-40.000 Genen nur über doppelt so viele Gene verfügt wie eine
Fruchtfliege oder ein Fadenwurm.
Trotzdem ist das Repertoire der menschlichen
Proteine (Proteom) und ihrer Funktionen deutlich komplexer als bei Wirbellosen. Viele Gene des Menschen werden in mehrere RNA- und
Eiweißvarianten übersetzt. Außerdem bestehen die Proteine selbst aus einer größeren Anzahl von Bausteinen (Domänen), von denen viele Wirbeltier-spezifisch sind. Die hohe
Komplexität des Wirbeltierorganismus ist also nicht nur eine einfache Funktion der Genzahl, sondern beruht auch auf der Anzahl und Vielgestaltigkeit der Genprodukte.
Das Humangenom ist das erste untersuchte Genom, das einen hohen Anteil von sich wiederholenden Sequenzen aufweist. 45% des Genoms lassen sich auf die Vervielfachung
springender genetischer Elemente (Transposonen) zurückführen. Die meisten dieser Einheiten sind heute nicht mehr aktiv. In ihrer Gesamtheit stellen sie jedoch ein reichhaltiges Archiv
zum Studium der Genomentwicklung dar. Einzelne Transposonen habe zur Entstehung neuer Gene und neuer Regulationselemente geführt.
Im Rahmen des Deutschen Human-Genom-Projektes haben drei Gruppen in Berlin (MPIMG), Braunschweig (GBF) und Jena (IMB) ca. 1,5% der jetzt verfügbaren Daten generiert. Der
weitaus größte deutsche Beitrag (1,2%) wurde in der Abt. Genomanalyse des IMBs durch die Sequenzanalyse von Teilen der Chromosomen 8, 21 und X erbracht. Neben der
Identifikation von vielen bisher unbekannten Genen konnten in enger Zusammenarbeit mit klinischen Partnern 5 menschliche Krankheitsgene identifiziert werden, u.a. für
Kleinwuchs und
Nachtblindheit.
Das Institut für Molekulare Biotechnologie (IMB) ist Mitglied der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e.V. (WGL). Der WGL gehören 77 außeruniversitäre
Forschungseinrichtungen an, die nachfrageorientiert und interdisziplinär arbeiten. Die Institute sind von überregionaler Bedeutung, betreiben Vorhaben im gesamtstaatlichen Interesse und
werden deshalb von Bund und Ländern gemeinsam gefördert.